Silver Linings (German Edition)
wütend macht, und auf einmal klingele ich auch schon bei den Websters an der Haustür.
«Hallo?», sagt Tiffanys Mom zu mir, als die Tür aufgeht. Sie sieht gealtert aus, grauhaarig, und sie trägt sogar im Haus eine dicke, lange Strickjacke, obwohl doch erst September ist.
«Ist Tiffany da?»
«Sie sind der Freund von Ronnie, nicht? Pat Peoples?»
Ich nicke nur, weil ich weiß, dass Mrs. Webster weiß, wer ich bin.
«Würden Sie mir verraten, was Sie von unserer Tochter wollen?»
«Wer ist denn da?», höre ich Tiffanys Vater von irgendwo im Haus rufen.
«Bloß Ronnies Freund, Pat Peoples!», ruft Mrs. Webster zurück. Dann fragt sie mich wieder: «Also, was wollen Sie von unserer Tiffany?»
Ich blicke nach unten auf den Football in meinen Händen und sage: «Ich wollte ein paar Bälle mit ihr werfen. Es ist so ein schöner Nachmittag. Vielleicht hat sie ja Lust, mit in den Park zu kommen, ein bisschen frische Luft schnappen.»
«Bloß Bälle werfen?», sagt Mrs. Webster.
Ich halte meinen Ehering hoch, zum Beweis, dass ich keinen Sex mit ihrer Tochter haben will, und sage: «Hören Sie, ich bin verheiratet. Ich möchte einfach nur mit Tiffany befreundet sein, okay?»
Mrs. Webster scheint ein wenig überrascht von meiner Antwort, was seltsam ist, weil ich mir sicher war, dass sie genau diese Antwort hören wollte. Doch nach einem Moment sagt sie: «Gehen Sie hintenrum und klopfen Sie bei ihr an.»
Also gehe ich zu der ausgebauten Garage und klopfe an die Tür, aber keiner macht auf.
Ich klopfe noch dreimal und gehe dann wieder.
Ich bin halb durch den Park, als ich hinter mir ein raschelndes Geräusch höre. Ich drehe mich um und sehe Tiffany eilig auf mich zukommen. Sie trägt einen rosa Trainingsanzug aus einem Material, das raschelt, wenn ein Hosenbein am anderen reibt. Als sie auf etwa drei Meter rangekommen ist, werfe ich ihr einen kinderleichten Mädchenpass zu, aber sie weicht aus, und der Football fällt zu Boden.
«Was willst du?», fragt sie.
«Hast du Lust, ein paar Bälle zu werfen?»
«Ich hasse Football. Hab ich dir doch gesagt, oder?»
Da sie keine Bälle werfen will, beschließe ich, ihr einfach meine Frage zu stellen: «Wieso folgst du mir, wenn ich laufe?»
«Ehrlich?»
«Klar», sage ich.
Sie kneift die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen, was ihr Gesicht irgendwie gemein aussehen lässt. «Ich beobachte dich.»
«Was?»
«Ich hab gesagt, ich beobachte dich.»
«Warum?»
«Um festzustellen, ob du fit genug bist.»
«Wofür fit genug?»
Doch statt meine Frage zu beantworten, sagt sie: «Ich beobachte dich auch, um mir ein Bild von deiner Arbeitsmoral zu machen, von deiner Ausdauer, davon, wie du mit psychischem Druck umgehst, von deiner Fähigkeit, etwas durchzustehen, wenn du nicht genau weißt, was eigentlich los ist, und …»
«Warum?»
«Das kann ich dir noch nicht sagen», erwidert sie.
«Warum nicht?»
«Weil ich noch dabei bin, dich zu beobachten.»
Als sie weggeht, folge ich ihr am Teich vorbei, über die Fußgängerbrücke und hinaus aus dem Park. Aber keiner von uns sagt auch nur ein Wort.
Sie führt mich zur Haddon Avenue, und wir gehen an den neuen Geschäften und schicken Restaurants vorbei, passieren viele andere Fußgänger, Kids auf Skateboards und Männer, die die Faust in die Luft recken und «Eagles vor!» rufen, wenn sie mein Hank-Baskett-Shirt sehen.
Tiffany biegt von der Haddon Avenue ab und geht scheinbar ziellos durch ein paar Wohnstraßen, bis wir vor dem Haus meiner Eltern ankommen, wo sie stehen bleibt, mich ansieht und nach fast einer Stunde Schweigen sagt: «Hat dein Team gewonnen?»
Ich nicke. «Vierundzwanzig zu zehn.»
«Du Glückspilz», sagt Tiffany, dreht sich um und geht.
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Der beste Therapeut auf der ganzen Welt
Am Montagmorgen nach dem Sieg der Eagles über die Texans passiert etwas Komisches. Ich bin im Keller und mache zur Auflockerung ein paar Dehnübungen, als mein Vater herunterkommt, zum ersten Mal, seit ich wieder zu Hause bin.
«Pat?», sagt er.
Ich unterbreche mein Stretching, stehe auf und sehe ihn an. Er ist auf der letzten Stufe stehen geblieben, als hätte er Angst, einen Fuß auf mein Territorium zu setzen.
«Dad?»
«Du hast ja eine ganze Menge Geräte hier unten.»
Ich sage nichts, weil ich weiß, dass er wahrscheinlich wütend auf meine Mutter ist, weil sie mir einen Fitnessraum eingerichtet hat.
«Die Zeitungen berichten heute ziemlich ausführlich über die Eagles»,
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