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Sind wir nun gluecklich

Sind wir nun gluecklich

Titel: Sind wir nun gluecklich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bai Yansong
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folgenden Reportagen »Yansongs Blick auf Amerika« an. Ich weiß noch, wie ich sagte: »Und wenn unser Gegenüber uns auch nur einen einzigen positiven Aspekt zu bieten hat, werden wir uns dem zuerst widmen und dann weitersehen.« Obwohl unsere Reportagen sich vorgeblich mit Japan oder mit den USA beschäftigten, ging es uns dabei letztlich um China, um unseren Weg in die Zukunft.
    Unter diesen Prämissen blieb, abgesehen von historischen Fragen, noch das Thema der Altersvorsorge in Japan. In China lag der Anteil der über Sechzigjährigen an der Bevölkerung zu diesem Zeitpunkt zwar nur bei 13 Prozent, dennoch zeigten sich erste Probleme der Altersarmut. Japan hingegen verzeichnete für Rentner über 65 Jahre einen Anteil von mehr als 20 Prozent an der Gesamtbevölkerung, und Prognosen sagen sogar voraus, dass ihr Anteil im Jahr 2050 auf 40 Prozent steigen wird. Die Gesellschaft wird also stark überaltern. Was immer Japan angesichts dieser Tatsache unternimmt, kann uns als Beispiel für den Umgang mit der Überalterung der Gesellschaft dienen.
    Weitere Themen waren die Mülltrennung in Japan, Müllverbrennung und Umweltschutz, Japans Katastrophenschutz und Präventivmaßnahmen, die Wahrung der kulturellen Traditionen, die Ästhetik des japanischen Essens … all das integrierten wir in unseren Drehplan. Wir hätten selbst nicht erwartet, dass Themengebiete wie der Katastrophenschutz, die Abfallbeseitigung oder der Umweltschutz nur wenig später in China einen so großen Stellenwert einnehmen sollten.
    Einige Jahre später wurde ich gefragt, warum ich damals eigentlich nicht den negativen Aspekten der japanischen Gesellschaft nachgegangen sei. Bei den Programmen des japanischen Nachrichtensenders NHK über China zum Beispiel werde über viele Schattenseiten berichtet. Ich hatte mir das durchaus überlegt, und natürlich weiß ich, dass es in Japan viele Probleme gibt, angefangen bei der hohen Selbstmordrate bis hin zur Perspektivlosigkeit der japanischen Jugend, aber für mich schien es für das gegenwärtige China wichtiger, nach positiven Vorbildern für die Lösung unserer Probleme zu suchen. Ich hatte auch kein Interesse daran, die Fehler und Mängel anderer aufzudecken, um einer selbstgenügsamen Haltung Nahrung zu geben, die gern sagt: »Seht nur, die anderen machen es auch nicht besser.« Wir haben wirklich genug Probleme. Es ist konstruktiver, uns einen Spiegel mit Lösungsansätzen vorzuhalten, um unseren Problemen entwachsen zu können.
    Der Yasukuni-Schrein und die Last der Geschichte
    Wenn es um die chinesisch-japanische Geschichte geht, kommt man um die Yasukuni-Problematik nicht herum.
    Erst wenn man den Schrein persönlich in Augenschein genommen hat, stellt man fest, dass es de facto zwei Schreine gibt. Einmal sind da die äußeren Gärten mit diversen architektonischen Ensembles, schön wie eine Chrysantheme. Und dann gibt es den inneren Bereich, der die Legitimation des absurden japanischen Geschichtsbilds darstellt, teuflisch wie ein Messer.
    Die Japaner glauben, dass man nach dem Tod zu einem Geist wird, deshalb gibt es überall Schreine für die Geister als Kultstätten der Ahnenverehrung. Dazu gehört auch der Yasukuni-Schrein.
    Über dem Eingangstor zu diesem Schrein findet sich eine überdimensionierte Chrysantheme. Wer Japan kennt, weiß, dass dieses Symbol der kaiserlichen Familie vorbehalten ist. Auch der Yasukuni-Schrein genießt diesen Status.
    Im Jahr 1978 wurden unter anderem vierzehn vom ostasiatischen Militärtribunal als Kriegsverbrecher der Kategorie A zum Tode verurteilte japanische Offiziere in das Seelenregister des Schreins eingetragen und dort seitdem als sogenannte »Heldenseelen« (japanisch eirei ) verehrt. Dazu gehörten auch General Hideki Tojo, der die japanische Aggression gegen China leitete, und Matsui Iwane, unter dessen Kommando 1937 das Massaker von Nanjing verübt wurde. Seither hat sich die Bedeutung dieses Shinto-Schreins für die Asiaten verändert, von der religiösen Kultstätte wurde er zu einem wesentlichen Symbol der Geschichtsverdrehung durch die Japaner, zumindest einer Gruppe von Japanern.
    Wir erhielten problemlos eine Drehgenehmigung, damit zusammenhängende Interviews wurden jedoch abgelehnt. In einer schriftlichen Antwort teilte man uns stattdessen mit:
    »Die Zahl der Besucher der Gärten des Schreins übertraf im vergangenen Jahr fünf Millionen Besucher, das entspricht natürlich nicht der Zahl derjenigen, die einen offiziellen Besuch im inneren

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