Silver Dragons 01 - Ein brandheisses Date
der Verhandlung waren Sie bewusstlos, deshalb musste ich für Sie unterschreiben.«
Ich starrte auf die Liste der Gegenstände, die ich bei mir hatte: Brieftasche, drei Pässe, Handy, ein bisschen Geld, Zimt-Kaugummi, zwei Schlüssel und eine kleine goldene Figur.
Sofort fiel mir das Amulett wieder ein. Hastig griff ich in die Innentasche meiner Weste. Das goldene Drachen-Amulett war weg. Ich fand es merkwürdig, dass sie gerade das weggenommen und das kleine Messer, das ich an der Wade trug, übersehen hatten, aber ich hatte nicht vor, sie darauf hinzuweisen.
»Wo werden meine persönlichen Gegenstände aufbewahrt?«, fragte ich die Sekretärin. Möglicherweise hatte Porter gemerkt, dass ich bluffte, und war jetzt gerade auf dem Weg, sich das Amulett zu holen.
»Alle Wertsachen der Gefangenen werden natürlich im Tresorgewölbe aufbewahrt«, antwortete sie.
»Und ist das Gewölbe sicher? Ich meine, wirklich sicher?«
»Es ist der Tresorraum des Au-delà«, erwiderte sie empört. »Seit mindestens einem Jahrhundert ist niemand dort eingedrungen.«
Erleichtert unterschrieb ich die Liste.
»Verurteilte können ein Gesuch auf Rückgabe der Dinge stellen, die als nicht gefährlich gelten«, fügte sie hinzu.
»Verurteilte?« Ich bekam plötzlich Kopfschmerzen. Ich rieb mir über die Stirn und versuchte mich zu erinnern. »Ich wurde verurteilt?«
»Oh ja«, sagte die Sekretärin. »Vorhin, als man Sie vor das Komitee gebracht hat. Es wurde Anklage erhoben, verhandelt, und dann wurden Sie verurteilt. Wenn Sie jetzt bitte diese Formulare unterschreiben würden, dann kann ich Ihren Transfer nach Akasha vorbereiten.«
»Nach Akasha?« Langsam kam ich mir vor wie ein gestörter Papagei, weil ich alles wiederholte, was die Frau sagte. Mir wurde eiskalt bei dem Gedanken an Akasha – es war ein Ort, den die Sterblichen manchmal als Vorhölle bezeichneten, ein Ort, an den Dämonen und andere Verbannte geschickt wurden. Akasha bedeutete ewige Nicht-Existenz, ständige Qualen und eine so schreckliche Bestrafung, dass sie nur den schlimmsten Verbrechern vorbehalten war – oder Personen, die das Komitee gründlich verärgert hatten.
Und diese Frau verlangte von mir, ich solle Papiere unterzeichnen, damit sie mich dort hinschicken konnten? »Das glaube ich nicht«, sagte ich laut und ergriff das Telefon. Ich brauchte nicht nachzudenken, wen ich anrufen wollte; ich zog die Karte mit Gabriels Handynummer heraus und gab sie ein.
»Ich würde zu gerne mit Ihnen sprechen«, versicherte mir Gabriels glatte Stimme, »aber leider kann ich Ihren Anruf zurzeit nicht entgegennehmen. Bitte hinterlassen Sie eine Nachricht auf dem Band.«
Am liebsten wäre ich vor allen Anwesenden in Tränen ausgebrochen, aber ich habe ja bereits erwähnt, dass ich nicht besonders weinerlich bin. »Ich bin es. Äh … May. Ich bin in Paris und war anscheinend bewusstlos, als das Au-delà-Komitee mich zur Verbannung nach Akasha verurteilt hat. Es wäre schön, wenn du etwas dagegen unternehmen könntest, bevor sie mich dorthin schicken.« Ich gab ihm die Telefonnummer durch, die auf dem Apparat stand, und legte auf. Verzweiflung überkam mich.
»Habe ich richtig verstanden, dass Sie sich weigern, die Formulare zu unterschreiben?«, fragte die Sekretärin mit gereizter Stimme.
»Das ist absolut korrekt. Ich werde nichts unterschreiben, ehe mein … äh … Wyvern nicht einen Blick darauf geworfen hat.«
Sie schnappte sich die Papiere und marschierte zu ihrem Schreibtisch, wobei sie etwas über unvernünftige Leute murmelte, die keine Ahnung davon hatten, wie viel sie zu tun hatte.
Tej beobachtete mich einen Moment lang mit traurigen Augen, und dann begleitete er mich zurück in meine Zelle. Vorher durfte ich noch das Badezimmer aufsuchen.
»Die Fenster sind mit Gitterstäben verriegelt«, erklärte er mir, bevor ich die Toilette betrat. Und so war es dann auch. Der Luftschacht war zu eng, um hindurchzuklettern, die Decke war fest gemauert ohne jede Öffnung für einen Ventilator, und es gab keinen anderen Ausgang als die Tür, und die führte geradewegs zu Tej.
Seufzend machte ich mich frisch, wobei ich zu allen möglichen Göttern betete, dass Gabriel seine Mailbox abhörte, bevor ich nach Akasha geschickt wurde.
15
Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, seit Tej mich in meine stickige, öde Zelle zurückgebracht hatte. Ich wusste ja noch nicht einmal, wie lange ich mich in der Schattenwelt aufgehalten hatte – anscheinend lange
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