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Singularität

Singularität

Titel: Singularität Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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Haut davonkommen kann?
Irgendwelche Informationen über dieses Festival, was immer das
sein mag?«
    Hermann schwieg einen Augenblick. »Du musst dir darüber
klar sein, dass wir jetzt eindeutig eine Situation haben, in der
direktes Eingreifen gefordert ist.« Martin schnappte nach Luft
und setzte sich kerzengerade hin. »Im Fall, dass die Dinge, wie
du es gern ausdrückst, aus dem Ruder laufen, möchte ich
dich an Ort und Stelle haben. Millionen von Menschenleben stehen auf
dem Spiel. Auch umfassendere politische Fragen schälen sich
jetzt heraus. Falls die Neue Republik auf das Festival trifft, kann
es passieren, dass die daraus resultierenden Erschütterungen des
Status quo eine Revolution vor Ort vorantreiben. Die
Körperschaften, die sich an die Vereinten Nationen gebunden
haben, sowohl die staatlichen als auch die staatsähnlichen,
haben aus Gründen, die auf der Hand liegen, ein
maßgebliches Interesse daran. Ich kann dir im Augenblick nicht
mehr über das Festival sagen, denn sonst würdest du dich
nur selbst belasten, wenn dir irgendwelche Informationen
entschlüpfen. Aber man kann mit Recht behaupten, dass die
Republik eher eine Gefahr für sich selbst darstellt als für
das Festival. Allerdings bin ich angesichts dieser
außergewöhnlichen Situation bereit, dir eine
Gefahrenzulage in doppelter Höhe dessen zu zahlen, was dir die
UN-Waffeninspektion zugesagt hat, wenn du nach Erledigung deines
jetzigen Auftrags an Ort und Stelle bleibst und meine Anweisungen
befolgst.«
    Martins Kehle war wie ausgedörrt. »Einverstanden. Aber
wenn eine so große Wahrscheinlichkeit besteht, dass es kritisch
wird, will ich das Dreifache des UN-Honorars. Und falls ich dabei
draufgehe, soll es meinen nächsten Verwandten ausgezahlt
werden.«
    Stille. Und dann: »Einverstanden. Ende der Verbindung mit
Hermann.«
     
    Rachel lag im Bett, starrte an die Decke und versuchte, ihre
Gefühle zu sortieren. Es war früher Morgen, Martin war vor
einiger Zeit gegangen. Sie hatte beim Gedanken an ihre
geschäftliche Abmachung ein ungutes Gefühl, obwohl offenbar
alles bestens lief. Irgendetwas nagte an ihr, ohne dass sie bewusst
den Finger darauf legen konnte. Sie rollte sich zur Seite, legte
ihren Kopf auf das allzu üppig gepolsterte Kopfkissen neben sich
und zog die Knie an, ohne Schlaf zu finden.
    Es hätte ein simples Anwerbungsgespräch werden sollen:
Sichere dir einen nützlichen Kontakt und instruiere ihn für
eine einzelne Aufgabe. Nett und neutral. Stattdessen hatte sie sich
dazu hinreißen lassen, ihr Abendessen mit einem ruhigen, aber
durch und durch anständigen Mann einzunehmen, der nicht versucht
hatte, sie anzubaggern, und sie auch nicht wie ein
Möbelstück behandelt, sondern mit ernsthafter Miene
zugehört und interessante Dinge zu sagen gehabt hatte. Die Art
von Mann, mit dem sie unter normalen Umständen gern ausgegangen
wäre.
    Sie hatte sich leicht verrückt verhalten, eine Gratwanderung
am Rand des Unverantwortlichen vollführt, und auch er war
aufgrund der langen Isolation leicht neben der Spur gewesen. Und
jetzt machte sie sich Sorgen um ihn – was im Plan nicht
vorgesehen war.
    Die Lage hatte sich zugespitzt, als sie, einander am
Küchentisch gegenübersitzend, mit der Diskussion der
beruflichen Dinge aufgehört hatten. Rachel erinnerte sich, wie
seltsam erwartungsvoll er sie ansah. Als sie die Beine so
übereinander schlug, dass ein Fuß unter ihren Röcken
hervorschaute, musterte er sie eingehend und fragte dann: »Ist
das alles? Sie möchten also, dass ich nach Instruktionen zur
Rückreise in der Zeit Ausschau halte, mich um den Schaltplan
kümmere und Sie benachrichtige, wenn mir irgendetwas
auffällt, das nach einer Verletzung der Kausalität riecht
– sonst nichts?«
    »Genau.« Sie starrte ihn an. »Das ist im Grunde
genommen alles.«
    »Es ist… äh…« Er sah sie scharf von der
Seite an. »Ich dachte, es sei noch mehr im Spiel.«
    »Kann sein.« Sie faltete die Hände im Schoß.
»Aber nur, wenn Sie wollen.«
    »Oh, na ja«, sagte er, weil er das erst einmal verdauen
musste. »Was gehört sonst noch zu der Arbeit?«
    »Nichts.« Sie legte den Kopf schräg, erwiderte
seinen Blick und wappnete sich für das Kommende. »Das
Geschäftliche ist erledigt. Wissen Sie noch, was ich vorhin im
Restaurant gesagt habe?«
    »Über…«, er nickte und wandte den Blick
ab.
    »Was ist denn los?«, fragte sie.
    »Oh, gar nichts.« Er seufzte leise.
    »Unsinn.« Sie stand auf. »Kommen Sie, lassen Sie
uns reden.« Sie

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