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Sind wir nun gluecklich

Sind wir nun gluecklich

Titel: Sind wir nun gluecklich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bai Yansong
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ein Lied auf die »Verlierer«, und ich, in meinem naiven Selbstverständnis als Nachfahre der »Sieger«, begann zum ersten Mal, diese Verlierer wahrzunehmen und zu respektieren. Zumindest machte ich einen Anfang, indem ich ihre Geschichten aufmerksam las und dabei in mich hineinlauschte.
    In dieser Nacht erkannte ich auch die Verbindungslinie zwischen beiden Seiten der Taiwanstraße deutlicher als je zuvor.
    Taiwan ist für uns in der Volksrepublik oft nur ein Gegenstand der Empörung oder der Träumereien. Haben wir schon einmal Gedanken an das wirkliche Taiwan verschwendet, gewissenhaft dem traurigen, dem unterdrückten, dem aufstrebenden und dem selbstbewussten Taiwan gelauscht?
    Erst als ich die Gelegenheit hatte, mir diesen anderen, menschlichen Blickwinkel anzueignen, änderte sich meine Einschätzung von dem, was Sieg und Niederlage ist. Ich las die Geschichte Taiwans wie neu, als Geschichte einer isolierten Insel, die in der Vergangenheit viel Leid durchgemacht hat. Ich erfasste die Bedeutung von Luo Dayous Lied »Das Waisenkind Asiens« und die Verbitterung, die aus den Werken von Autoren wie Chen Yingzhen sprach.
    Wenn beide Ufer von dem aussichtslosen Versuch ablassen, auf eine Politik der schnellen Erfolge und der militärischen Einigkeit zu setzen, und stattdessen den Weg der menschlichen Verständigung und der Suche nach ihrer Seelenverwandtschaft gingen, wäre das zwar nicht ganz einfach, würde aber eine wesentlich dauerhaftere und stabilere Verbindung schaffen. Wenn die Volksrepublik in den kommenden Jahren einen wohlwollenden Austausch mit Taiwan sucht und Taiwan seinerseits die Interessen der einfachen Bevölkerung im Auge behält, werden beide Seiten davon unermesslich profitieren. Wer ein großer Bruder sein will, muss Größe zeigen. In Taiwan gibt es eine Minderheit, die die Unabhängigkeit der Insel fordert, und eine Minderheit, die die Wiedervereinigung mit dem Festland will. Die Mehrheit aber möchte abwarten und in Ruhe abwägen, was das Herz sagt, was wirklich für das eigene Leben zählt und was die Zukunft bringen kann. Das ist ein langsamer Prozess, aber ich bin hier absolut nicht pessimistisch. Ideale, von denen man zunächst nicht zu sprechen wagt, werden plötzlich Wirklichkeit. Wir haben jetzt den »dreifachen Austausch«, aber viel entscheidender ist der menschliche Austausch. Taiwan, eine kleine Insel, ist de facto eine große Bühne, auf der die Weisheit der Chinesen auf dem Prüfstand steht.

    18 Xindang, die Neue Partei (CNP), wurde 1990 gegründet und ist eine Abspaltung des konservativen Flügels der KMT. Sie ist gegen die Unabhängigkeit Taiwans und für den Dialog mit der Volksrepublik China.
    19 Zhang Daqian (1899–1983) war ein international bekannter chinesischer Landschaftsmaler.
    20 Der »dreifache Austausch« von Post, Verkehr und Handel zwischen beiden Seiten der Taiwanstraße wurde seit den neunziger Jahren von der Volksrepublik gefordert und ist mit dem Politikwechsel auf Taiwan im vergangenen Jahrzehnt schrittweise umgesetzt worden.
    21 Teresa Teng oder Deng Lijun (1953–1995) war eine in ganz Asien und darüber hinaus gefeierte taiwanesische Schlagersängerin. Sie hat die Volksrepublik China nie besucht. Nach ihrem Tod erhielt sie in Taipei ein Staatsbegräbnis.
    22 Cheng Yen oder Zheng Yan, geboren 1937, ist eine buddhistische Nonne, die wegen ihrer karitativen Arbeit und Lehre auch »Mutter Teresa Asiens« genannt wird.
    23 Am Tag vor den Präsidentschaftswahlen auf Taiwan 2004 wurde gegen den amtierenden Präsidenten Chen Shui-bian von der Fortschrittspartei DPP ein Attentat verübt, das er leicht verletzt überlebte. Nach seinem knappen Wahlsieg warf ihm die Opposition vor, das Attentat selbst inszeniert zu haben.
    24 Tzu Chi ist mittlerweile die größte nichtstaatliche Organisation der chinesischsprachigen Welt. Sie wurde von Cheng Yen als gemeinnützige Stiftung in Hualien (Osttaiwan) gegründet.

Kapitel 10 – Yasukuni-Schrein und Mülltrennung
    Vor einiger Zeit fragte mich einmal jemand, ob ich Japan hasse. Ich antwortete: »Ich komme aus der Mandschurei, was glaubst du also?«
    Und dennoch machte ich mich Anfang März 2007 auf den Weg nach Japan. Nicht wegen einer Konferenz und auch nicht als Urlauber, sondern für die Produktion einer großangelegten Sendereihe mit dem Titel »Yansongs Blick auf Japan«. Es war die erste Serie dieser Art im chinesischen Fernsehen.
    Seit den Reportagen über die Rückgabe Hongkongs an China gab mir meine Arbeit

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