Simsala. Die Geschichte Eines Kleinen Zauberers.
mit links.«
Ruth schüttelte den Kopf und wunderte sich. Aber sie wusste ja schon, dass das bei Simsala zu Hause eine reine Männerwirtschaft war. Vielleicht lag es daran. Das Mädchen spielte allein mit den Puppen. Simsala saugte den Flur.
Plötzlich hörte Ruth den Staubsauger merkwürdig aufjaulen und lief, um nachzusehen, ob etwas passiert war. Sie sah Simsala in einer dichten Staubwolke stehen, die sich langsam auf alle Sachen im Flur niedersenkte.
Die Schnur des Staubsaugers hielt er aufgerollt in der Hand. Dem kleinen Zauberer schien der viele Staub nichts auszumachen. Er stand da und lachte. »Wenn er andersherum läuft«, rief er, »spuckt er alles wieder aus. Das ist ja lustig.« Ruth fand das überhaupt nicht.
»Wenn meine Mutter kommt, wird sie aber böse sein über all den Dreck«, warnte sie.
»Ach, bis dahin ist der doch weg«, beruhigte sie Simsala. »Aber sag mal, wofür hat der Staubsauger diesen Schwanz?«, fragte er und wies neugierig auf das Kabel in seiner Hand.
»Den tut man in die Steckdose«, antwortete Ruth, »und dann saugt man.«
Sie schaute Simsala verdattert an.
»Du hast doch schon gesaugt«, sagte sie, »hast du das Kabel denn nicht -?«
»Ist das verboten?«, fragte Simsala beschämt zurück, »ich wusste es nicht, Ruth.«
Da hörten sie plötzlich einen Schlüssel im Türschloss. »Meine Mutter kommt«, rief Ruth, und im Augenblick war sie darüber gar nicht froh, »die mag Ordnung auch lieber als diesen Staub.«
»Welchen Staub meinst du, Ruth?«, fragte der kleine Zauberer scheinheilig und machte eine schnelle Wischbewegung mit der Linken. »Ich finde es recht ordentlich bei euch.«
Das fand auch Frau Reiter.
Dass Simsala sich nach dem Essen gleich mit dem Staubsauger ans Werk gemacht hatte, fand sie sehr lobenswert.
Und als Ruth ihr dann noch erzählte, dass Simsala auch Pfannkuchen gebraten hätte und die Küche schon wieder aufgeräumt wäre und gar nicht nach angebranntem Fett röche, schlug sie vor Verwunderung die Hände zusammen. »Ich hätte ja nie im Leben geglaubt, dass kleine Jungen sich schon so nützlich machen könnten«, rief sie aus. »Ich habe aber auch eine Überraschung für euch«, fügte Frau Reiter hinzu und kramte aus ihrer Handtasche einen Umschlag hervor.
»Den hat mir Herr Rössner gegeben«, sagte sie, »und er hat mir aufgetragen, ihn bei euch zu entschuldigen. Er lässt euch ausrichten: Hätte er gewusst, dass Ruth einen kleinen Gast mitbringen wollte, hätte er lieber trockenes Brot gegessen, als sich von mir bekochen zu lassen. Und dies sendet er als Wiedergutmachung.« Neugierig guckten die Kinder in den Umschlag. Es waren drei kleine gelbliche Pappkärtchen darin, die mit schwarzer Schrift bedruckt waren.
»Was steht da, Mutter?«, fragte Ruth aufgeregt. »Das erste Wort fängt mit Z an.«
»Und dieses erste Wort heißt Zirkus«, erwiderte Frau Reiter, »Herr Rössner hat uns Eintrittskarten für den Zirkus Bimborum geschenkt. Was haltet ihr davon?« Die Kinder hielten davon, dass sie sich unbedingt an den Händen nehmen und wild den Flur entlanghüpfen mussten.
»Wann gehen wir?«, fragte Ruth, als sie außer Atem wieder vor ihrer Mutter stand.
»Heute Nachmittag, sobald ihr mit den Hausaufgaben fertig seid.«
Da saßen Ruth und Simsala augenblicklich über ihre Schulhefte gebeugt und überlegten Wörter mit Z. Simsala überlegte drei, Ruth überlegte zehn.
»Die tollsten Sachen fangen alle mit Z an«, verkündete das Mädchen plötzlich, »Zirkus, Zauberer -«
»Zahnweh«, fügte Simsala trocken hinzu und verzog das Gesicht.
»Zimtochse«, war alles, was Ruth darauf erwiderte, und auch das begann mit einem Z.
Frau Reiter prüfte, was die Kinder geschrieben hatten, und Simsala genoss es, dass jemand seine Hausaufgaben nachschaute. Sein Vater Abra Kadabra Bim tat das nie, obwohl er sehr gut schreiben konnte. »Gib dem Zucker noch ein C«, sagte sie dann liebevoll zu dem Jungen. »Zauberer und Zirkus hast du richtig geschrieben.«
Simsala dachte stolz an die drei goldenen Sternchen, die ihm schon so gut wie sicher waren, und überlegte, ob er noch weitere Wörter aufschreiben sollte. Aber da klappte Ruth ihr Heft zu und sprang auf. Zirkus war jetzt wichtiger.
Im Zirkus Bimborum
An Frau Reiters Hand fühlte Simsala sich auf der Straße noch dreimal sicherer als an Ruths Seite. Trotzdem schlug ihm das Herz schneller, solange die Autos an ihnen vorüberflitzten.
Zum Glück war der Weg zum Zirkus Bimborum nicht weit. Schon
Weitere Kostenlose Bücher