Simulacron-Drei
Ich wiederholte lediglich Sätze, die mir Fuller im Lauf der Jahre mit grenzenloser Begeisterung an den Kopf geschleudert hatte. Ich konnte nur hoffen, daß ich sie mit einer Ehrlichkeit, die der seinen vergleichbar war, an den Mann brachte.
»Der Simulator«, zog ich das Fazit, »wird uns den Weg zum Goldenen Zeitalter weisen. Er wird uns klarmachen, wie der sterbliche Geist von den letzten Überresten seines tierischen Ursprungs gereinigt werden kann.«
Siskin ließ keine Pause entstehen.
»Bevor Sie uns mit Ihren Fragen überfallen, möchte ich einige der nicht so glamourösen Einzelheiten aufklären. Erstens, unser Konzern hat dieses Unternehmen begonnen, um Geld zu verdienen. Ich habe aber schon vor langer Zeit auf dieses Motiv verzichtet. Es kommt mir darauf an, die Energie unserer ganzen Organisation dem Bemühen zu widmen, die in Mr. Halls Simulator gesetzten Erwartungen voll und ganz zu erfüllen.«
Ich ließ es zu, daß er sich festlegte. Wenn es an der Zeit war, brauchte ich die Verschwörung nur aufzudecken.
»Die TEAG«, sagte er ernst, »wird auch eine kommerzielle Funktion haben. So sehr ich es bedaure, es läßt sich nicht anders machen. Wir können natürlich um staatliche Unterstützung nachsuchen. Aber, meine Herren, Sie müssen sich darüber im klaren sein, daß diese neue, großartige Stiftung niemandem verpflichtet sein darf. Sie muß über allem stehen.«
Einer der Reporter fragte: »Was meinen Sie mit kommerzieller Funktion?«
»Ganz einfach folgendes: Der Simulator wird die beträchtlichen Summen für die Erfüllung seiner humanitären Arbeit verdienen müssen. Die TEAG hat daher kommerzielle Verträge über Verhaltensvoraussagen zu akzeptieren. Aber nur ein Minimum. Nur so viele, wie nötig sind, um das jährlich zu erwartende Defizit auszugleichen – ein Defizit, das trotz der Tatsache eintreten wird, daß ich die Stiftung sofort mit zusätzlichen zweihundertfünfzig Millionen bedenke.«
Die Presseleute waren sehr beeindruckt. Gleichzeitig zog sich die Schlinge um den Hals Siskins enger.
Die nächste halbe Stunde beantworteten wir Fragen.
Man konnte deutlich erkennen, daß Siskin keinen Platz für Skepsis gelassen hatte. Nachdem die Leute gegangen waren, führte Siskin einen Indianertanz auf und fiel mir schließlich um den Hals.
»Sie waren großartig, mein Junge, großartig!« rief er. »Ich hätte es nicht halb so gut machen können!«
Bis zum nächsten Tag hatten sich die Schleusen geöffnet, und auf Siskins Ankündigung hin eine gewaltige Flut der öffentlichen Meinung anschwellen lassen. Und unter all den Fernsehsendungen, den Kolumnen und grundsätzlichen Stellungnahmen war nicht eine einzige Stimme der Ablehnung zu hören. Ich hatte noch nie erlebt, daß die Öffentlichkeit so überwältigt gewesen war, wie bei Siskins ›grandiosem humanitären Bemühen‹.
Noch vor der Mittagsstunde waren lobende Resolutionen vom Stadtrat und dem Repräsentantenhaus des Staates verabschiedet worden. Auf Bundesebene wurde eine entsprechende Entschließung im Kongreß vorbereitet.
Mit der Plötzlichkeit einer Lawine schlug man neue Organisationen als Verbündete des ›edlen Bemühens‹ vor. Zwei Massenversammlungen am Abend lockten zwei verschiedene Gruppen von Begeisterten an, die sich die wohltönenden Namen ›Simulektronik-Samariter-GmbH‹ und ›Morgen – der ganze Mensch‹ einfallen ließen. Es wäre wohl schwer gewesen, jemanden zu finden, der nicht von reinem Idealismus beseelt war. So gut hatte der Trick gewirkt.
Der Verband der Test-Interviewer spürte den Umschlag der öffentlichen Meinung zugunsten der TEAG und verringerte die Anzahl der Demonstranten auf bescheidene zehn Mann. Aber trotzdem wurde das Polizeikommando verstärkt, um sie vor den Wutausbrüchen der Siskin-Anhänger zu schützen. Was mich selbst betraf, so schwamm ich auf dem Wellenberg der Begeisterung, nachdem ich aus den Tiefen des Zweifels hochgeklettert war. Dank Collingsworths Rat waren nicht nur meine persönlichen Probleme gelöst, mein Triumph über Siskin und die Partei schien auch unaufhaltsam zu sein.
Ausgerüstet mit dem öffentlichen Beweis für meine Rückkehr in die Normalität rief ich Jinx am nächsten Nachmittag an, um mich mit ihr zum Essen zu verabreden. Und obwohl sie von dem humanitären Kurs, den Siskin für die TEAG bestimmt hatte, wenig beeindruckt zu sein schien, nahm sie meine Einladung ohne Zögern an. Aber ich wurde das unangenehme Gefühl nicht los, daß sie es nicht
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