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Simon Schweitzer - immer horche, immer gugge (German Edition)

Simon Schweitzer - immer horche, immer gugge (German Edition)

Titel: Simon Schweitzer - immer horche, immer gugge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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versaut, trank zuviel, konnte die paar Lire für seine billige Bleibe nicht aufbringen, und bettelte schließlich in Rom die Touristen an der Spanischen Treppe um ein paar Almosen an. Aber wegen der allgemeinen Wirtschaftskrise der letzten Jahre gab es plötzlich der Bettler mehr und der Almosen weniger. Da habe er sich gedacht, vielleicht sind die reichen Deutschen da etwas großzügiger, und deswegen sei er wieder hier. Aber er hatte fest vor, nächstes Jahr wieder nach Italien zu gehen, er werde dann bestimmt wieder Arbeit finden. „Ja, so ist das.“
    Ja, so ist das, dachte auch Herr Schweitzer. Nicht viel war geblieben von der einstigen Speerspitze kritischer Aufgeklärtheit und von den Apologeten der einzig wahren Demokratie, für die sie sich alle gehalten hatten. Das System ward nicht durcheinandergebracht, und vom Leben war man allgemein ernüchtert. Klaus-Dieter Schwarzbach war ein totes Arschloch, Daniel Fürchtegott Meister eine gescheiterte Existenz, und er selbst war politisch gesehen ein Nichtsnutz. Nur Guntram Hollerbusch hielt die Fahne der Humanität hoch, wurde aber des Mordes an dem toten Arschloch verdächtigt. „Weißt du noch, früher ...“
    „Ja, früher ...“, Daniel Fürchtegott zerknüllte den Pappbecher, „da war es auch nicht besser. Das meinen wir bloß.“
    „Du hast recht.“
    „Ich muß jetzt wieder ...“ Simon Schweitzer machte ein fragendes Gesicht. „Na ja, ich brauch noch ein bißchen Kohle, damit ich mir morgen meine Flasche Fusel leisten kann.“
    Herr Schweitzer blickte auf die Uhr und zog aus seinem Portemonnaie einen Zwanzigeuroschein hervor. „Hier, nimm. Ich muß jetzt leider gehen, meine Mitbewohnerin hat heute Geburtstag, und ich mach einen auf Kaltmamsell.“
    „Danke dir.“ Daniel Fürchtegott nahm den Schein entgegen. „Und richte deiner Mitbewohnerin herzliche Glückwünsche von mir aus. Kochst du immer noch so gut?“
    „Besser, Daniel. Wie lange bleibst du noch in Frankfurt?“
    „Bestimmt noch ein paar Monate. Die Geschäfte laufen hier ganz gut.“
    „Dann sehen wir uns bestimmt noch.“
    „Bestimmt.“
    Sie erhoben sich von der Bank. Etwas verlegen gaben sie sich zum Abschied die Hand.
    „Mach’s gut.“
    „Du auch.“
    Jetzt galt es aber, sich zu sputen. Laura hatte in der Zwischenzeit gefrühstückt. Herr Schweitzer legte mehrere Rezepte auf den Tisch und überflog nochmals deren Inhalt. Dann leierte er einige jetzt gleich auszuführende Tätigkeiten wie Nudelkochen, Wasser für Reis aufsetzen und Kartoffelschälen herunter. Seine Mitbewohnerin entschied sich einstweilen fürs Kartoffelschälen, da konnte nicht so viel schiefgehen.
    Nach etwa einer Stunde des gemeinschaftlichen Putzens, Schälens, Pressens und Kleinschnippelns kam Simon Schweitzer ein Gedanke. „Du, sag mal, hast du was dagegen, wenn heute abend auch eine Freundin von mir kommt. Ich glaube, es ist genug zu essen da.“
    „Du hast eine Freundin? Seit wann? Komm erzähl.“
    „Nein. Sie ist nicht meine Freundin, sie ist nur eine Freundin. Also?“
    „Na klar, ich wollte schon immer mal sehen, auf was für einen Typ Frau du abfährst.“
    Herr Schweitzer war sich nicht sicher, ob er gerade auf die Schippe genommen wurde. Aber er war froh, daß sich seine Mitbewohnerin in einer ihrer seltenen Phasen der Unkompliziertheit befand. Außerdem hatte er sich die Frage nach dem Frauentyp, auf den er stand, auch schon sehr, sehr oft selbst gestellt. Eigentlich war er diesbezüglich eher bescheiden. Klug mußten sie sein und toll aussehen, das war’s. Nun ja, ein klein wenig Vergötterung und Bewunderung für ihn und seinen Geist waren der Sache sehr förderlich und erleichterten den Frauen den Zugang zu ihm. Das war sowieso klar.
    Um einen nicht allzu aufgewühlten Eindruck zu erwecken, achtelte er die Tomaten in aller, wenn auch nur erzwungener, Gemütsruhe zu Ende, und schob sie in eine der vielen Salatschüsseln auf der Arbeitsplatte. Dann bewegte er sich zum Telefon, wählte Marias Nummer und lud sie zur Party ein. Sie war da, sagte zu und erkundigte sich nach einem geeigneten Geburtstagsgeschenk. Ach, irgendwas halt, lautete Simon Schweitzers präzise Antwort. Frohlockend schwebte er wieder in die Küche, einzig die Gravitation hielt ihn am Boden.
    Im Laufe des Nachmittags gingen noch zwei Anrufe ein. Bei dem ersten handelte es sich um eine Absage, irgend jemandes Kind war erkrankt. Der zweite war Apostel Hollerbusch, der Herrn Schweitzer empört mitteilte, daß man ihm heute

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