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Simon Schweitzer - immer horche, immer gugge (German Edition)

Simon Schweitzer - immer horche, immer gugge (German Edition)

Titel: Simon Schweitzer - immer horche, immer gugge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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tatsächlich sexuell was gelaufen war. Ich meine, zwischen Karin und Guntram.“
    „Herr Schweitzer, wußten Sie, daß Herr Hollerbusch wieder in der Bürgerinitiative tätig ist?“
    „Ja.“
    „Und wußten Sie auch, daß Klaus-Dieter Schwarzbach neuerdings ein großer Befürworter des Flughafenausbaus war?“
    „Ja.“
    „Herr Schweitzer, wir danken Ihnen recht herzlich.“
    Vor einer halben Stunde waren die Männer vom Bundeskriminalamt gegangen, und Simon Schweitzer saß noch immer am Küchentisch und versuchte, seine Gedanken zu ordnen, was sich sehr schwer gestaltete. Denn alle Fäden führten zu einem Mörder Hollerbusch, und Hollerbusch war kein Mörder. Ganz sicher. Auch zwei weitere Tassen Kaffee brachten ihn da nicht weiter.
    Nochmals dreißig Minuten später rief zu Herrn Schweitzers allergrößter Überraschung Guntram Hollerbusch an. Zwei Polizisten vom hiesigen Revier, Funkal und Sanchez, hätten bei ihm vorbeigeschaut und einige seltsame Fragen über ihrer aller Vergangenheit gestellt. Außerdem haben sie gar schrecklich nach Alkohol gestunken, das habe auch die Flutwelle von Rasierwasser nicht kaschieren können. Ob er, Simon Schweitzer, denn nicht mal bei ihm vorbeikommen könne, er mache sich große Sorgen. Sie verabredeten sich für neun Uhr dreißig.
    Herr Schweitzer hatte Heißhunger auf einen Leberkäs. Das passierte so alle halbe Jahre mal, und hierfür bot sich eine Apfelweinwirtschaft mit Tradition auf der Textorstraße an, die für ihre Hausmannskost allenthalben große Anerkennung genoß. Der Gästeandrang war nicht so immens wie er erwartet hatte, und dementsprechend zeitig war das Mahl auch beendet. So kam er eine halbe Stunde zu früh bei Pfarrer Hollerbusch an.
    Die Abendmesse war noch nicht beendet. Simon Schweitzer setzte sich in die letzte Reihe der Kirchenbänke aus Eichenholz. Durch die bunte Bleiverglasung der gotischen Spitzbogenfenster an den Seitenwänden fiel so viel Licht, daß sich künstlerische Schattenspiele auf dem Steinboden und den Säulen abzeichneten. Von innen wirkte das Kirchenschiff bedeutend größer als es von außen den Anschein hatte. Vielleicht zwanzig einsame Seelen der Gemeinde des Barmherzigen Heilands von Nazareth und Umgebung verloren sich in der Weite des Gelasses. Es gab keine Kanzel. Pfarrer Guntram Hollerbusch stand vorne vor dem Renaissance-Altar in seiner schwarzen Amtstracht und predigte. Herr Schweitzer ging davon aus, daß der Pfarrer sein Kommen bemerkt hatte. Brüderlichkeit und Philanthropie im allgemeinen und in Zeiten zunehmender Angst und Aggressionen war, soweit er das beurteilen konnte, das Thema des heutigen Events. Guntram hatte eine schöne, volltönende Stimme, die selbst in der letzten Reihe noch gut verstanden wurde. Jemand hatte seine Initialen auf die Bibel- und Gesangbuchablage geritzt. Simon Schweitzer schaute sich neugierig um. Religion an sich empfand er als eine Geißel der Menschheit. Wenn er da nur an das Trauerspiel der christlichen Inquisition dachte. Er fühlte sich nicht sonderlich wohl in diesem Gemäuer.
    Die Messe war gesungen, die Schäfchen auf dem Weg in die eigenen vier Wände, und Guntram Hollerbusch hatte sich zu ihm in die Bank gesetzt. „Alle Achtung, Herr Pfarrer. Gemütlich hast du es hier.“
    „Apostel.“
    „Bitte?“
    „In der Gemeinde des Barmherzigen Heilands von Nazareth und Umgebung gibt es keine Pfarrer, das erinnert so an Pfaffen. Wir nennen uns Apostel.“
    „Apostel Hollerbusch. Ist das richtig so?“
    „Genau. Apostel.“
    Herr Schweitzer hätte gerne gegrinst, und wahrscheinlich hatten einige subordinierte Muskeln dies auch schon in die Wege geleitet, doch er riß sich noch rechtzeitig zusammen. Apostel. Waren das nicht die bacchantischen Langhaarigen auf Jesus’ Abschiedsfete? Oder war das jetzt auch wieder Mumpitz? Egal. „Gut. Du hast mich angerufen.“
    „Ja.“ Apostel Hollerbusch brauchte zehn Minuten für seine Schilderung des Besuches der zwei Polizeibeamten und der Fragen, die sie ihm gestellt hatten. Außerdem war er noch nach den Plakaten gefragt worden, die am Fundort der Leiche angebracht waren. „Was hältst du davon?“
    „Bei mir waren sie auch. Haben mich über Karin und dich ausgefragt.“ Es war eine Frage des Stils, ebenfalls alles wahrheitsgemäß zu schildern.
    Simon Schweitzer beobachtete seinen Banknachbarn sehr genau. Guntram hatte den Kopf zwischen den eingesackten Schultern begraben und blickte auf seine Schuhe. „Ach so“, entfuhr es ihm

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