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Silvy macht ihr Glück

Silvy macht ihr Glück

Titel: Silvy macht ihr Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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wenn Jean die erwartete, die entscheidende Frage stellte? Hatte sie ihn wirklich in diesen wenigen Tagen liebgewonnen? Oder war es nur eine heiße Sommerverliebtheit, heiß wie die Julisonne über der Bretagne?
    „Petite, hören Sie zu. Wir müssen diesen Tag gemeinsam beschließen, nicht wahr? Sie werden auch heute abend mit mir Zusammensein, wollen Sie?“
    „Doch“, sagte Sylvi.
    „Darf ich Sie um acht Uhr in Ihrem Hotel abholen?“
    „Ich… ich will Sie lieber im Park treffen.“
    „Wie Sie wollen, Petite.“
    Als Sylvi in ihr Zimmer gekommen war, besah sie sich im Spiegel. Sie stutzte. War sie das noch, Frau Allens fescher Chauffeur? Nein, das war kein junges, frisches, unkompliziertes Mädchen, das ihr entgegenblickte. Das war eine Frau mit einem geheimnisvollen Ausdruck, mit einem neuen Glanz in den Augen, einem wunderlichen Leuchten über dem ganzen Gesicht. Und plötzlich stieg ein wilder, sinnloser, heißer Jubel in ihr auf. Den Mann, der es vermocht hatte, sie zur Frau zu erwecken, den Mann, der sie liebte, den Mann, der sie so gemacht hatte, sie liebte ihn! Für ihn, für ihn und für keinen anderen in der Welt war sie erschaffen.
    Für ihn machte sie sich schön. In dem schmalen Kleid aus Silberlame kam ihre schlanke Gestalt gut zur Geltung. Vor dem Spiegel probierte sie die Rubine aus, versuchte, wie die Saphirnadel auf der Schulter wirkte. Nein, nichts! Kein Schmuck, nur das Silberkleid. Oder doch: die dünne kleine Platinnadel mit den Perlen auf die linke Schulter.
    Als sie durch die Halle ging, merkte sie, daß die Gäste sie anstarrten. Und es wurde gewispert. Sylvi ging rank und sicher durch die Tür, die ihr ein Page aufhielt, als ob sie eine Millionärin aus Hollywood wäre und kein Chauffeur, mit Monatsgehalt und drei Mahlzeiten am Tag im Speisesaal der Dienerschaft.
    Es folgte ein Abend wie aus einem Märchen. Jean hatte den besten Tisch in seinem Hotel bestellt, und auf dem Tisch stand eine Vase mit Orchideen. Er nahm eine der Blüten und befestigte sie mit der Perlennadel auf Sylvis Schulter.
    „Es macht mir Spaß, zu sehen, wie die Leute Sie anstarren“, flüsterte er ihr zu, während sie tanzten. „Ich bin so stolz auf Sie, Sylvi.“
    Sie speisten ausgesuchte Gerichte, sie tranken Wein aus verstaubten Flaschen, die Kellner standen bereit, der Haushofmeister erkundigte sich ehrerbietig, ob Monsieur den Burgunder richtig temperiert fand, ob er das Fenster schließen solle, es sei vielleicht zu zugig für Madame? Sylvi lächelte. Es war das erstemal, daß sie Madame genannt wurde.
    Die Zeit verging nur allzu rasch.
    „Petite“, flüsterte Jean, als sie einander im Belville-Park gute Nacht sagten. „Seien Sie so lieb und sagen Sie mir, was die drei Worte auf norwegisch heißen. Diese drei Worte, Sie wissen schon.“
    „Welche Worte?“
    „Sie wissen, was ich meine, Petite.“
    Er hielt die silberschimmernde Gestalt fest im Arm. Sein Gesicht war dem ihren ganz nahe.
    „Petite, wenn wir uns das nächstemal treffen, muß ich mit Ihnen reden, ganz ernsthaft reden. Ich muß wissen, was man in Norwegen sagt, wenn – wenn, ach Petite, sagen Sie es doch. Wie heißen die drei Worte auf norwegisch?“
    Sylvi lehnte den Kopf an seine Schulter. Auf einmal kam ein großer, schöner Frieden über sie.
    „Jeg elsker deg“, flüsterte sie.
    „Nun, Kind, hatten Sie gestern einen schönen Tag?“
    „Ja, gnädige Frau, einen herrlichen Tag. Und vielen Dank dafür, daß ich den Wagen nehmen durfte. Ich bin vorsichtig gefahren, und ich habe ihn heute morgen gewaschen und geputzt.“
    „Freut mich, daß Sie Spaß daran hatten. Ja, nun ist also Dinard dran, die Karte haben Sie ja. Aber hören Sie, Kind, es ist warm, wollen Sie nicht lieber die Leinenjacke anziehen?“ Sylvi lächelte.
    „Sie finden mich vielleicht kindisch, gnädige Frau, aber ich mag meine graue Uniform so gern. Und gar so warm ist sie doch nicht.“
    „Nein, nein, ganz wie Sie wollen. Also fahren wir.“
    Sylvi half den Gästen höflich in das Auto, bekam einige freundliche Dankesworte, und dann fuhren sie los. Sie war froh, daß sie nicht zu reden brauchte. Sie hatte über so schrecklich viel nachzudenken.
    Was wohl Jean jetzt trieb? Dachte er so intensiv an sie wie sie an ihn? Der gestrige Abend war so wunderbar gewesen, so wunderbar. Morgen würden sie einander wieder treffen. Den heutigen Nachmittag wollte sie ja mit Jörn gemeinsam verbringen.
    Sylvi lächelte ein wenig. Wer hätte gedacht, daß sie plötzlich zwei

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