Silver Dragons 01 - Ein brandheisses Date
wusste er also nicht, dass ich das war. Das Arkanum war nicht besonders wertvoll – Magoth hatte es bloß sehen wollen –, und vor allem war es nicht von der gleichen Qualität wie die anderen Gegenstände, die die berüchtigte Mei Ling schon gestohlen hatte. Wahrscheinlich würde er die Doppelgängerin May nicht mit der chinesischen Meisterdiebin in Verbindung bringen. »Was wollen Sie haben?«
»Ach, Sie leugnen es also nicht?« Das Lachen des Mannes war so unangenehm wie seine Stimme. »Kluges Mädchen. Hier in London gibt es ein kleines goldenes Amulett. Es ist gut geschützt, deshalb müssen Sie schon Ihren Verstand benutzen, um es zu bekommen. Haben Sie etwas zu schreiben? Hier ist die Adresse.«
Ich notierte mir alles. Was mochte das wohl für ein Amulett sein? Und wie konnte ich vermeiden, es stehlen zu müssen? Am besten würde ich den Erpresser in dem Glauben lassen, dass er mich in der Hand hatte, aber ich würde auf keinen Fall etwas stehlen, über das ich nichts wusste. »In Ordnung, ich habe die Adresse aufgeschrieben. Mein Zwilling hat gesagt, Sie arbeiten für einen Schreckenslord. Für wen?«
»Das geht Sie nichts an«, erwiderte er scharf.
»Nun, wem gehört denn das Amulett, das ich stehlen soll?«
Er schwieg.
»Hören Sie, ich weiß nicht, wozu Sie Doppelgänger für fähig halten, aber wir können uns nicht unsichtbar machen, und wir können auch nicht durch Wände gehen. Wir sind aus Fleisch und Blut wie jeder andere auch … mehr oder weniger … und wir lösen Alarm und Sicherheitssysteme aus. Je mehr ich über die Person weiß, die dieses Amulett hat, desto besser kann ich mich schützen und vorbereiten.«
»Stehlen Sie das verdammte Ding einfach! Sie brauchen Ihre Nase ja nicht in alles zu stecken. Besorgen Sie mir das Teil! Rufen Sie mich an, wenn Sie es haben!«
»Ich kann keine Wunder bewirken …«, protestierte ich.
»Wenn er Sie erwischt, bringt er Sie um«, unterbrach mich der Mann. »Also lassen Sie sich nicht erwischen!«
»Aber wer …«
Er hatte aufgelegt, bevor ich ihn fragen konnte, wen ich denn bestehlen sollte. Seufzend sank ich in den Sessel und starrte blicklos auf das Blatt Papier mit der Adresse. Ich hatte ein schlechtes Gefühl bei der Sache, aber ich hatte keine andere Wahl. Ich würde mir wohl das Haus des Opfers zumindest einmal ansehen müssen.
Erst als ich in meinem Zimmer meine Arbeitskleidung anlegte, ging mir auf, dass an der Adresse, die er mir gegeben hatte, irgendetwas merkwürdig war.
»Verdammt!«, sagte ich kurz darauf, als ich auf die Karte blickte, die Aisling mir gegeben hatte. Vorne stand ihre Adresse in London, und auf die Rückseite hatte sie die Adresse von Kostyas Lager geschrieben.
Es war die Adresse, die der Erpresser mir gegeben hatte.
Anderthalb Stunden später schlüpfte ich aus der Hintertür von Gabriels Haus und warf einen letzten Blick auf das Fenster von Cyrenes Zimmer. Ein schwaches Licht flackerte durch einen Spalt in den Vorhängen und deutete darauf hin, dass Cyrene im Bett lag, mit einer ihrer Najadenschwestern telefonierte und der Fernseher lief. Ich hatte ihr nichts von meinen Plänen erzählt, weil sie mich sonst bestimmt hätte begleiten wollen … und wohin ich ging, konnte sie mir definitiv nicht folgen.
Warum wollte der Erpresser einem Drachen etwas stehlen? Kein Wunder, dass er mir nicht sagen wollte, um wen es sich handelte – niemand, der bei Verstand war, würde auf die Idee kommen, etwas aus einem Drachenlager zu stehlen.
»Viel wichtiger ist die Frage, für wen er arbeitet«, murmelte ich vor mich hin. »Und hat das irgendetwas mit dem Phylakterium zu tun, das Gabriel haben will?«
»Was ist?«
Ich zuckte zusammen, als der Taxifahrer vor einem dunklen, ziemlich heruntergekommenen Lagerhaus anhielt. »Entschuldigung, ich habe mit mir selbst geredet. Ist es hier?«
»Ja. Das macht dann fünf Pfund.«
Ich bezahlte den Mann und schaute zögernd auf das Lagerhaus. Ich war normalerweise nicht ängstlich, aber ich musste zugeben, dass mich das dunkle Gebäude ein wenig nervös machte. »Ich nehme an, Sie wollen nicht auf mich warten?«
»Hier?« Der Taxifahrer drückte mir mein Wechselgeld in die Hand. »Nicht für fünfmal so viel. Viel Glück!«
Er raste in die Dunkelheit davon, ohne sich noch einmal umzusehen. Ich huschte in die Schatten.
Das Schloss an der Tür zum Lagerhaus stellte kein Problem für mich dar. Ich lächelte, als ich die Finger darumlegte und es gehorsam aufsprang. Ich wusste nicht,
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