Silver Dragons 02 - Viel Rauch um Nichts-neu-ok-26.12.11
haben.«
»Aber warum heilen sie denn nicht?« Ich betrachtete
die Kratzer stirnrunzelnd. »Sie dürften doch eigentlich schon längst nicht mehr
zu sehen sein. Es ist doch schon genug Zeit verstrichen.«
»Paarungsmale heilen langsamer als andere
Verletzungen. Mach dir keine Sorgen, May«, erwiderte er lächelnd. »Du hast mir
große Lust bereitet.«
Ich blickte wieder auf meine Hände. Es war nicht zu
leugnen, dass die Erfahrung, die wir gerade geteilt hatten, über meine Vorstellungskraft
hinausgegangen war, aber die seltsamen Gefühle, die von mir Besitz ergriffen
hatten, gefielen mir nicht.
»War es das Drachenherz, das meine Hände verwandelt
hat? Passiert das anderen Drachengefährtinnen nicht?«
Er blickte mich an und küsste meine Fingerspitzen.
»Es tut mir leid, dass du Angst hattest, May. Ich würde dir nur zu gerne
versichern, dass die Tatsache, dass du das Gefäß für das Stück Drachenherz
bist, gar nichts verändert, aber das kann ich nicht. Es ist jetzt ein Teil von
dir, und solange das der Fall ist, wirst du erfahren, was es heißt, ein Drache
zu sein.«
Ich fröstelte, obwohl die Nachtluft mild war.
Plötzlich merkte ich, dass ich nackt war und unsere Kleider in Fetzen um uns
herumlagen. Ein leiser Schreckenslaut entschlüpfte mir, als ich mich nach etwas
umschaute, das noch tragbar war.
»Nimm das hier«, sagte Gabriel und reichte mir sein
Hemd, das zum Glück heil geblieben war, weil er die Geistesgegenwart besessen
hatte, es aufzuknöpfen.
»Was für ein Glück, dass du so klein bist«, sagte
er. »Sonst haben wir nichts dabei. Meine Hose kann ich dir leider nicht
anbieten, aber sie würde dir sowieso nicht passen. Ich hatte nicht erwartet,
dass wir uns umziehen müssen, sonst hätte ich Maata und Tipene nicht schon mit
unseren Koffern vorausgeschickt.«
»Das geht schon«, sagte ich und knöpfte das Hemd
zu. Es reichte mir bis an die Knie, und ich musste die Ärmel aufrollen, aber
ich konnte zumindest meine Blöße bedecken.
»Ich weiß allerdings nicht, was wir deiner Mutter
sagen sollen.
Sie wird genau wissen, was wir getan haben.« »Ich
glaube, so ziemlich jeder im Umkreis von hundertfünfzig Kilometern weiß, was
wir getan haben«, antwortete Gabriel amüsiert. »Du hast deine Lust so laut
herausgeschrien, dass du schlafende Tiere geweckt hast.«
Ich verzog das Gesicht. Er zog mich an sich und gab
mir einen Kuss auf die Nasenspitze. » Es hat mir gefallen, dass du es so schön
fandest.«
Ich rieb meine Wange an seiner Brust, erwiderte
aber nichts. Die Gefühle, die von mir Besitz ergriffen hatten, machten mit
Sorgen. Ich wollte nicht langsam von einer Drachenessenz überwältigt werden,
die so mächtig war, dass sie mich in ein anderes Wesen verwandeln konnte. Ich
war gerne ich selbst, trotz all meiner Probleme und Kümmernisse.
Die Frage war allerdings, ob ich in dieser
Angelegenheit überhaupt eine Wahl hatte.
12
»Wir
sollten uns auf den Weg machen. Meine Mutter weiß wahrscheinlich, dass wir in
der Nähe sind, und wird uns entgegenkommen, wenn wir nicht bald eintreffen.«
»Weiß sie, dass du hier bist, weil sie deine Mutter
ist, Drachenexpertin oder Schamanin?«, fragte ich ihn, als wir kurz darauf
wieder über die mit Schlaglöchern übersäte Piste holperten.
»Wahrscheinlich aus allen drei Gründen. Als
Schamanin weiß sie, wer in diesem Gebiet unterwegs ist. Aber sie ist auch meine
Mutter, und ich bezweifle nicht, dass man sie über unsere Ankunft in Lajamanu
schon unterrichtet hat.«
Einen Moment lang überlegte ich, ob ich die Frage
stellen sollte, die mir auf dem Herzen lag, aber dann beschloss ich, Gabriel
besser zu fragen, bevor wir seiner Mutter gegenüberstanden.
»Du hast deinen Vater nur ein einziges Mal erwähnt.
Er ist doch nicht tot, oder?«
»Tot?« Gabriel blickte mich überrascht an. »Wie
kommst du denn darauf?«
»Nun ja, du hast viel von deiner Mutter gesprochen,
aber kaum über deinen Vater. Ich habe geglaubt, Drachen trennen sich nur, wenn
einer von ihnen... na ja, tot ist.«
»Er ist nicht tot.«
»Oh. Gut. Er ist also auch hier, bei deiner
Mutter?«
»Nein.« Gabriel blickte konzentriert auf die nicht
vorhandene Straße und wich Nachttieren aus, die plötzlich im Lichtkegel der
Scheinwerfer auftauchten. »Du kennst doch den Fluch, Mayling. Du weißt doch,
dass einem Silberdrachen kein Gefährte geboren ist. Das gilt auch für meine
Eltern.«
»Ja, ich weiß davon. Ich dachte nur...« Ich machte
eine vage Geste. »Ich nahm nur
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