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Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)

Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Sils Maria: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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Tong 23 . Beide mit glasigen Augen. »Noch ein Elvis«, sagte Agnes, als sie Klemens erblickte. »Und was für ein reizender.«
    Das konnte man tatsächlich so sehen. Der vielleicht sechzigjährige Klemens sah, mit den langen Koteletten, dem von der Sonne gegerbten Gesicht und dem ständig auf dem Kopf sitzenden Cowboyhut, in der Tat stattlich aus. Nur das linke Auge, das extrem schielte und immer wieder zur Seite ausbüxte, trübte ein wenig den Eindruck.
    »Ein Paradies für Fans.« Agnes schien beeindruckt.
    Klemens wiederum fühlte sich geschmeichelt. »Wenn die Fans so aussehen wie Sie, dann ist man gern Star«, sagte er mit einer Portion Selbstironie und schimpfwortfrei. Offenbar war er mit THC voll bis zum Anschlag.
    »Und ein Horror für Elvis-Hasser«, ergänzte Agnes ihren vorherigen Gedanken.
    »Wie stehen eigentlich Sie Elvis gegenüber?«, fragte Vinzi, der ebenfalls von Agnes beeindruckt schien. Vielleicht waren es aber auch nur ihre großen, ansehnlichen Brüste, die ihn sofort für sie einnahmen.
    »Neutral«, sagte Agnes. »Oder mal so, mal so.«
    »Und diesem hier?« Vinzi zeigte auf Klemens.
    »Eher so.«
    Alle lachten. Schon wieder kam ein Bier, oder besser drei. Während Agnes, Klemens und Vinzi ordentlich vor sich hin becherten, trank Plotek noch immer stilles Wasser.
    Mit zunehmendem Alkoholkonsum redete Agnes immer weniger, dafür kicherte sie umso mehr. Irgendwann redete sie dann gar nicht mehr. Sie war so voll, dass sie auch gar nicht mehr kichern konnte. Gehen auch nicht mehr richtig. Blieb Plotek also gar nichts anderes übrig, als sie zu stützen und auf ihr Zimmer im Hotel Zentral zu bringen.
    Kaum waren sie oben, schlug die zeitweilige Lethargie von Agnes in Aktivität um. Soll heißen: Die Hände machten plötzlich auf Zärtlichkeit. Die betrunkene Agnes wurde im Handumdrehen zum lüsternen Weib. Küsse wie Gewehrsalven. Plotek die Zielscheibe. Die gefällte Zielscheibe. Er lag auf dem Bett, und Agnes lag auf ihm. Dann ging alles ganz schnell. Schon war Plotek nackt. Agnes auch. Er sah ihre schönen Brüste zappelnd über sich. Was für ein Anblick! Was für ein Geruch! Es schwindelte ihn. Er taumelte liegend. Oder war es vielleicht doch eher das Fasten, das seine Sinne durcheinanderwirbelte?
    Dann sah er ihr teilrasiertes Geschlecht, das gierig nach ihm langte. Als hätte es Hände. Nicht nur zwei, sondern die von einer ganzen hysterischen Mädchenschulklasse. Obgleich Plotek gar nichts machen musste, da sich ja Agnes, geübt und entschlossen wie sie war, schon um alles kümmerte und er einfach nur unter ihr lag wie ein Schnitzel unter einem Fleischklopfer, merkte er, wie langsam, aber beharrlich ein Schwächegefühl seinen Körper ergriff. Verstärkt wurde dieses Gefühl sicher auch dadurch, dass Plotek kaum Luft bekam. Das lag wiederum daran, dass er nur durch die Nase ein- und ausatmete. Der Mund fest geschlossen. Der Grund: sein schlechter Geschmack in demselbigen. Soll heißen: extremer Mundgeruch.
    Diese scheiß veränderte Leberfunktion, dachte er noch, als auch das Denkvermögen an seine Grenzen stieß. Noch ehe das Liebesspiel richtig auf Touren kam, war es auch schon wieder vorbei. Plotek wurde es schwarz vor den Augen. Er sah nichts mehr, hörte nichts mehr, spürte nichts mehr. Weder Agnes auf sich. Noch irgendetwas anderes um sich.
    So ’ne Scheiße, war der letzte Gedankenzipfel, der in seinem Kopf wedelte. Dann wurde er ohnmächtig.

9
    Mitten in der Nacht kam Plotek dann wieder zu sich. Er war noch immer nackt. Es fröstelte ihn. Eine Gänsehaut hatte sich von Kopf bis Fuß an ihn geschmiegt. Neben ihm lag Agnes. Auch nackt. Und angekuschelt.
    »Tut mir leid«, murmelte er vor sich hin.
    »Macht nichts«, kam verschlafen zurückgemurmelt. »Selbst ist die Frau.« Dann leises Gekichere.
    Agnes drehte sich zur Seite, stahl Plotek das Plumeau und sagte noch leiser und kaum zu verstehen: »Schlaf schön weiter.«
    Aber keine Chance. Plotek machte kein Auge mehr zu. Und nicht nur wegen dem fehlenden Plumeau. Agnes hingegen schon. Als sie anfing zu schnarchen, stand Plotek auf. Er zog sich an und machte sich klammheimlich, ohne dass ihn Agnes hören konnte, davon.
    Draußen schneite es schon wieder. Alles war weiß.
    Ein Jahrhundertwinter, dachte Plotek, und so viel Schn ee, wie er es höchstens in seiner Kindheit erlebt hatte, damals also, 70er Jahre, Schwäbische Alb, Lauterbach. Sils Maria lag so ruhig in diesem abseitigen Tal wie ein Toter im Sarg. Das einzige Geräusch

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