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Sind wir nun gluecklich

Sind wir nun gluecklich

Titel: Sind wir nun gluecklich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bai Yansong
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Sache.«
    Die Macht meiner Worte ist ohnehin schon viel zu groß, daher habe ich auch kein Bedürfnis, einen Facebook- oder Twitter-Account zu eröffnen. Doch eines Tages kommt einer und sagt: »Du hast im Internet eine Facebook-Seite.«
    Erschrocken antwortete ich: »Und warum weiß ich nichts davon? Ich habe keinen Mittelsmann, und ich brauche auch niemanden, der für mich Nachrichten verbreitet. Tut mir leid – wem auch immer ihr da auf Facebook und Twitter folgt, das bin nicht ich.«
    Einer meiner Kollegen erhielt eines Tages eine SMS unter meinem Namen mit der Nachricht, ich habe mein Handy verloren, er solle sich bitte meine neue Nummer merken. Einige Nachrichten gingen hin und her, und alles schien seine Richtigkeit zu haben. Als er wenig später aber eine Nachricht »von mir« erhielt, in der es hieß, er solle wegen einer wichtigen Angelegenheit Geld auf ein bestimmtes Konto überweisen, kamen ihm doch gewisse Zweifel. Nach einigen Nachforschungen entdeckte man den Betrüger. Mir brach der kalte Schweiß aus, als ich davon erfuhr. Wer weiß, welcher Gauner mit so etwas durchkommt?
    Es fällt mir schwer abzulehnen, wenn mich jemand um ein gemeinsames Foto bittet. Aber oft geht es dabei nur um eins: den eigenen Nutzen. Und den gibt es tatsächlich. Es kam in den vergangenen zehn Jahren nur allzu oft vor, dass jemand mit unserem Foto in der Hand behauptete, er sei mein Lehrer, ich sei sein Kunde, sein Busenfreund, der Nutzer seiner Produkte, was du willst. Auch hier muss ich sagen, tut mir leid, aber da ist in der Regel nichts dran. Ich bin mir nur nicht sicher, ob ich mich eigentlich dafür entschuldigen müsste, wenn jemand auf diese Weise hinters Licht geführt wird.
    Immer wieder wollen Leute, weil ich beim staatlichen Fernsehen arbeite, mit mir über systemkonformes und systemkritisches Verhalten diskutieren. Ich halte das für eine scheinheilige Diskussion. Es gibt auch bei CCTV nicht wenige Moderatoren, die ihren eigenen Kopf und ihre eigenen Ideen haben, wahrscheinlich sogar mehr als bei anderen Nachrichtensendern. Sich über systeminterne Fragen Gedanken zu machen ist schon spannend genug, und bei der passenden Gelegenheit lässt sich daraus etwas entwickeln. Aber wenn die Leute von Dingen reden wollen, die außerhalb des Systems liegen, dann würde ich sie gern fragen: Wo bitte genau liegt in diesem 9 600 000 Quadratkilometer großen Land »außerhalb des Systems«?
    Ruhm und Erfolg, nicht immer leicht zu verkraften
    Bei einem Forum für Nachrichtenmoderatoren sagte ich in einer Rede vor den Kollegen, unser Beruf sei eins der Schlachtfelder von Ruhm und Erfolg, egal von welchem Blickwinkel aus betrachtet, man werde durch den Fleischwolf gedreht. Wenn man nicht mit der Einstellung eines Langstreckenläufers herangeht und das alles nur deshalb macht, weil der Gedanke an Ruhm und Erfolg so verführerisch klingt, dann ist dieser Beruf nicht der richtige.
    Ruhm, das ist die erste Herausforderung. Du sagst etwas, und schon ist es in aller Munde. Ist man unter Leuten, steht man entweder sofort im Zentrum der Aufmerksamkeit, oder es wird einem die kalte Schulter gezeigt. Ob du erst weißt, wer du bist, wenn du es geschafft hast, im Mittelpunkt zu stehen? Und erst, wenn man dir die kalte Schulter zeigt, weißt, was du besser machen solltest?
    Es gibt Leute, die sagen, erst in der Niederlage zeigt sich, ob einer zum Erfolg taugt. Meiner Meinung ist das nicht zwangsläufig so, ich finde, auch der richtige Umgang mit Lob ist ein wirklicher Testlauf für Erfolg. Auf diesem Schlachtfeld von Ruhm und Erfolg erntet man zuweilen große Seifenblasen von Komplimenten, es ist geradezu furchterregend. Manche lassen sich gern permanent mit Lobhudeleien überhäufen, aber mit Kritik können sie nicht umgehen, schon gar nicht, wenn sie heftig ausfällt. Kritik ist aber ganz normal. Mir ging es schon oft so, dass man mich an einem Tag als »das Rückgrat des Volkes« bezeichnete und am nächsten als »Verräter« beschimpfte. Daran muss man sich gewöhnen, das gehört zu diesem Beruf.
    »Erfolg« ist ein anderes Wort für »Prüfung«. Für diese Gesellschaft sind sogenannte berühmte Persönlichkeiten nichts als ein weiteres Objekt ihrer Konsumgelüste. Und die Prominenten profitieren davon, solcherart »konsumiert« zu werden. Wenn du willst, kannst du jeden Abend an irgendeinem Bankett teilnehmen. Ich weiß nur nicht, ob man dann nach einer Weile nicht seine Geschmacksnerven verliert.
    Wer einen Namen hat, gewinnt in der

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