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Simulacron-Drei

Simulacron-Drei

Titel: Simulacron-Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel F. Galouye
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Stadt. Vor der graziösen Wölbung der Plexikuppel bot Dorothy ein sanftes, freundliches Bild, voll Lebenskraft und Eifer. Ihr Haar, das im Widerschein der Armaturentafel schimmerte, umrahmte ein zugleich vielsagendes und besorgtes Lächeln.
    »Nun«, sagte sie, ihre herrlich gerundeten Schultern hebend, »soll ich einen Plan vorschlagen oder haben Sie selbst Ideen?«
    »Hat Collingsworth Sie herbeigerufen?«
    Sie nickte.
    »Er findet, daß Sie Aufmunterung brauchen.« Sie lachte. »Und dafür bin ich genau die Richtige.«
    »Scheint eine interessante Therapie zu sein.«
    »Oh, und wie!«
    In ihren Augen glitzerte spöttische Hingabebereitschaft.
    Dann wurde sie ernst.
    »Doug, wir haben beide unsere Aufgabe. Es ist ja nicht schwer zu erkennen, daß ich dafür zu sorgen habe, Sie in der Tasche unseres Großen Kleinen festzuhalten. Aber ich wüßte nicht, warum wir uns nicht gleichzeitig amüsieren sollten. Einverstanden?«
    »Einverstanden.«
    Ich nahm ihre Hand.
    »Was steht auf dem Programm?«
    »Wie wäre es mit etwas – wirklich Interessantem?«
    »Zum Beispiel?« fragte ich vorsichtig.
    »Ein oder zwei Stromstöße zur Hirnrindenreizung.«
    Ich lächelte sie duldsam an.
    »Machen Sie doch nicht so ein reserviertes Gesicht! Das ist nicht verboten.«
    »Ich hab’ Sie nicht für einen Menschen gehalten, der so etwas nötig hat.«
    »Das bin ich auch nicht.« Sie tätschelte meine Hand. »Aber Dr. Collingsworth meint, Sie könnten das brauchen, mein Lieber.«
    Der ›Kortikal-Club‹ war ein bescheidenes, einstöckiges Gebäude zwischen zwei riesigen Obelisken aus Beton und Glas am Nordrand der Innenstadt. Draußen tobten Teenager durcheinander, taumelten von Zeit zu Zeit gegen ihre am Straßenrand geparkten Flug-Cabriolets und stürmten immer wieder auf die fast verlassenen Verkehrsbahnen hinaus. Früher oder später würden sie ihr Geld zusammenlegen und eine Riesenreizungssitzung für einen ausgewählten Angehörigen ihrer Gruppe finanzieren.
    Drinnen im Warteraum saßen die Klienten mit geduldiger Höflichkeit herum und lauschten der Musik oder tranken sich zu. Es waren fast nur ältere Frauen, verlegen, zugleich aber aufgeregt. Wenige, einschließlich der Männer, waren jünger als fünfunddreißig. Ein weiterer Beweis für die Tatsache, daß junge Erwachsene eine solche Flucht vor der Wirklichkeit nicht nötig hatten.
    Wir warteten nur so lange, bis Dorothy der Hostess mitgeteilt hatte, daß wir an der dreimal so teuren Zwei-Personen-Schaltung interessiert waren.
    Ohne Verzögerung wurden wir in eine luxuriös ausgestattete Nische geführt. Omniphone Musik verlor sich an teuren Gobelins. Angenehme Gerüche hingen schwer in der warmen Luft.
    Wir ließen uns auf der samtüberzogenen Couch nieder, und Dorothy legte sich in meinen Arm. Der Duft ihres parfümierten Haars stieg mir in die Nase. Die Bedienstete ließ das Kopfpolster herunter und schob die Kontrollschalttafel zu Dorothy herüber.
    »Entspannen Sie sich und überlassen Sie alles der kleinen Dotty«, sagte sie und griff nach den Knöpfen.
    Augenblicklich spürte ich das Prickeln des Stromes aus Dutzenden von Elektroden, die sich auf die Hirnrindenzentren einstellten. Das Zimmer, die Gobelins, die Gerüche, alles wurde weggefegt wie Nebelfetzen von einem Sturm.
    Zarter, azurblauer Himmel dehnte sich über uns, umhüllte ein sanftbewegtes, smaragdgrünes Meer, das mit beruhigender Monotonie gegen einen schimmernd weißen Sandstrand anrollte. Das Wasser hob mich hoch, nahm mich mit hinunter, in träger, schwankender Bewegung, bis meine Zehen den gewellten Boden berührten. Es war keine Illusion. Es war wirklich. Die Echtheit der Erfahrung ließ sich nicht bezweifeln, obwohl sie lediglich erregten Halluzinationszentren entsprang. Die Hirnrindenreizung hatte tatsächlich solch eine Wirkung.
    Hinter mir hörte ich silbriges Lachen und auf dem nächsten Wellenberg drehte ich mich um – und eine Flut spritzte mir ins Gesicht. Dorothy schwamm davon, entwand sich meinem Griff. Ich schwamm ihr nach, und sie tauchte nach unten, die vom Sonnenglanz umhüllte Nacktheit ihres Körpers darbietend. Wir schwammen unter Wasser, und einmal kam ich nahe genug heran, um sie am Knöchel zu fassen, bevor sie sich losriß und wieder davonglitt, ein graziöses Meeresgeschöpf.
    Ich tauchte an die Oberfläche und spuckte Salzwasser aus. Und da war Jinx Fuller, am Strand, aufgeregt und besorgt aufs Meer hinausschauend. Der Wind ließ ihren Rock flattern und verwirrte ihr Haar.

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