Silver - Erbe der Nacht (German Edition)
der Mann zog seine Hand langsam zurück.
»Seien Sie vorsichtig, Miss«, riet er ihr und ließ sie weitergehen.
Rhys spürte Winters Präsenz schon, bevor er sie kommen sah.
Mit einer Kopfbewegung rief er einen Soldier zu sich. Auf seinem Hals waren die Abdrücke von Rhys’ Zähnen sichtbar. Mühelos drang Rhys in den Geist des Soldiers ein und übermittelte ihm das Bild des Mädchens.
»Finde sie und begleite sie in das Büro im ersten Stock. Sie wird nicht begeistert sein, aber mach dir keine Sorgen. Sag ihr, dass du von mir den Auftrag hast, sie zu empfangen.«
Der Vampir nickte. »Ich habe verstanden, Sir.«
Winter gab sich Mühe, die stabile Barriere aufrechtzuerhalten, die sie errichtet hatte, und ging dicht an den Wänden entlang, um möglichst nicht aufzufallen.
Ihre Augen schweiften unablässig von einem Ende des Saals zum anderen, in der Hoffnung, Rhys zu entdecken, ohne von ihrem Vater und Dougall gesehen zu werden.
Das Innere der Villa erwies sich als ein einziges Labyrinth voller Zimmer, Treppen und Flure.
Rhys, wo bist du?
Winter konnte ihn nicht erreichen, solange sie die Barriere zu ihrer Verteidigung aufrecht hielt, doch bei der in der Luft liegenden Spannung schien es ihr nicht ratsam, sie aufzugeben. Sie zog sich die weite Kapuze ihres Sweatshirts über den Kopf und suchte weiter.
Ein Schauer lief ihr über den Nacken, als sie spürte, dass ihr jemand folgte.
Winter beschleunigte den Schritt und schaute sich nervös um. Ganz rasch scherte sie aus und betrat einen überfüllten Raum.
Ein großer Spiegel an der Wand gegenüber erlaubte ihr, hinter sich einen jungen Vampir zu erkennen, der eine Art schwarze Uniform mit einem weißen Band darüber trug.
Er sucht mich , ging ihr durch den Kopf.
Während sie den Spiegel im Auge behielt, steuerte sie auf die nächstliegende Tür zu und ging entschlossen mitten durch eine Personengruppe.
Als sie schon beinahe beim Ausgang war, stellte sich jemand vor sie hin.
»Winter Starr?«, murmelte er ungläubig.
Winter erbleichte, dann erkannte sie den Jungen. »Farland!«
Sie versuchte, an ihm vorbeizukommen, doch Cameron versperrte ihr mit einer raschen Bewegung den Weg. »Was zum Teufel tust du hier? Hast du eine Ahnung, was passiert, wenn hier irgendjemand kapiert, wer du bist?«
»Ich muss augenblicklich hier raus!«, zischte sie nervös. »Man verfolgt mich.«
Sie warf einen Blick über die Schulter und er folgte der Richtung mit den Augen.
»Gehen wir!«, sagte er, nahm ihre Hand und zog sie hinter sich her in einen Flur mit wenigen Menschen. Sie schaute sich misstrauisch um und folgte ihm dann im Marschtempo zum hinteren Ausgang.
»Nun?«, fragte er, als sie draußen waren. »Darf man erfahren, was du hier in der Loge tust?«
»Ich muss Rhys sehen.«
Die Augenbrauen des Jungen schnellten in die Höhe. »Jetzt?«
Winter nickte und ihr Gesichtsausdruck ließ keinen Zweifel daran, dass sie sich nicht aufhalten lassen würde.
»Weißt du nicht, dass Lochinvar ihn als seinen Nachfolger bestimmt hatte? Rhys, nun ja, er wartet in diesem Moment darauf, zu erfahren, ob er zum jüngsten Großmeister der Geschichte gewählt wird. Das ist nicht gerade die günstigste Gelegenheit, ihm etwas sagen zu wollen.«
Das Mädchen hörte ihm gar nicht zu. »Weißt du, wo er ist?«
Cameron hob die Augen zum Himmel, aber er hatte keine Zeit zu antworten.
»Ich habe den Auftrag, Sie ins Büro im ersten Stock zu begleiten, Miss«, verkündete der Vampir mit dem weißen Band über der Brust.
Cameron stieß einen Fluch aus und stellte sich zwischen die beiden.
»Ich fürchte, Sie irren sich, Sir«, wagte er einzuwenden und suchte hektisch nach einer Möglichkeit, sich aus der Situation zu retten. Er kannte die Bedeutung des weißen Bands und hatte eigentlich keine Lust, einem Soldier zu widersprechen.
»Ich glaube nicht. Rhys Llewelyn schickt mich.«
Der Junge war sprachlos, schaute abwechselnd zu Winter und zum Wächter des Ordens.
»Er hat mich beauftragt, sie zu ihm zu bringen«, fuhr dieser mit einstudierter Ruhe fort. »Und das werde ich tun.«
Winter schluckte leer. Jetzt war sie wirklich verängstigt, aber sie konnte sich nicht weigern, ihm zu folgen, sonst wäre sie ernsthaft in Schwierigkeiten geraten.
Nun komm schon, wir sprechen hier von Rhys!
Sie warf Cameron einen Blick zu, der aufmunternd wirken sollte, und ging auf den anderen Vampir zu.
»Zeigen Sie mir den Weg.«
I n Lochinvars ehemaligem Büro betrachtete Rhys das Serum in
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