Single in the City - Frl. Garbers rennt durch die Stadt
meine Feldstudien habe ich fünf Singlefrauen im »Café am Neuen See« belauscht. Die fünf hatten sich so ausgerichtet, dass sie zu jeder Zeit jeden Winkel des Cafés überblicken konnten. Sie waren durch Sunblocker geschützt, nach der allerneusten Mode gekleidet und tranken morgens um 14 Uhr bereits ihren ersten Prosecco. Gerade ging eine dralle Blondine mit kurzem Hund und noch kürzerem Rock vorbei.
Single 1, dunkle Locken (hält die Gabel mit Rührei auf halber Strecke zum Mund in der Schwebe): »Das gibt es doch nicht. Stolziert die hier schon wieder vorbei? Das muss ja eine sehr schwache Blase sein. Das ist doch jetzt das dritte Mal in zehn Minuten.«
Single 2, hellblond mit Pony: »Das vierte Mal.«
Single 3, kurzer Pagenkopf: »Die sucht doch einen Mann.«
Single 4, mittelblond, lang: »Nicht so laut, das hört die doch.«
Single 1, dunkle Locken: »Wieso? Hab ich’s auf Russisch gesagt?«
Ein paar Sekunden Stille.
Single 4, mittelblond, lang: »Entschuldigung, aber ich hatte den Obstsalat mit Naturjoghurt bestellt. Das ist Vanillequark. Das kann ich nicht essen.«
Single 2, hellblond mit Pony: »Meine Güte, sind das riesige Möpse!«
Vier Frauen drehen ihre Köpfe in die angegebene Richtung.
»Wo???«
Single 4, mittelblond, lang: »Meinst du die da hinten in dem Teilchen, das es letztes Jahr bei Zara gab?«
Ein Mann geht vorbei.
Single 5, blond, kurz: »Och, der ist aber süß.«
Single 1, dunkle Locken: »Viel zu klein!«
Single 5, blond, kurz: »Meine Mutter sagt immer, die Kleinen sind besser. Die geben sich mehr Mühe.«
Dreckiges Gelächter von fünf Frauen.
Ansonsten diskutieren wir natürlich die meiste Zeit über gedopte Radrennfahrer und ob es von Vorteil sein könnte, Testosterongaben auch dem normalen Mann von der Straße zugänglich zu machen. Denn abgesehen davon, dass man schneller mit der alten Krücke den Berg hochkommt, fördert Testosteron den Sexualtrieb, baut Muskeln auf, steigert die Aggressivität und hemmt die Schmerzempfindlichkeit. Klingt wie der Hauptgewinn.
Aber machen wir uns nichts vor, den perfekten Mann wird es niemals geben. Oder nur für sehr kurze Zeit. Denn es gibt eine kleine Nebenwirkung der tollen Sexdroge. Ein kluger Mensch sagte einmal: Es gibt zwei Arten von Radfahrern. Diejenigen, die impotent sind, und diejenigen, die es werden.
Tochter, geh und such dir einen guten Mann!
Meine Mutter hat gesagt, ich soll jetzt endlich Nägel mit Köpfen machen und Butter bei die Fische tun. Den passenden Deckel, das Gelbe vom Ei, das i-Tüpfelchen muss her. Kurz: Ich soll mir jetzt endlich einen Ehemann suchen. Dann mach ich das doch mal. Damit hat die Idee der Zwangsehe es also doch noch aus Neukölln bis in unser rotes Backsteinhäuschen hinterm Deich geschafft. Andererseits: Wenn ich mir den Junggesellenklub Gambrinus bei uns zu Hause so anschaue, hat die Idee der Zwangsehe es vielleichtauch von hinterm Deich nach Neukölln geschafft. Man weiß es nicht.
Auswahl jedenfalls gibt es genug. Kandidat Nummer eins stammt aus einer der besten Familien Deutschlands. Und er ist ein sehr vorsorgender Mensch. Er hat bereits vor Jahren zwei Särge von einem der führenden Sargbauer Deutschlands fertigen lassen. So ein Sarg muss ja auch passen, sagt er. Und gemütlich sein. Warum er zwei Särge hat? Das ist die charmante Art von Kandidat Nummer eins, seinen Bindungswillen auszudrücken. Der zweite Sarg ist für die Zukünftige.
Kandidat Nummer zwei ist ein erfolgreicher Geschäftsmann und Kunstliebhaber. Erst neulich rief er von einer Geschäftsreise in der Toskana an und fragte: »Toga oder Brustpanzer?« Kandidat Nummer zwei lässt sich gerade in Marmor meißeln. Man kennt diese Art Statuen aus den Swingerklubs in Lichterfelde.
Kandidat Nummer drei kommt aus England. Das darf ich aber eigentlich nicht verraten, denn er vermutet, dass ihm der irakische Geheimdienst und alle irakischen Kellner auf den Fersen sind und ihn töten wollen. Warum? Na, weil er Engländer ist. »Don’t tell them. Das is fucking gefährlich for me.«
Kandidat Nummer vier hat mir gesagt, er kündige mir die Freundschaft, sollte ich von seinem kleinen Handicap schreiben. Das kann ich gut verstehen, und glauben Sie mir, Sie wollen es gar nicht wissen.
So liebe Mutti, jetzt such dir einen Schwiegersohn aus. Ich kann mich nämlich gar nicht entscheiden. Das liegt daran, dass ich keinen Hunger habe. Liebe und Essen funktionieren nach dem gleichen Prinzip. Nehmen wir den ganz normalen
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