Silver Dragons 01 - Ein brandheisses Date
warum Doppelgänger über die Fähigkeit verfügten, Schlösser zu knacken, aber es war auf jeden Fall ein nützliches Talent, das ich besser nicht infrage stellte. Als die Tür aufging, wurde ich zum Schatten und ging vorsichtig hinein. Durch die hohen, schmutzigen Fenster fiel schwaches Licht von den Gebäuden zu beiden Seiten hinein, sodass ich die zwei großen Kisten in dem ansonsten leeren Raum gut sehen konnte.
»Kostya lebt in einem verlassenen Gebäude in der Nähe von Greenwich«, hatte Aisling mir erzählt, als Gabriel und Drake auf der Suche nach den beiden verschwundenen Leibwächtern waren.
»Ach ja?«, hatte ich erwidert, ein wenig überrascht von dem plötzlichen Themenwechsel im bis dahin harmlosen Gespräch.
»Ja. Ich sage es dir jetzt, denn wenn Gabriel so ähnlich ist wie Drake, wird er nicht wollen, dass du etwas aus eigenem Entschluss tust. Drachen sind so: ausgesprochen fürsorglich, vor allem die Wyvern – das ist zwar ganz süß, aber ihnen ist einfach nicht klar, dass wir Profis sind und manchmal auch den nötigen Freiraum brauchen, um unser eigenes Ding zu machen.«
Ich nickte. Ich hatte sowieso den Verdacht, dass ich außen vor gelassen wurde.
»Du hast den Ruf, dass du so gut wie alles stehlen kannst … na ja, fast alles jedenfalls. Ich meine, jemand, der in Dr. Kostichs Haus einbricht und ihm etwas Wertvolles entwendet, muss schon ziemlich gut in seinem Job sein.«
Ich wand mich ein bisschen. »Äh … danke. Ich glaube schon.«
»Oh, das war ein Kompliment«, sagte Aisling und lachte. »Ich habe Respekt vor starken Frauen, die sich nehmen, was sie haben wollen. Aber darum geht es jetzt nicht – ich schreibe dir jetzt Kostyas Adresse auf. Wenn du heute Abend nach London fliegst, kannst du dir ja sein Lager mal ansehen.«
Ich warf ihr einen neugierigen Blick zu. »Glaubst du, Kostya lügt, was das Phylakterium und Maata und Tipene anbelangt?«
Aisling dachte nach. »Ich weiß nicht«, sagte sie schließlich. »Ich werde aus Kostya nicht ganz schlau. In vieler Hinsicht ist er wie Drake, aber manchmal ist er mir auch völlig fremd. Er ist so launisch. Mein Onkel glaubt, das hätte etwas mit der Kriegsgefangenschaft zu tun, aber ich bin mittlerweile zu der Ansicht gelangt, dass es einfach seine Persönlichkeit ist. Auf jeden Fall willst du dir den Ort sicher einmal anschauen, und da habe ich mir gedacht, ich sage dir einfach, was ich weiß.«
Ich machte mir im Geiste eine Notiz, dass ich mich unbedingt bei Aisling bedanken musste. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn ich mich nur auf die Information des Erpressers hätte verlassen müssen.
Das Amulett sollte bei den übrigen Schätzen Kostyas in einem kleinen Raum im ersten Stock liegen, der laut Drake – er war der Einzige, der ihn außer Kostya gesehen hatte – mit einer Vielzahl von elektronischen Alarmanlagen und Schlössern gesichert war.
»Es geht doch nichts darüber, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen«, sagte ich zu mir.
Es gab im Lagerhaus eine Art Zwischengeschoss, in dem früher wahrscheinlich einmal Büros untergebracht waren. Vorsichtig ging ich den schmalen Flur entlang, um nicht auf die Ratten zu treten – die mich als Schatten nicht sehen konnten – und nicht gegen die kaputten Büromöbel zu stoßen, die an der Innenwand aufgestapelt waren. Ein schwaches rotes Blinklicht oben an der Wand zeigte eine Sicherheitskamera an. Vor der Tür zum letzten Büro blieb ich stehen und betrachtete sie prüfend. Für normale Augen sah sie aus wie eine einfache Holztür, ausgestattet mit einem elektronischen Schloss, das mit einem Netzhaut-Scanner an der Wand verbunden war, aber sie enthielt noch andere Dinge, die dem unaufmerksamen Betrachter verborgen blieben, wie zum Beispiel unleserliche Wörter, die in die Oberfläche eingeritzt waren.
»Ein Drachenbann«, murmelte ich und betrachtete ihn sorgsam aus mehreren Winkeln. Ich hatte so etwas noch nie gesehen, da Magoth nie von mir verlangt hatte, einen Drachen zu bestehlen, aber Aisling hatte mich davor gewarnt, dass Kostyas Schätze wahrscheinlich von einem Bann geschützt wurden.
Er sah machtvoll aus und glänzte golden an der Tür aus dunklem Holz. Seufzend versuchte ich mich zu erinnern, was Aisling dazu gesagt hatte.
»Ein Drachenbann ist wirklich kompliziert und kann tödlich sein, wenn du nicht weißt, was du tust«, hatte sie hastig erklärt, da Cyrene und Jim auf uns zugekommen waren. »Ich musste bei Fiats Bann vier Dämonen überwinden, aber
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