Sine Culpa
paar alten Kameraden aus der Army sprechen, und wie ich höre, standen die ihm näher. Wahrscheinlich ist das so, wenn man zusammen im Krieg war.«
Fenwick und Nightingale sahen sich an, schauten dann rasch wieder weg.
»Okay, bleiben Sie dran. Nightingale, was ist mit Ihnen? Was war auf seinem Computer?«
»Nichts Verdächtiges, aber unsere Techniker waren ziemlich beeindruckt, was für Software er hat. Wir sind derzeit hauptsächlich damit beschäftigt, die Originalunterlagen zu suchen und möglichst viel Hintergrundinfo über Bryan Taylor zu sammeln. Wir haben das Material noch immer nicht gefunden und müssen wohl davon ausgehen, dass es vernichtet worden ist. Aber ich lasse trotzdem noch die Akten aus dieser Zeit einzeln durchsehen, nur für den Fall, dass sie einfach falsch einsortiert wurden.
Wir müssen unbedingt Taylor finden, weil er für die Verteidigung das reinste Geschenk ist. Er war der Hauptverdächtige für die Entführung von Paul, und in der Übersichtsakte, die wir ja noch haben, sind Fotos erwähnt, die beweisen, dass er Paul missbraucht hat. Robin und Daley befragen alle, die Taylor kannten oder für die er gearbeitet hat. Die Leute sind sehr auskunftsfreudig. Im Gegensatz zu Maidment konnte ihn keiner leiden, aber er war billig, deshalb haben die Leute immer wieder kleinere Arbeiten von ihm erledigen lassen. Er hat viel für Schulen und Vereine gemacht – im Rückblick sieht es so aus, als hätte er jede Menge Rabatt gegeben, wenn er in der Nähe von Kindern arbeiten konnte.«
»Widerwärtig, dass er überhaupt in ihre Nähe durfte.« Cooper war empört.
»Er war nicht einschlägig vorbestraft, und es waren alles Gelegenheitsjobs, überwiegend ohne Vertrag. Taylor konnte beinahe alles: Zimmern, Bäume fällen, anstreichen, Klempnerarbeiten, sogar als Erntehelfer hat er gejobbt. Er war zuverlässig und gründlich. Meistens wurde er bar bezahlt, und wenig davon landete auf seinem Bankkonto.«
»Wurde bei der Durchsuchung seines Hauses Geld gefunden? Falls er geplant hatte, Paul zu entführen oder zu töten, hätte er es ja wohl mitgenommen.« Fenwick hatte viel länger geschwiegen, als Cooper gedacht hatte.
»Auf der Inventurliste in der Übersichtsakte steht nichts von Geld, also gehe ich nicht davon aus, aber Robin befragt einige aus dem damaligen Ermittlungsteam; er soll das nachprüfen.«
»Hatte Taylor viele Freunde?«
»Keine, die das heute noch zugeben würden. Er ist 1977 von Essex nach Harlden gekommen und scheint keine engen Freundschaften geschlossen zu haben. Es gab Gerüchte über seine sexuelle Orientierung. Ein unverheirateter, kahl geschorener Mann mit Ziegenbart und Ohrring galt damals automatisch entweder als schwul oder rechtsextrem. Er hatte Schlangentattoos und interessierte sich nicht für Frauen oder Fußball, aber keiner erinnert sich, ihn je mit anderen Männern gesehen zu haben.
Als sein Name mit dem Verschwinden von Paul Hill in Verbindung gebracht wurde, waren nur wenige überrascht. Er war eben so ein Einzelgänger, der von der Gesellschaft gern zum Sündenbock gemacht wird.«
Nightingale hatte eine Kopie von Taylors Führerschein aufgetrieben, aber es war noch ein alter ohne Foto. Mithilfe von Leuten, die Taylor kannten, hatte sie ein Phantombild von ihm anfertigen lassen, und sie hatte das Kennzeichen des roten Kombi ermittelt, den er gefahren hatte, doch all das hatte sie nicht weitergebracht. Es gab keinen Hinweis darauf, dass er ins Ausland gereist war, das Fahrzeug war nie verkauft worden und auch in keinen Verkehrsunfall verwickelt gewesen. Sie ging davon aus, dass er untergetaucht war. Möglicherweise lebte er irgendwo in Großbritannien unter falschem Namen und verdiente seinen Lebensunterhalt mit Schwarzarbeit. Sie wussten nicht mal, welche Augenfarbe er hatte.
»Es muss doch noch mehr über ihn rauszufinden sein.«
Blite war offensichtlich frustriert darüber, dass sie keine Erfolge vorzuweisen hatte, aber Cooper wusste, dass Nightingale alles getan hatte, was in ihrer Macht stand, um Taylor zu finden, und dass sie nichts dafür konnte, wenn der Mann wie vom Erdboden verschluckt blieb. Ihre geröteten Wangen verrieten, dass sie das auch so sah, aber sie blieb ruhig.
»Haben Sie Essex kontaktiert, ob er dahin zurückgegangen ist?« Die Frage klang vorwurfsvoll.
»Selbstverständlich, gleich als Erstes, und ich habe die dortigen Kollegen gebeten herauszufinden, wo er gewohnt hat, ehe er nach Harlden kam«, sagte sie eilig, um seiner nächsten
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