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Sind wir nun gluecklich

Sind wir nun gluecklich

Titel: Sind wir nun gluecklich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bai Yansong
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hatte einer Versuchung widerstanden. Daher gratulierte ich mir selbst zu meinem Entschluss. Und wenn ich auch nicht wusste, in welche Richtung ich mein Auto lenken sollte – verfahren habe ich mich trotzdem nicht.
    Es gab genau fünf Gründe für meinen Entschluss, jeder kann einer eigenen Kategorie zugerechnet werden.
    Der universal gültige Grund: Ein Mensch kann immer nur eine Sache mit vollem Einsatz machen. Ich werde vielleicht als Moderator viel dringender benötigt denn als Programmmacher.
    Meine Mutter sagte früher immer: »Fahr bloß kein Auto und werd ja nie Beamter!« Ich musste später wohl oder übel Auto fahren. Um wenigstens in einer Hinsicht auf meine Mutter zu hören, blieb mir nur, kein Beamter zu werden …
    Der Herzensgrund: Während meiner Zeit als Produktionsmanager änderte sich meine Einstellung zur Moderation. Wenn man plötzlich anfängt, mit dem Hintern zu denken, dann hat man immer wieder Angst, eine aus der Luft gegriffene Angst, eine Sendung könnte »abgeschossen« werden. Ich wurde als Moderator immer vorsichtiger und belangloser mit meinen Fragen und Kommentaren, um auf der sicheren Seite zu sein. Erst nachdem ich die Verantwortung als Produktionsmanager abgegeben hatte, konnte ich wieder der alte Bai Yansong werden und gewann das selbständige Denken zurück, das für einen Moderator einfach unabdingbar ist.
    Angst vor Hochmut: Wer kein Funktionär ist, kann mit jedermann von gleich zu gleich kommunizieren. Wer Funktionär ist, bleibt für immer ein Untergebener.
    Gönnerhaftigkeit: Mit meinem Ausscheiden machte ich gleich mehrere Posten frei, die von meinen Kolleginnen und Kollegen besetzt werden und ihrer Karriere dienen konnten. Mehr Platz für die Selbstverwirklichung, ein anderer werden können, warum nicht?
    So bin ich also bis heute nichts weiter als ein Vordiplom-Student, gehöre zu den Massen ohne einen Schreibtisch im Sender, aber zu den Massen gehören heißt ja nicht, keine Verantwortung zu tragen. Wie sagte doch gleich mein alter Nachrichtenkollege Ai Feng zu mir: »Mein guter Bai, nur eine Masse, die den Chef zu ändern versteht, ist eine gute Masse.« So ist es. Das habe ich mir gemerkt, aber einfach ist dies nicht!
    Von einem, der im Rampenlicht steht
    Oft läutet bei mir das Telefon, ohne dass der Anrufer sich meldet, und erst nachdem ich wiederholt »Hallo?« ins Telefon gerufen habe, kommt die Frage: »Sind Sie wirklich Bai Yansong?« Dann wird lachend aufgelegt, und ich kann nur den Kopf schütteln.
    Einmal geriet ich mit dem Auto versehentlich in einen Stau und wurde von einem Polizisten auf die Seite gewinkt. Ich fuhr damals einen Fukang, und als mich der Polizist erkannte, war das Erste, was er sagte: »Oh, warum fahren Sie denn keinen Mercedes?« Dann hielt er ein zehnminütiges Schwätzchen mit mir, und als er mich weiterfahren ließ, rief er mir noch hinterher: »Wenn Sie das nächste Mal aber keinen Mercedes fahren …«
    Im Jahr 2003 kehrte ich zur Feier ihres 45-jährigen Bestehens an meine alte Hochschule für Rundfunk und Fernsehen zurück. Kaum hatte ich das Schultor durchschritten, wurde ich bedrängt, ein Foto mit den Lehrern und Studenten machen zu lassen und Autogramme zu geben. Während des abendlichen Festakts rutschte es mir dann heraus: »Das entspricht aber nicht der Tradition an der Hochschule für Rundfunk und Fernsehen. Früher sind wir jedem, der zur Tür hereinkam, mit kritischen Fragen und zweiflerischen Blicken begegnet. Autogramme und Fotos gab es damals nicht.«
    Einmal war ich mit dem Auto unterwegs, als so ein Rüpel plötzlich von der Seite drei Fahrstreifen auf einmal wechselte und den übrigen Autos den Weg abschnitt, um in die Seitenstraße einzubiegen. Die anderen Fahrer mussten eine Vollbremsung machen, die Situation war ganz schön gefährlich. Als ich kurz danach vor einer roten Ampel hielt, war der gleiche Kerl zufällig auf einer Höhe mit mir. Ich kurbelte das Fenster herunter und warf ihm seinen gefährlichen Fahrstil vor. Der Bursche zog mich aus dem Wagen, um mit mir eine »Diskussion« zu beginnen, und schrie lauthals vor den umstehenden Gaffern: »Kommt her und seht euch das an, eines der zehn ›herausragenden Nachwuchstalente‹ macht öffentlich Ärger!« Er ließ mich stehen wie einen, der grundlos einen Streit vom Zaun gebrochen hat, und machte sich schnell davon.
    An einem frühen Wintermorgen um 4.00 Uhr, als ich zur Frühschicht an das Westtor des Senders kam, fand ich dort seltsamerweise einen Besucher mit

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