Silvy macht ihr Glück
war. Sie hatte ihre Stellung gekündigt und wohnte nun im Hotel Reinfjell als der höchst geehrte und geschätzte Gast des Direktors.
„Aber daß wir uns nicht mißverstehen, Tante Constanze“, sagte Sylvi, „wenn du mich hübsch bittest, werde ich dich natürlich in die Stadt zurückfahren. Überhaupt kannst du über meine Kräfte und meine Fahrtüchtigkeit verfügen bis vier Uhr nachmittags am Hochzeitstag, wenn um fünf Uhr die Hochzeit ist. Eine Stunde muß ich ja wohl haben, um mich anzuziehen.“
„Und wenn ich dich recht kenne, setzt du dich in Spitzenkleid und Schleier und dem ganzen Staat hinter das Steuer.“
„Nein, weißt du, an diesem Tag lassen wir Hegard fahren. Er fährt allerdings wie ein Irrer, du würdest es kaum glauben, daß er mein Bruder ist. Aber an dem Tag wird er ja wohl vorsichtig sein und seine Schwester an ihrem Hochzeitstag nicht gerade zuschanden fahren.“
Sylvi war bald gut Freund mit dem gesamten Hotelpersonal, vom Portier und Haushofmeister bis zu dem jüngsten Piccolo. Sie hatte die Küchenregionen inspiziert und war sehr beeindruckt von dem mächtigen Herd und den praktischen Geschirrspülmaschinen.
„Welch ein Glück“, seufzte sie, „welch ein Glück, daß ich eine ganze Hotelküche als Rückhalt habe. Wenn ich kochen sollte, müßte mein armer Mann von belegten Broten und Fleischkonserven leben.“
„Ich getraue mich fast nicht, es zu sagen“, meinte Jörn und blickte Sylvi neckend an, „wirklich, fast traue ich mich nicht -. Hier soll nämlich eine Frau zum Stopfen und Flicken fest angestellt werden. Sie soll sich der Tischwäsche und Bettwäsche und der Vorhänge annehmen, und ich bin sicher, daß wir ihr auch einige private Stücke dazuschmuggeln können.“
„Oh, Jörn“, seufzte Sylvi, „du bist ein prächtiger Mann! Zum Ausgleich werde ich dein Auto in exemplarischer Ordnung halten, mit den Gästen Tennis und Federball spielen, und ich kann auch gern der Spieltante im Kinderzimmer helfen, denn Kinder liebe ich sehr.“
„Gott sei Dank“, sagte Jörn. „Da müssen wir sehen, was wir in dieser Hinsicht für dich tun können.“
Ein Glockenzeichen ertönte. Dann erklang der Hochzeitsmarsch aus „Lohengrin“.
Die Köpfe drehten sich dem Eingang zu. Es gab viele, viele Köpfe. Obwohl zu der Hochzeit nur wenige Gäste geladen waren und obwohl kein Aufhebens gemacht worden war, hatte sich das Gerücht verbreitet, daß die reiche Frau Allen die Hochzeit für Fräulein Ecker ausrichtete. Es hatte sich herumgesprochen, daß Sylvi Chauffeur bei Frau Allen gewesen war, und man flüsterte sich zu, daß sie ihren künftigen Mann in Frankreich kennengelernt habe.
Es schwirrte nur so von Gerüchten, und die hatten eben auch die Kirche mit neugierigen Leuten gefüllt.
Jetzt kam die Braut. Den Kopf hielt sie erhoben, und sie stützte sich leicht auf den Arm des Bruders. Vor ihr gingen zwei kleine weißgekleidete Buben mit rosa Blumensträußchen in den Händen.
Hegard wurde heiß bei dem Gedanken, was seine hoffnungsvollen Sprößlinge wohl anstellen könnten. Allerdings hatte Hanne sie eine Woche lang jeden Tag trainiert und ihnen goldene Berge versprochen, wenn sie sich in der Kirche anständig aufführten. Vorerst schien es auch gutzugehen. Bei der Chortür griff sich Hanne ihre Söhne und plazierte sie sachte auf den Stufen.
Rank, hell und schön stand Sylvi vor Jörn. Unzählige Augen weilten auf ihnen, aber sie sahen nur einander. Es schien ihnen, als ob die ganze Welt einen Augenblick lang den Atem anhielte.
„Jetzt spricht der Doktor“, berichtete Klara aufgeregt in der Küche. „Der kleinere Bub hat sich die Soße über den Anzug geschüttet. Hast du einen Lappen, Magnhild?“
„Hoffentlich redet er nicht zu lange“, meinte Magnhild, „denn jetzt ist das Eis gerade richtig.“
„Sylvi möchte eine Selters haben“, meldete Klara beim nächsten Erscheinen.
„Gewöhn dir ab, einfach Sylvi zu sagen. Sie heißt jetzt Frau Hallgren.“
„Da pfeif ich drauf“, sagte Klara. „Sylvi ist gar nicht so. Das ist ein nettes Mädel, kein Snob, damit du es weißt.“
Da mußte Magnhild mitten in aller Geschäftigkeit kichern. Also selbst Klara hatte das Handtuch geworfen.
Drinnen bei Tisch war man mit den Reden fertig. Jetzt war ein lebhaftes Gespräch entstanden. Die Gesellschaft war klein, so daß alle Gäste miteinander guten Kontakt haben konnten.
„Was wirst du denn jetzt tun, Constanze?“ fragte das alte Fräulein Allen. „Wirst du
Weitere Kostenlose Bücher