Single in the City - Frl. Garbers rennt durch die Stadt
meine Katze. Die hat sich zu Weihnachten in ein Stückchen Paketschnur verliebt. Es war um ein Schaffell gebunden, und vielleicht denkt sie, es sei selbst ein kleines Schaf. Jedenfalls trägt sie es seit Wochen mit sich herum, begrüßt es morgens freudig, apportiert und bewacht es. Die Katze ist schlau. Sie ahnt, dass niemals ein Schaf in meiner Wohnung vorbeikommen wird, und hat einige Abstriche gemacht. Aber romantisch ist das nicht.
Hochzeit? Aber sicher!
Ich muss heiraten. Es ist immer gut, ein zweites Standbein zu haben. In den fieberheißen Nächten male ich es mir aus, wie wir auf der Terrasse unserer Villa sitzen: »Schatz, ich habe heute übrigens gekündigt. Reichst du mir mal die Halbfettmargarine?« Und er wird mich lächelnd anschauen, mir einen Kuss auf die Stirn geben und sagen: »Du bist mir ja eine. Das hast du doch gar nicht nötig. Hier nimm die gute Vollfettbutter von den satten Wiesen Schleswig-Holsteins.« Heiraten befreit. Ich müsste nur die halbe bis gar keine Miete zahlen. Ich bräuchte nicht den teuren Handwerker kommen zu lassen, denn ich hätte ja einen eigenen im Haus. Und alle zwei Wochen könnte ich sagen: Diesmal bist du mit Badputzen dran. Ach, und ich könnte mir aussuchen, ob ich mich gehen lassen möchte oder den Tag mit Schönheitskorrekturen verbringe. Als Erstes würde ich vielleicht mein Abonnement im vietnamesischen Nagelsalon kündigen. Es ist ohnehin schwierig, dort einen Termin zu bekommen. »Wann möchten komme. Gestern?« – »Nein, ich möchte heute einen Termin. Um 15 Uhr.« – »Gestern drei. Is gut. Komme gestern drei Uhr.«
Pediküre, Maniküre, Wachsen, Kosmetiksalon, Friseur, Shoppen. Das alles ist zeitaufwendig und dient nur der Erhaltung des Status quo. Irgendwann kommt man in ein Alter, in dem die Erhaltung des Status quo ein Fulltimejob ist und man weiß, dass eine Woche Nachlässigkeit uns rein ästhetisch gesehen in die Steinzeit zurückbombt. Das ist nicht weiter schlimm, wenn man verheiratet ist, aber als Single muss man all diese Prozeduren über sich ergehen lassen. Deshalb, und nur deshalb, gehe ich weiter zu den Vietnamesen. Das letzte Mal hat sich eine der Damen über meine Füße gebeugt, während eine andere, auf die Lehne meines Massagesessels gestützt, interessiert dabei zusah und Kommentare auf Vietnamesisch abgab.
Es kam dann noch eine dritte Dame, ebenfalls sehr an meinen Füßen interessiert. Sie musste sich aber etwas nach vorn beugen, um einen unverstellten Blick auf meine Füße zu bekommen. Als alles fertig war, frisch lackiert und schön, fragte eine von ihnen: »Malen?« – »Malen? Ja, danke, das ist sehr schön geworden.« – Sie wurde ungeduldig. »Nein Malen. Painting.« Und dann zog sie einen Musterbogen mit winzigen Sonnenuntergängen, Drachen und Ornamenten auf Zehennägeln hervor. »Das mach ich dann, wenn ich verheiratet bin«, sagte ich. »Wenn ich richtig viel Zeit habe.«
Fehlt nur noch der passende Mann. Das ist ja heute eher schwierig. In meinem Bekanntenkreis gibt es absolut null Männer, die einen Nagel ungekrümmt in die Wand schlagen können. Wie viel Zeit hat es mich gekostet, einen Mann zu finden, der meinen W-LAN-Router installiert. Der Wasserhahn tropft auch seit Wochen. Handwerklich gesehen also alles Nieten.
Es bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als ein Stück von Aysches rotem Ewige-Liebe-Satinband zu essen. Eine Art Hochzeitsband, das an ihrem Ring befestigt ist. Das Zeichen, dass sich zwei Menschen gefunden haben. Ihr Freund hat die andere Hälfte des Bandes an seinem Ring, und Aysche behauptet, ich müsse nur ein Stückchen von dem roten Band mit Prosecco runterspülen und sei quasi so gut wie verheiratet. Ich weiß nicht, wie lang das Band ist, aber um alle Freundinnen mit Ehemännern zu versorgen, sollte es nicht kürzer als drei Meter sein.
Das ist das Schöne, wenn man einen Migrationshintergrundim Freundeskreis hat. Der Nachteil sind diese türkischen Sprichwörter: »Alle 40 Jahre treffen sich zwei Menschen, die sich ewig lieben«, lautet eines. Aysche servierte es mir gleichzeitig mit dem roten Band. Das ist wie bei einem Schlangenbiss. Es sind noch nicht mal Lähmungserscheinungen eingetreten, da wird einem schon das Gegengift verabreicht. Aus einem weiteren Grund ist es sehr wichtig, innerhalb der nächsten Wochen zu heiraten. Denn ich liege zurzeit gerne in der Sonne. Bevor Zeichen vorzeitiger Hautalterung zu erkennen sind, sollte ich das Hochzeitsding hinter mir haben. Mein Mann
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