Simon Schweitzer - immer horche, immer gugge (German Edition)
und der galicische Fischhändler verdiente sich eine goldene Nase.
Schwieriger gestaltete sich die Suche nach der Menora. Zehn Minuten schlich Herr Schweitzer in dem geräumigen Orientalikaladen die Regale entlang. Wasserpfeifen jeder Größe, Kupfer- und Messingteller mir arabischen Schriftzeichen, ägyptische Alabasterkatzen, Schmuckkästchen aus Jordanien, Bastkörbe und allgemeinen Plunder hätte er en gros erstehen können. Aber von siebenarmigen Leuchtern keine Spur. Unsicher wandte er sich mit seinem Anliegen an einen schnauzbärtigen Verkäufer, schließlich hatte er nicht die geringste Ahnung davon, inwieweit es angebracht war, in einem arabischen Laden nach jüdischen Gebrauchsgegenständen zu fragen.
„Eine Menora. Soso. Jaja.“ Die dichten Augenbrauen des Verkäufers zogen sich zusammen. Dann stürmte er voran, und Simon Schweitzer konnte kaum Schritt halten. Ein Slalom durch die ausschließlich arabisch aussehende Kundschaft begann und endete in der hintersten Ecke. Mit einem Teppichmesser öffnete der Verkäufer einen großen Karton und holte tatsächlich eine Menora hervor.
„Hier Freund, für dich, Freundschaftspreis, neunzig Euro.“ Ein Zahnpastareklamelächeln nahm den überwiegenden Teil des Verkäufergesichtes ein.
Das war Wucher, fand Simon Schweitzer. Er orientierte sich dabei an den anderen Preisen im Geschäft. Er hatte noch keinen Artikel gesehen, der teurer als zwanzig Euro kam. „Wieviel würde sie kosten, wenn der Preis schon ausgeschildert wäre?“
Das Lächeln wurde breiter. „Vielleicht fünfzig Euro?“
„Vielleicht zehn?“ konterte Simon Schweitzer nicht ungeschickt.
„Gut. Weil du bist ein Freund des Hauses, vierzig Euro. Letztes Wort.“
Wer gedacht hatte, er hätte nun keinen Trumpf mehr im Ärmel, sah sich getäuscht. Er war mit allen Wassern gewaschen, der Herr Schweitzer. Mit dem rechten Mittelfinger schnippte er gegen die Menora. „Hör. Du willst mir doch nicht sagen, daß so reines Messing klingt.“ Kein Mensch hatte gesagt, daß die Menora aus reinem Messing war, und soviel er wußte, war Messing sowieso bloß eine Legierung. Aber darum ging es ja auch gar nicht. „Wenn da mal nicht jede Menge Aluminium beigemischt ist. Du kannst froh sein, wenn einer fünfzehn dafür gibt.“
Der Araber war verblüfft ob seines Kunden Fachwissens. Er selbst besaß keines. Trotzdem schnippte auch er mit dem Finger gegen die Menora und hielt sie sich dicht ans Ohr. Er wollte sich die Musik einer Aluminium-Messing-Legierung einprägen. Es war ein sehr hoher Ton. „Stimmt, Freund. Du hast recht. Gib mir fünfundzwanzig und Allah wird dich weiterhin beschützen.“
Das war ein guter Schachzug. Herr Schweitzer konnte nämlich nicht auf Erfahrungswerte zurückgreifen, die ihm verraten hätten, ob Allah ein guter oder ein schlechter Beschützer war. Trotzdem entschloß er sich zum letzten Gefecht. „Hör zu Freund, du hast recht, fünfundzwanzig ist ein guter Preis.“ Simon Schweitzer hielt die Einkaufstüten aus der Kleinmarkthalle hoch. „Leider hab ich schon mein ganzes Geld ausgegeben. Gerademal zwanzig Euro hab ich noch übrig.“ Er drehte sich um und strebte Richtung Ausgang. Er hatte die Kasse schon fast erreicht.
„Halt. Stehenbleiben Freund.“ Das Reklamelächeln hatte zu Simon Schweitzer aufgeschlossen. „Aber nur weil ich hier der Chef bin. Andere dürfen dir hier keinen Rabatt geben. Mach schnell, bevor ich es mir anders überlege.“
Zwanzig Euro waren ungefähr das, was er auszugeben bereit war. Er gab dem Verkäufer das Geld, der es in seiner Hosentasche verschwinden ließ. Niemand gab den Betrag in die Kasse ein. Merkwürdige Verkaufspraktiken sind das, dachte Herr Schweitzer und verließ das Geschäft.
Er hatte gerade den Schlüssel in die Wohnungstür gesteckt, da klingelte auch schon das Telefon. Hektisch schloß er auf und nahm den Hörer ab. Es war mal wieder Maria. Sie habe gestern noch eine ertragreiche Kreativphase gehabt. Außerdem käme heute noch Karins Schwester Hannelore aus Delmenhorst für ein paar Tage her, ein wenig Ordnung in die Angelegenheiten zu bringen, und um die notwendigen Schritte für Klaus-Dieters Begräbnis einzuleiten. Karin kam dafür ja nicht in Frage. Und eigentlich hatte sie ja auch nur angerufen, um sich nochmals eine Bestätigung für das Essen bei ihr mit ihm am Sonntag einzuholen. Simon Schweitzer bestätigte, er hatte es nicht vergessen, wie könnte er, ganz im Gegenteil, er freue sich mächtig drauf. Na denn,
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