sind immer dagegen
niemand vermisste sie. Als sie jedoch am Abend auch nicht zur Arbeitsgemeinschaft erschien, wurde Hanni ausgeschickt sie zu suchen. Hanni schaute sich überall nach ihr um und fand sie schließlich in einem abgelegenen, kalten Musikzimmer.
„Suse, was machst du denn hier?“, fragte Hanni. „Hast du die Arbeitsgemeinschaft vergessen?“
Suse rührte sich nicht. Sie sah krank aus.
„Ist dir nicht gut?“, fragte Hanni. „Soll ich dich zur Hausmutter bringen? Was ist nur los mit dir?“
„Nichts“, sagte Suse abweisend.
„Warum sitzt du dann hier in der Kälte?“, fragte Hanni weiter. „Komm, sei nicht albern. Wenn du nicht krank bist, geh mit zur Arbeitsgemeinschaft. Frau Roberts ist schon ganz schön sauer.“
„Ich gehe nicht mit“, beharrte Suse. „Nach dem, was Jenny gesagt hat, kann ich euch nicht mehr gegenübertreten.“
„Na, komm schon! Nimm doch Jenny nicht so ernst!“ Hanni war nun doch etwas in Sorge. „Du weißt ja, wie leicht sie in Wut gerät. Sie sagt dann Dinge, die sie überhaupt nicht so meint; sie hat sicher längst wieder alles vergessen.“
„Sie sagte nicht Dinge, die sie nicht meinte. Das ist der springende Punkt“, erwiderte Suse mit der gleichen ruhigen und ziemlich sonderbaren Stimme. „Sie sagte genau das, was sie meinte. Wie ich diese Jenny hasse!“
„Ist das nicht ein bisschen übertrieben? Gewiss, Jenny ist schrecklich aufbrausend und ungeduldig, aber doch auch wieder sehr freundlich. Sie wollte dich nicht wirklich kränken. Schau, du bist sicher überreizt. Geh mit mir zur Hausmutter. Vielleicht hast du Fieber.“
„Lass mich allein“, sagte Suse widerspenstig und blieb auf ihrem Stuhl sitzen. Schließlich musste Hanni gehen, ohne dass sie etwas erreicht hatte. Sie war unruhig. Hanni konnte sich gut vorstellen, wie jemandem zumute war, den man in aller Öffentlichkeit bloßgestellt hatte. Was sollte sie nur tun? Sollte sie es Frau Roberts erzählen?
Auf dem Weg zum Klassenzimmer kam sie am Arbeitsraum der Vertrauensschülerin vorbei. Die Tür war ein wenig offen und Hanni konnte Winifred James erkennen, die sich über ein Buch beugte.
Hanni zögerte einen Augenblick und da kam ihr ein guter Gedanke.
Sie wollte Frau Roberts nichts von dem Streit sagen. Aber sie konnte doch Winifred um Rat fragen. Irgendetwas musste wegen Suse getan werden.
„Hallo! Ist was passiert?“, fragte Winifred, als sie Hanni vor sich stehen sah. „Solltest du nicht in deiner Arbeitsgemeinschaft sein?“
„Ja, das sollte ich“, sagte Hanni. „Aber Frau Roberts hat mich fortgeschickt, um jemanden zu suchen. Es ist ein Mädchen aus meiner Klasse und ich mache mir ziemlich Sorgen um sie. Mit Frau Roberts möchte ich nicht darüber sprechen. Kann ich es vielleicht mit dir?“
„Natürlich, aber erzähle mir bitte keine Klatschgeschichten!“
„Wie kommst du da drauf, Winifred!“, meinte Hanni. „Ich petze nie. Ich habe mich nur daran erinnert, dass du und dieses Mädchen aus der gleichen Stadt stammen. Deshalb dachte ich, du könntest mir einen Rat geben.“
„Das hört sich sehr geheimnisvoll an.“ Winifred wurde neugierig. „Um was handelt es sich denn?“
Hanni berichtete von dem Streit, sie erzählte, wie er begonnen und wie er sich entwickelt hatte.
„Und jetzt sieht Suse so seltsam und krank aus“, sagte sie. „Ich glaube, dass mehr dahintersteckt als Ärger oder Kummer um diesen albernen Streit.“
Winifred hörte ganz ruhig zu. „Ich bin froh, dass du zu mir gekommen bist“, sagte sie. „Ich bin nämlich der einzige Mensch hier, der über Suse Bescheid weiß. Du bist ein vernünftiges Mädchen, Hanni, deshalb werde ich dir einiges erklären. Und vielleicht können wir beide Suse dann helfen.“
„Hoffentlich“, meinte Hanni. „Ich mag sie zwar nicht sonderlich, aber ich kenne sie vielleicht zu wenig. Sie versteckt sich nämlich immer hinter ihrem Hochmut und ihrer Protzerei. Ich glaube, du verstehst, was ich meine. Aber jetzt ist sie schrecklich unglücklich und ich kann das nicht mit ansehen.“
Winifred nickte und begann dann zu erzählen. „Suses Eltern waren einmal sehr arm“, begann sie. „Ihre Mutter war die Tochter unseres Gärtners und ihr Vater besaß eine Art Ladengeschäft. Er verdiente viel Geld und wurde schließlich sogar reich, so reich, dass Suses Eltern bald zur so genannten besseren Gesellschaft gehörten. Sie haben Autos und alles, was man sich nur denken kann. Sie schicken Suse in die besten Schulen, um eine Dame aus ihr
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