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Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)

Sils Maria: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Sils Maria: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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Kriminaler wie Jäggi zurückgreife. Er schaute erstaunt, dann nickte er. Ich war auf dem richtigen Weg, also machte ich weiter, indem ich mutmaßte, dass der Täter nur von hier sein könne.«
    Gewagt, dachte Plotek, während ihm Agnes immer unheimlicher vorkam. Sie erzählte nämlich nicht nur von der Begegnung mit Jäggi, sondern spielte sie nun auch nach, indem sie abwechselnd in ihre und in seine Rolle schlüpfte. Was offenbar auch Vinzi ein wenig verunsicherte. Agnes hingegen schien das Rollenspiel zunehmend Spaß zu machen.
    »Einer, dem dieses ganze Elvis-Gedöns ein Dorn im Auge ist«, sagte Agnes als Agnes. »Vielleicht die Touristen generell. Einer, der seine Ruhe haben möchte.«
    Dann imitierte sie mit leicht verstellter Stimme Jäggi: »Da hat diese Frischknecht sich selbst hineinmanövriert.«
    Dann mit neutraler Erzählerstimme: »Ich holte die dritte Runde Apfelkorn, stellte sie auf den Stehtisch und sagte: ›Wenn man auf das falsche Pferd setzt, darf man sich nicht wundern, dass man zu spät ins Ziel kommt.‹ Wieder stießen wir die Fläschchen aneinander, woraufhin ich theatralisch verharrte, als hätte ich einen Geistesblitz, eine Eingebung. ›Die Chinesen!‹, sagte ich dann, was in meinen Ohren klang wie: ›Die Außerirdischen.‹ Aber Jäggi sprang wie erwartet sofort darauf an und sagte so etwas wie: ›Sie haben recht. Damit die Preise sinken.‹ Natürlich hatte ich Schwierigkeiten, der Logik dieses alten Polizistenhirns zu folgen.«
    Plotek und Vinzi auch.
    »›Momentan ist hier aber der Teufel los‹, sagte ich. ›Da steigen eher die Preise.‹
    ›Entweder verspekuliert‹, gab Jäggi zu bedenken. ›Oder derjenige hat sich gedacht: Langfristig ist es immer anders als kurzfristig. Nehmen Sie zum Beispiel Fukushima. Zuerst berichtete die ganze Welt darüber, und jetzt lebt da kein Mensch mehr.‹
    ›Wie in Tschernobyl‹, sagte ich.
    ›Exakt‹, sagte Jäggi und schien sich über mein Verständnis zu freuen. ›Na ja, wenn man es genau nimmt, leben da in Tschernobyl noch immer fünfhundert Menschen, obwo hl sie es gar nicht dürften.‹
    ›Die Unverbesserlichen‹, sagte ich und lachte.
    ›Wie Sie.‹
    ›Genau. Ganz anders als Beat.‹
    ›Beat!‹, stieß Jäggi aus. Es klang wie: ›Bastard.‹ ›Das ist doch ein verdammter Tunichtgut.‹
    ›Aber vor allem ist er einer, der von diesem Aufschwung profitiert‹, sagte ich.
    ›Kann man so sagen. Beat tendierte schon immer dazu, aus allem einen Vorteil für sich herauszuschlagen. Früher war er Rockmusiker, hier in Graubünden, da hat er versucht, von der Grenzüberschreitung zu profitieren. Verficktes Kuchlkäschtli hieß die Combo. Er spielte Elvis-Songs, so schräg und verzerrt, dass sie als solche gar nicht mehr zu erkennen waren.‹
    › Verficktes … was?‹, fragte ich.«
    (Auch Plotek und Vinzi fragten sich das am Kneipentisch im Wang Tong 23 .)
    »› Kuchlkäschtli ! Ist Schwyzerdütsch und heißt Küchenschrank‹, sagte Jäggi.
    ›Und damit kann man erfolgreich sein?‹
    ›Hier schon. Und wie! Zumindest für eine bestimmte Zeit. Das ging aber dann auch den Bach runter. Wie fast alles bei Beat.‹
    ›Aber immerhin hat er ja potente Fürsprecher‹, ließ ich nicht locker.
    ›Sie meinen die alte Wehrli?‹, fragte Jäggi und schien sofort zu ahnen, worauf ich hinauswollte.
    ›Ilona Wehrli. Genau die. Wer weiß, was die geritten hat.‹
    ›Elvis vielleicht. An dem hat die einen Narren gefressen. Im Übrigen soll das erst der Anfang sein.‹
    ›Wie meinen Sie das?‹, fragte ich.
    ›Zuberbühler versucht mit seinen Events ‹, er sprach das Wort wie den Namen einer ansteckenden Krankheit aus, ›Sils Maria für den modernen Tourismus schmackhaft zu machen, wie er sagt. Oder besser: Wie die alte Wehrli ihm ins Ohr flüstert.‹
    ›Was für Events ?‹
    ›Großveranstaltungen ähnlich wie der Elvis-Wettbewerb. Und kleinere. Wie die Erlebnistouren, die er Mythen, Marotten und Magie nennt.‹ Jäggi lachte und wischte mit der Hand vor seinem Gesicht herum. ›Das sind wahrlich Marotten!‹
    ›Vielleicht muss man mit der Zeit gehen.‹ Ich versuchte den knorrigen Dorfpolizisten ein wenig aus der Reserve zu locken.
    Es gelang.
    ›Quatsch, die gehen nicht mit der Zeit, die gehen mit dem Geld. Beziehungsweise dem Geld hinterher. Oder noch besser: Sie holen es hierher.‹
    ›Und die Privatklinik?‹
    ›Auch so eine fixe Idee von der Alten. Der Matteo Wehrli wollte gar nicht. Der wäre lieber in seinem Krankenhaus

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