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Simsala. Die Geschichte Eines Kleinen Zauberers.

Simsala. Die Geschichte Eines Kleinen Zauberers.

Titel: Simsala. Die Geschichte Eines Kleinen Zauberers. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Dreißig
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seine Linke und strich dann mit der Rechten über die stumpfe Seite der Klinge, als wollte er sie streicheln. Fein sauber schnitt das Messer eine Scheibe nach der anderen, bis der ganze Laib aufgeschnitten war. Erleichtert legte Simsala das Messer fort.
    Frau Reiter lobte ihn. Dann setzten sie sich zu Tisch.
    Ruths Mutter musterte unauffällig den kleinen Gast ihrer Tochter. Sie sah, wie er sich eine Scheibe Brot aus dem Korb nahm und vor sich auf den Teller legte. Dann zögerte er.
    »Butter?«, fragte Ruth und reichte sie ihm. Der kleine Zauberer säbelte ein Stück Butter ab und versuchte, sie mit dem Messer auf seinem Brot zu verteilen, aber es wollte ihm nicht gelingen. Der Klumpen Butter schien sich an einen Fleck zu klammern, und als Simsala ihm mit dem Messer zu Leibe rückte, zerriss das Brot.
    »Soll ich es dir streichen, Simsala?«, bot Frau Reiter ihm an, und der Junge ließ es sich aufseufzend gefallen. »Macht dir dein Vater zu Hause die Brote?«, fragte Ruths Mutter, während sie mit bewundernswerter Leichtigkeit die Butter über die Brotscheibe verteilte und dann eine dicke Lage Quark darüber strich. »Nein«, sagte Simsala, »zu Hause kann ich es allein.« Frau Reiter wunderte sich.
    »Macht ihr es zu Hause so anders als wir?«, erkundigte sie sich.
    »Ganz anders«, bestätigte der kleine Zauberer und nickte. »Dann mach es doch einfach so, wie du es von zu Hause gewohnt bist«, ermunterte Ruths Mutter den Jungen. Simsala schaute sie zweifelnd an. »Das geht doch nicht«, meinte er. »Warum nicht?«
    »Weil es verboten ist«, antwortete der kleine Zauberer. »In der Schule ist das Zaubern ja auch verboten.«
    »Ach so«, sagte Frau Reiter. Dann sagte sie eine ganze Weile gar nichts mehr. Endlich holte sie tief Luft und erklärte: »Simsala, weil du unser Gast bist, ist das hier für diese Zeit dein Zuhause. Hier darfst du also alles so machen, wie du es gewohnt bist. Ich erlaube es dir.«
    »Das ist ja wunderbar«, sagte Simsala und schaute Ruths Mutter dankbar an, »aber ich möchte doch lernen, wie gewöhnliche Menschen alles machen. Wissen Sie, am liebsten würde ich ein ganz gewöhnlicher Junge sein. Dann könnte ich auch leichter rechnen und schreiben, und Herr Martin wäre zufrieden mit mir.«
    »Du musst zufrieden sein mit dem, was du bist, Simsala«, sagte Frau Reiter freundlich, »das andere wirst du dann schon noch lernen.«
    Simsala aß sein Quarkbrot und überlegte, ob er noch eine Portion Grießbrei essen sollte. Da merkte er, dass er schon satt war. Die Zuckerwatte musste schuld daran sein. Auch Ruth war schon satt und plötzlich sehr müde.

Nie wieder Zähneputzen!
    »Ab ins Bett!«, rief Frau Reiter. »Macht euch fertig! Den Abwasch schaffe ich heute allein.« Mit seinen Waschsachen folgte Simsala Ruth ins Bad. Das Einseifen ging ganz leicht. Seine Seife schäumte hervorragend. Das Gesicht des kleinen Zauberers sah aus, als wäre er eben aus einer Schüssel Schlagsahne aufgetaucht. Sie mit Wasser und Waschlappen wieder herunterzubekommen, war nicht mehr ganz so leicht. Es fühlte sich noch ziemlich klebrig an. Da musste er ein wenig mit links nachwischen. Ruth konnte es auch ohne links.
    Ganz schwierig aber wurde es für den kleinen Zauberer beim Zähneputzen. Als er Ruths Zahnbürste sah, hatte er seine plötzlich doch nicht vergessen, sondern zog eine aus seinen Waschsachen heraus, die derjenigen des Mädchens zum Verwechseln ähnlich sah.
    Aber als er die Zahnpasta aus seiner Tube zum Putzen verwenden wollte, lachte Ruth ihn einfach aus. »Mit Himbeermarmelade kriegst du doch deine Zähne nicht sauber«, stellte sie fest.
    »Zu Hause schon«, murmelte Simsala, ließ es sich aber gefallen, dass sie diesmal Ruths Zahnreme benutzten.
    Die Paste schmeckte schlimm. Das Kratzen der Borsten an den Zähnen war kaum zu ertragen. Der Schaum, der ihm aus dem Mund floss, war grässlich. Simsala war fest entschlossen, morgen seine Zahnbürste verloren zu haben. Heute Abend aber bestand Ruth darauf, dass er wie sie drei Minuten lang an den Zähnen herumschrubbte. Der kleine Zauberer fühlte sich ganz erledigt. »Vielleicht ist es doch zuviel verlangt, ein gewöhnlicher Junge werden zu wollen«, dachte er bei sich. Als er aber in seinem warmen Schlafanzug unter der Bettdecke lag und Ruths Mutter ihnen noch eine Geschichte vorlas, meinte Simsala, dass er es noch einmal probieren sollte mit dem Ganzgewöhnlichsein trotz Zähneputzens. Wie die Geschichte zu Ende ging, erfuhr der kleine Zauberer

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