Single in the City - Frl. Garbers rennt durch die Stadt
ähnelte meiner Vodoopuppe namens Helmut M. Außer dass nicht so viele Nadeln in ihm steckten. Der Hübsche hatte sich eben noch am Telefon vom kleinen Toby verabschiedet. Und anschließend ein paar Worte mit Tobys Mutter gewechselt. Das Übliche eben: »Ich vermisse dich auch … Ja, ich dich auch …« Nachdem er aufgelegt hatte, machte er es sich so richtig gemütlich auf seinem Stuhl: »Ganz allein, schöne Frau?«, säuselte er herüber. »Kommen Sie doch zu mir und wir trinken zusammen ein bisschen Wein.« Ich aß weiter. »Sie können ja erst mal zu Ende essen und dann rüberkommen.« Ich aß langsamer. »So ein schöner Abend«, sagte er. Wie langsam kann ein Mensch eigentlich essen?
Ich stand auf und tat so, als würde ich ans Buffet gehen. Dann schlenderte ich sehr zufrieden in meine drehbare Juniorsuite. Von dort oben konnte ich sie sehen. Die beiden saßen noch bis tief in die Nacht auf ihren Stühlen. Einmal in der Stunde drehte ich mich an ihnen vorbei.
Mein Hinterhof ist eine Seifenoper
Neulich saß ich mal wieder auf meinem meterlangen Sonnendeck. Bienen und Fliegen umsummten mich und den Lavendel. Die Mücken schliefen friedlich in den Blumentöpfen. Es war ein Wetter, bei dem sich kleine Seen in den Bauchnabeln bilden. Selbst die Elstern aus der Ruine gegenüber waren zu faul zum Schimpfen.
Es herrschte eine Ruhe, wie sie in Prenzlauer Berg erst ab 30 Grad im Schatten zu haben ist. Wenn die Sonne das Wasser in den Planschbecken bis kurz vor dem Siedepunkt erhitzt und der Ozonwert in Kindernasenhöhe das Dreifache des Schwellenwerts überschreitet. Gerade als ich begann, die Klimaerwärmung so richtig lieb zu haben, ging es los.
Krrrrr, Krrrrr, Krrrrr. Vor Schreck trat der Bauchnabelsee über die Ufer. Ich richtete mich auf meinem Sonnendeck-Liegestuhl auf und blickte auf die Brache drei Stockwerke weiter unten. Genaugenommen ist es gar keine Brache mehr, seit die kinderreichen Familien des Nachbarhauses dort einen illegalen Grillplatz mit Sandkiste errichtet haben.
Wenn mir langweilig ist, gehe ich auf den Balkon Familie gucken. Das ist besser als Fernsehen. Die »Sandmännchen«-Folgen da unten sind aber eher langweilig. Der Max zum Beispiel, der immer an den Zaun pinkelt, ist im vergangenen Jahr richtig groß geworden. Und Emma weint noch so durchdringend weinglassprengend wütend wie immer. Die Mama ignoriert das aus Erziehungsgründen. Rein akustisch gesehen mag ich den Max ein bisschen lieber als die Emma.
Schon wieder: Krrrrr, Krrrrr, Krrrrr. Viel mehr Sorgen als um die Kinder muss man sich allerdings um die Eltern machen. Ich würde sagen, es handelt sich um eine Mischung aus »Meine teuflischen Nachbarn« und »Emergency Room«. Zum Beispiel Maxens Vater. Neulich hat er mal wieder alle, die er kennt, zum Grillen eingeladen. Aber die Kohle wollte nicht so recht Feuer fangen. Daraufhin hat Maxens Vater ordentlich in die Glut gepustet. Keine Ahnung, ob er inzwischen wieder sehen kann.
Ein paar Tage nach der kleinen Grill-Episode zeigten sie im Hinterhof »Guck mal, wer da hämmert«. Folge 427: Emmas Papa baut ein Sonnensegel über die Sandkiste. Dazu versuchte Emmas Papa, mit einem winzigen Hammer (mit dem Emmas Papa normalerweise Bob-der-Baumeister-Poster an die Pinnwand nagelt) ein armdickes Holzscheit in den ausgedörrten Boden zu rammen. Nach wenigen Schlägen flog ihm das Hammeroberteil um die Ohren.
Emmas Vater aber gab nicht auf. Er saß neben dem Holzscheit auf dem Hosenboden und probierte es weiter. Es war, als würde er versuchen, mit einem Schraubenzieher nach Öl zu bohren. Nur lauter. Es war spannender als die Saalwette bei »Wetten, dass …?«. Nach etwa einer Dreiviertelstunde zeigten sich tiefdunkle Schweißflecken auf seinem blauen Karohemd, der Hammer hatte sich noch insgesamt fünf Mal vom Stiel verabschiedet. »Gib nicht auf, Emmas Papa«, wollte ich oben von der Loge aus rufen. Und schon steckte das Holzscheit.
Zwei Minuten später war Richtfest. Emmas Vater sicherte dasSonnensegel mit einem Seil am Holzscheit. Weitere zwei Minuten später krachte die ganze Konstruktion zusammen. »Papa ist doof«, sagte die zweijährige Emma. Spätestens im nächsten Jahr, schätze ich, zeigen sie da unten endlich die »Super Nanny«.
Und jetzt möchten Sie sicherlich wissen, was denn eigentlich dieses Krrrrr, Krrrrr, Krrrrr zu bedeuten hat. Nachdem Maxens Vater wieder sehen konnte, hat er im Ökosupermarkt einen mechanischen Föhn gefunden. Maxens Vater dreht – Krrrrr,
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