Silvermind (German Edition)
von Ray ab. Das, was Nero gesehen hatte, reichte ihm an Information.
Der gestrige Abend war nicht vergessen, die Entschuldigung nicht angenommen. Ray würde ihm nichts geben, das im Streit als Waffe dienen konnte. Soweit er sich erinnern konnte, war das in Anbetracht der Umstände eine gute Entscheidung. Es war besser, wenn Nero nicht wusste, wie sich die Fantasie real anfühlte.
„Tja ...“
Er hatte keine Ahnung, was er sagen sollte. Er war erregt, sein Glied pochte schmerzhaft, sein Atem ging unregelmäßig. Ray lag vor ihm, halbnackt. Im Endeffekt unerreichbar. Letztlich sagte Nero sich, dass er es gewusst hatte. Entweder Bereuen oder Enttäuschung. Es war eine hauchdünne Gratwanderung, bei der er derzeit nicht wusste, in welche Richtung er mehr tendierte.
„Ich bin wach“, meinte Ray, räusperte sich. Neros Mundwinkel zuckten.
„Mach dich fertig. Mittlerweile ist Neo hoffentlich aus der Küche verschwunden, denn ich brauche dringend einen Kaffee. Wenn du willst, frühstücken wir, ansonsten würde ich dich nach Hause fahren.“ Ray nickte. Mit schmerzenden Knien stand Nero auf und verließ das Wohnzimmer.
Als er aufgewacht war, hatte er nicht vermutet, dass der Morgen in diese Richtung gehen würde. Jetzt wusste Nero, wie der Kleine schmeckte. Eine erneute Kostprobe, die ihm freiwillig gegeben worden war. Er fuhr sich mit der Hand über den Mund. Langsam schüttelte er auf dem Weg zur Küche den Kopf.
Mit wenigen Handgriffen machte er Kaffee. Die dampfende Tasse in der Hand, setzte er sich an den Tisch. Die Kopfschmerzen, die bis eben ein unterschwelliges Pochen gewesen waren, kehrten martervoll zurück. Mit einem Arm zog Nero die Schublade hinter sich auf und holte einen Terminkalender hervor. Während er den Kaffee trank, blätterte er die Seiten durch.
Nach der Tour, die einmal quer durch Deutschland ging, einen Abstecher zur Schweiz und nach Österreich beinhaltete, würde ´Silvermind` intensiv mit Studioarbeiten beschäftigt sein. Das letzte Album hatten sie mit Neo aufgenommen, das Neue wäre mit Ray. Was Nero unweigerlich daran erinnerte, dass die Sache mit Sven nicht vom Tisch war. Entweder klemmte er sich dahinter oder er überlegte sich etwas, dass Ray half. Stimmte schon, der Kerl hatte nicht unrecht gehabt. Es wäre Neros Aufgabe gewesen, Ray vom derzeitigen Stand in Kenntnis zu setzen. Warum er es letztendlich nicht getan hatte, war ihm schleierhaft.
„Nero?“
Er hob den Kopf, als er Rays Stimme vernahm. Dieser stand im Türrahmen, mit einem Handtuch die Haare trocken rubbelnd. „Könntest du mir ein Shirt borgen? Meines liegt im Auto.“
„Bediene dich. Schlafzimmer, linke Schranktür.“
„Danke.“
Drei Minuten später saß Ray neben ihm, ebenfalls eine Tasse in der Hand und mit einem Shirt am Körper, auf dem das Bandlogo prangte. Schweigend tranken sie den Kaffee. Nero schrieb nebenbei ein paar Notizen in den Kalender. Während er wichtige Daten vermerkte, machte er sich ebenfalls Gedanken über die kommende Zeit.
„Wie wirst du das mit Lora machen?“, fragte er nach einer Weile an Ray gerichtet, der eine Augenbraue hochzog.
„Was?“
„Wenn wir auf Tour sind. Irgendeine Möglichkeit, sie unterzubringen?“
„Willst du das wissen, um es mir bei der nächsten Gelegenheit an den Kopf zu schmeißen?“ Nero presste grimmig die Lippen zusammen.
„Ich habe mich bereits entschuldigt. Mehr als das kann ich nicht tun.“
„Nein, ich weiß nicht, was ich machen werde. Vielleicht kann sie bei Dean unterkommen“, meinte Ray Neros Frage beantwortend, ohne weiter auf das Gesagte einzugehen.
„Wäre gut, wenn das klappen würde“, entgegnete Nero und trank den letzten Schluck kalten Kaffees.
„Lora wird mein geringstes Problem sein“, erwiderte Ray kaum hörbar, sodass Nero glaubte, es sich eingebildet zu haben. Ohne darauf einzugehen, stand er auf. „Ich gehe mich kurz duschen, danach können wir los. Kannst ja solange ins Wohnzimmer verschwinden.“ Als Ray nickte, verließ er die Küche.
***
„Kommst du klar?“
„Was soll die Frage?“, knurrte Ray, die Hand bereits am Türgriff des Wagens. Sie standen vor einem dreistöckigen Mehrfamilienhaus, das am Rande der Altstadt lag. Offensichtlich wohnte Ray in diesem Kasten. In einem Viertel, das definitiv nicht zu den besten der Gegend zählte.
Nero zuckte mit den Schultern.
„Es ist mir nicht egal. “
„Erwartest du von mir, dass ich dir das glaube?“
„Ja.“
Ray mahlte
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