Silver - Erbe der Nacht (German Edition)
seidenweich. »Es gibt keinen Pakt mehr. Der Orden braucht den Rat nicht. Die Familien brauchen noch etwas Zeit, das zu erkennen, aber heute Nacht werden wir ihnen dabei helfen.«
Der Botschafter schluckte leer.
»Fragen Sie die Meisterin der Loge, ob das ihre endgültige Entscheidung ist«, forderte Rhys ihn auf. »Fragen Sie sie, ob sie wirklich den Menschen der Familien folgen und ihr eigenes Geschlecht verraten will.«
Der Vampir aus Dover legte seine Hand auf die Brust und ging steif zum Auto zurück, ein schwarzer Schatten vor dem Licht der Scheinwerfer.
»Wirklich schade …«, kommentierte Hywel Llewelyn.
Rhys beachtete ihn nicht.
»Haltet euch bereit«, befahl er den Soldiers.
Er wusste bereits, wie die Antwort der Loge von Dover ausfallen würde. Und ja, es war schade.
Der Botschafter kam nach ein paar Minuten zurück. Sein blasses Gesicht zeigte, dass er sich keine Illusionen über sein Schicksal machte.
»Die Meisterin von Dover wird Ihnen nicht folgen, Rhys Llewelyn«, sagte er mit fester Stimme und weigerte sich, ihn mit seinem Titel anzusprechen. »Den Pakt zu verraten, bedeutet den schlimmsten Verrat gegenüber dem eigenen Geschlecht, und unsere Loge wird keine derartige Schuld auf sich laden.«
Er seufzte, als er sein Schicksal im Gesicht des Jungen las. Einen flüchtigen Augenblick lang sah der Vampir aus Dover Rhys Llewelyn als das, was er hätte sein sollen: ein junger Mann, der noch vor Kurzem ein unschuldiges Kind gewesen war.
»Tut mir leid, Junge«, flüsterte er traurig. »Die Unsterblichkeit, die du gewählt hast, ist Verrat.«
Rhys presste die Lippen zusammen und ignorierte die Traurigkeit, die in seiner Brust explodierte. Sie war unerträglich intensiv, und ein weiteres Mal erstickte er sie in Zorn.
Blinde Wut gegen die ganze Welt.
Gegen sich selbst.
Gegen Winter.
Vielleicht lägen die Dinge anders, wenn du entschieden hättest, an meiner Seite zu sein, Liebste , dachte er konfus.
Der warme Ockerton seiner Augen nahm eine grausame Färbung an.
»Jetzt«, flüsterte er.
Unverzüglich nahmen die Soldiers die Vampire aus Dover fest, mit Ausnahme des Botschafters ihrer Meisterin, der im Zentrum eines improvisierten Kreises stand.
Rhys trat zu ihm.
»Das ist die Antwort des Ordens«, verkündete er und brach ihm mit einer einzigen schnellen Bewegung das Genick.
Dann öffnete sich der Kreis, sodass die im Auto sitzende Vampirin den zu Boden fallenden Körper sehen konnte.
Von Grauen erfüllt, öffnete die Meisterin der Loge von Dover die Autotür und kam hocherhobenen Hauptes auf Rhys zu.
Sie hatte soeben einen Freund und wichtigen Verbündeten verloren, und dem Rest ihrer Begleiter drohte dasselbe Schicksal.
Als sie zum Zeichen ihrer Unterwerfung vor ihm niederkniete, wusste Rhys, dass sie das tat, um deren Leben zu retten.
Das müsste ich für den Orden tun. Ihn verteidigen , dachte er bitter. In diesem Moment hätte er alles auf der Welt gegeben, um umkehren zu können.
Sie waren es, die dich davon abgehalten haben , sagte eine Stimme in seinem Kopf. Eine Stimme, die der seines Vaters unangenehm ähnlich war.
Cameron Farland ließ sich zurücksinken, nachdem er die Szene mit einem Fernrohr beobachtet hatte.
Warum bloß, mein Freund?
Bis zum letzten Moment hatte er gehofft, dass Rhys es sich anders überlegen würde.
Er verfluchte sich dafür, dass er dieses Treffen hatte mit ansehen wollen, dass er so viele Stunden auf der Lauer gelegen hatte.
Aber er hätte es wieder getan. Weil das, was er gesehen hatte, alles veränderte. Weil er mit eigenen Augen in den Abgrund gesehen hatte.
»Es tut mir leid, Rhys«, flüsterte er und unterdrückte die Tränen.
Sie hatten es versucht. Und waren gescheitert.
D as anhaltende Klingeln ihres Handys riss Winter aus einem unruhigen Schlaf.
Die ganze Nacht hatte sie Fotos der Krypta studiert und sie dann an Eleri geschickt, damit sie ihnen bei der Übersetzung helfen konnte, und Gareth war im Morgengrauen aus Wales angekommen, sodass ihr nur ein paar Stunden Schlaf blieben. Und jetzt dröhnte ihr der Kopf.
Sie tastete nach dem Handy und hielt es ans Ohr, noch bevor sie die Augen öffnete.
»Du hattest recht«, sagte Cameron Farland.
Ihre Verwirrung verflog augenblicklich.
»Was ist passiert?«
»Er hat den Sprecher der Loge von Dover umgebracht und die Meisterin hat sich ihm unterwerfen müssen. In einer Woche versammelt Rhys das, was vom Rat übrig geblieben ist, in Wales, aber das ist eine Falle. Er und sein Vater
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