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Simulacron-Drei

Simulacron-Drei

Titel: Simulacron-Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel F. Galouye
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Wochen nicht.« Sie nickte, bevor ich protestieren konnte. »Gewiß – du hast sie seit Jahren gekannt. Aber das sind nur die Wirkungen der Umprogrammierung. Schau, damals sind zwei Dinge gleichzeitig geschehen. Dr. Fuller erkannte die wahre Natur seiner Welt, und wir oben begriffen Fullers Simulator als eine Komplikation, die beseitigt werden mußte. Wir beschlossen, einen Beobachter hierher zu schicken, der alles im Auge behalten konnte.«
    »Wir? Wen meinst du damit?«
    Sie sah mich kurz an.
    »Die Simulektronik-Ingenieure. Ich bin als Beobachterin ausgewählt worden. Durch Reprogrammierung haben wir die Illusion geschaffen, daß Fuller eine Tochter hatte.«
    »Aber ich kannte sie doch schon, als sie noch ein Kind war!«
    »Jeder – jedes Reaktions-Subjekt – erinnert sich an sie als Kind. Nur so konnten wir meine Anwesenheit hier rechtfertigen.«
    Ich aß weiter.
    Sie sah zum Fenster hinaus.
    »Bis zum Morgen sind noch ein paar Stunden. Bis dahin kann uns nichts geschehen.«
    »Warum?«
    »Selbst der ›Steuermann‹ kann nicht vierundzwanzig Stunden am Tag durchhalten. Diese Welt hat die gleiche Zeitbasis wie die echte.«
    Gleichgültig, wie man es drehte und wendete, sie mußte aus einem von zwei Gründen hier sein: Entweder um dem ›Steuermann‹ bei der Vernichtung von Fullers Simulator zu helfen, oder um mich endgültig zu beseitigen. Eine dritte Möglichkeit gab es nicht. Denn ich konnte mich in einer analogen Situation vorstellen – beim Abstieg in die unechte Welt von Fullers Simulator. Dort unten würde ich mich als Projektion einer wirklichen Person betrachten, im Gegensatz zu den Analog-Subjekten um mich herum. Und es wäre mir unmöglich, ein Interesse für die bedeutungslosen Angelegenheiten dieser fiktiven Geschöpfe aufzubringen.
    »Was hast du vor?« fragte ich rundheraus.
    »Ich möchte bei dir sein, Liebling.«
    Liebling? Für wie naiv hielt sie mich eigentlich? Sollte ich etwa glauben, daß eine wirkliche Person in eine Reaktionseinheit – einen simulektronischen Schatten – verliebt sein konnte?
    Scheinbar entsetzt schlug sie die Hände vors Gesicht.
    »Aber Doug, du weißt ja nicht, wie brutal der da oben ist!«
    »O doch«, sagte ich bitter.
    »Ich ahnte nicht, was er trieb, bis ich gestern die Empathieverbindung mit dir einging. Dann sah ich, was er vorhatte. Schau, er hat absolute Macht über diesen Simulator, über diese Welt. Da fühlt man sich beinahe als Gott. Jedenfalls muß er auf diese Idee verfallen sein.«
    Sie schwieg und starrte zu Boden.
    »Am Anfang hat er es wohl ehrlich gemeint, als er die Vernichtung von Fullers Simulator einprogrammieren wollte. Es blieb ihm nichts anderes übrig, denn wenn Fullers Anlage eingesetzt werden konnte, wäre hier kein Platz mehr für unser Meinungsforschungssystem – die Test-Interviewer – gewesen. Zunächst wollte er sicher auch auf humane Weise diejenigen Reaktionssubjekte beseitigen, denen die wahre Natur dieser Welt aufging. Als du dahinterkamst, versuchte er dich umzubringen – schnell und methodisch. Aber dazwischen geschah irgend etwas. Er begann wahrscheinlich zu erkennen, wieviel Spaß es ihm machte, dich nach seiner Pfeife tanzen zu lassen. Und plötzlich wollte er dich nicht mehr beseitigen, jedenfalls nicht mit besonderer Hast.«
    Nachdenklich meinte ich: »Collingsworth sagte, er könne verstehen, wie Simulektroniker dazu kämen, sich als gottähnliche Wesen zu betrachten.«
    Sie starrte mich durchdringend an.
    »Vergiß aber nicht – als Collingsworth mit dir sprach, war er vom ›Steuermann‹ dazu programmiert worden, genau das zu sagen.«
    Ich aß noch ein paar Bissen und schob das Tablett beiseite.
    »Erst gestern wurde mir klar, daß er sein Problem hätte jederzeit lösen können, soweit du betroffen warst, indem er dich einfach umorientiert hätte. Aber nein. Es war ja viel zu interessant, dich an Fullers Geheimnis herankommen zu lassen, dich wieder abzulenken, dich die ganze Zeit auf ein Schicksal hinlenkend, das er für Collingsworth vorgesehen hatte.«
    »Du glaubst doch nicht, daß er mich auch verstümmeln…«
    »Ich weiß es nicht. Man kann einfach nicht sagen, was er tun wird. Deshalb muß ich hier bei dir bleiben.«
    »Was könntest du tun?«
    »Vielleicht nichts. Wir können nur abwarten.«
    Sie schlang die Arme um mich.
    Erwartete sie, daß ich ihr glaubte, sie wollte wirklich aus Mitleid bei mir bleiben, weil jemand dort oben Lust verspürte, mich zu foltern? Nun, ich konnte ihr jederzeit den Boden

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