Silver - Erbe der Nacht (German Edition)
Das Geschrei war verstummt und sie befürchtete, Gareth und Danny nicht wiederzufinden. Nicht lebend.
»Polizei!«, hörte sie gleich darauf Danny rufen.
Durch die Erleichterung bekam sie weiche Knie. Sie wollte gerade in die Richtung laufen, aus der seine Stimme gekommen war, doch ein Quäntchen gesunden Menschenverstands riet ihr, nicht unbewaffnet zu erscheinen.
Madison schaute sich hektisch um, als unweit von ihr der dritte Schuss knallte. Erst auf den zweiten Blick erkannte sie einige am Kai festgemachte Boote. Sie legte sich auf den Bauch und rutschte auf dem Asphalt nach vorn, um nach dem Ruder des kleinsten Boots zu greifen. Dabei kam sie sich langsam nicht nur panisch, sondern auch lächerlich vor.
Nach ein paar erfolglosen Versuchen wurde das Boot durch das Schaukeln so weit angehoben, dass sie das Holz zu greifen bekam.
Madison zog das Ruder an sich und stand rasch wieder auf.
Rücken an Rücken beobachteten Gareth und Danny, wie die Vampire immer näher kamen.
»Schieß endlich«, zischte Gareth, und Schweißperlen standen ihm auf der Stirn. »Mach schon, verdammt noch mal!«
Danny wollte erneut zielen, doch sein Arm wollte ihm nicht gehorchen. Er trug doch keine Dienstmarke, um auf Menschen zu schießen …
»Ich kann nicht«, murmelte er mit zusammengebissenen Zähnen. »Sie sind unbewaffnet.«
»Dann ist alles verloren.«
Gareth war zu jung, um ein Krieger zu sein. In seiner Welt waren die Vampire stets nur unbequeme Schulkameraden gewesen. Doch an der alten Mühle von Glan Gors hatte er begriffen, dass die Wirklichkeit verdammt anders aussehen konnte.
Und im Unterschied zu dem Polizisten wusste er, dass es zu spät sein würde, wenn sie warteten, bis sie angegriffen wurden.
»Das ist die letzte Warnung«, schrie der Polizist erneut. »Bleibt stehen, wo ihr seid!«
Die Vampire schienen ihn nicht einmal zu hören und kamen ohne Eile immer näher.
»Okay. Jetzt schieß endlich!«, wiederholte Gareth.
Danny feuerte und traf einen von ihnen am Knöchel. Der Verletzte schrie auf und seine Kameraden verloren definitiv die Geduld. Unvermittelt wurde aus ihrem langsamen Schreiten ein rasantes Laufen.
Ohne zu realisieren, dass ihm nur sechs Kugeln blieben, bevor er nachladen musste, feuerte Danny weitere zwei Schüsse ab, aber die Gegner bewegten sich so schnell, dass sie nicht getroffen wurden.
Bevor Danny ein nächstes Mal schießen konnte, schlug ein Vampir ihn mit dem Handrücken so fest ins Gesicht, dass er das Gleichgewicht verlor. Sein Kumpel trat derweil Gareth mit dem Knie in den Magen. Dannys Lippe war geplatzt, und er schmeckte sein eigenes Blut im Mund.
Winter schrie, so laut sie konnte, und ihre Angst verwandelte sich in erbarmungslose Wut, wie sie sie noch nie erlebt hatte. Sie wurde von einem unbändigen Zorn erfasst, der sie auffahren ließ.
Die MACHT antwortete auf ihren Ruf, verdichtete sich in ihr, und der Schutzschild, den sie um sich errichtete hatte, ließ sie abprallen, was zur Folge hatte, dass die MACHT sich gegen sie selbst wandte. Der unvermittelte Schmerz trieb ihr die Tränen in die Augen, raubte ihr den Atem. Sie fiel zu Boden und wand sich unter nie zuvor erlittenen Qualen.
Madison bog um die Ecke, und bevor sie überhaupt wusste, was sie tat, schlug sie dem nächststehenden Vampir das Ruder über den Kopf. Der Schlag betäubte ihn einigermaßen, sodass Danny sich befreien konnte.
Das Mädchen streckte ihm die Hand entgegen, und er ließ sich auf die Beine helfen, fand mit etwas Mühe das Gleichgewicht wieder. Dann zielte er erneut mit der Pistole auf den Vampir, der ihn verletzt hatte, diesmal allerdings auf den Kopf. Doch in dem Moment, als Danny auf den Abzug drückte, brach der Vampir seitlich aus und warf sich auf ihn.
Während Gareth seinem Angreifer mutig die Stirn bot, konnte der von Madison niedergeschlagene Vampir wieder aufstehen. Er versuchte, sie an den Schultern zu packen, während sie verzweifelt die improvisierte Waffe schwang, damit er ihr nicht zu nahe kommen konnte.
Winter griff sich an den Hals und fuchtelte wild mit den Händen. Diesmal wusste sie, wohin sie die MACHT lenken musste. Sie ließ den eigenen Schutzschild fallen und erlaubte der Energie, aus ihrem Körper zu strömen und den Schmerz fortzutragen.
Sie fuhr sich mit der Hand über die Augen, um die Tränen wegzuwischen, und was sie dann sah, rief einen erneuten Zornausbruch hervor.
Madison stand mit dem Rücken zur Mauer, Danny Roberts hatte die Pistole verloren und Gareth
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