Sinnliche Küsse - gefährliches Geheimnis
hinwegkommen.
Aber wie?
12. Kapitel
Carina wusste, dass sie sich nicht genügend konzentrierte. Immer wieder machte sie Fehler. Also brach sie ab. "Ich verschwende meine Zeit. Ich kann ebenso gut nach Hause fahren."
Sie packte ihre Noten zusammen und verließ die Schule. Es war Freitag, der 4. November, und ein kalter Wind blies Blätter und Staub durch die Straßen.
Carina knöpfte ihren Mantel zu, zog die Kapuze über und machte sich auf den Weg zur U-Bahn. Heute war sie länger geblieben als sonst. Sie hatte zu Hause nichts zu tun, also hatte sie noch an einer Komposition gearbeitet, ohne Erfolg allerdings.
"Carina?"
Die Kapuze hinderte sie daran, hinter sich zu sehen. Sie blieb stehen und drehte sich um. Oh nein. Diesmal war es wirklich John. Er stand mit den Händen in den Taschen seines Mantels da, und der Wind zerzauste sein Haar.
Das konnte Carina nicht gebrauchen. Sie beobachtete, wie John auf sie zukam, atmete tief ein und bemühte sich um einen höflichen Ton. "Was tust du hier?"
Er sah ihr in die Augen, und Carina überlegte, ob seine Augen immer so blau gewesen waren. Die Sonnenbräune hatte er in der Zwischenzeit verloren, und er wirkte auch dünner.
"Können wir irgendwo einen Kaffee trinken?" fragte er. "Ich würde gern mit dir reden."
"Meinetwegen. Ein paar Häuser weiter ist ein Café."
Er lächelte schwach. "Klingt gut. Und es wäre schön, aus diesem Wind rauszukommen."
"Wie lange wartest du schon hier?"
"Eine Weile."
"Hm." Ihre letzte Unterrichtsstunde war vor zwei Stunden zu Ende gewesen. War er schon so lange hier?
Sie gingen bis zur Ampel und überquerten die Straße. Keiner von ihnen sagte etwas, bis sie in dem Laden saßen und Kaffee bestellt hatten.
"Hast du Hunger?" fragte John.
Sie zuckte mit den Schultern. "Schon möglich."
"Wir bestellen etwas, wenn der Mann zurückkommt."
Carina merkte, dass es wirklich schlecht um sie stand. Obwohl sie diesen Mann endgültig vergessen wollte, war sie nun doch froh, ihn zu sehen.
Er hatte Fältchen an den Augen, die im Sommer noch nicht da gewesen waren, und die am Mund waren tiefer geworden.
"Du siehst übrigens gut aus", meinte er nun. "Das Studium bekommt dir offenbar."
"Es hat mich gerettet."
Dazu sagte er nichts. Der Kaffee wurde gebracht, und John bestellte Sandwichs.
"Also, was tust du hier?" fragte Carina, als sie wieder allein waren.
"Ich wollte dich sehen."
Das konnte sie wirklich nicht gebrauchen. Aber vielleicht wusste sie ja auch gar nicht mehr, was sie wollte oder nötig hatte. In ihrem Kopf drehte sich alles, seit sie John vor sich gesehen hatte. "Oh."
"Carina, ich weiß, wie weh ich dir getan habe …"
"Lass das bitte! Das ist vorbei."
"Ich bin froh, dass du es so empfindest, weil ich möchte, dass wir noch mal von vorn anfangen. In den letzten Monaten habe ich etwas entdeckt, das ich dir sagen muss." Er trank einen Schluck aus seinem Wasserglas.
Nun da er schon so weit gekommen war, schienen ihm die Worte zu fehlen. Carina merkte, dass sie den Atem anhielt. Dann zwang sie sich, wieder zu atmen.
John sah ihr in die Augen. "Ich bin in dich verliebt. Das ist mir erst vor kurzem klar geworden. Ich glaube, es ist im Crazy Eights passiert. Oder vielleicht war es auch schon, als ich dich das erste Mal gesehen habe. Dieses knallrote Kleid hat sich mir fest eingeprägt. Ich bekomme dich nicht mehr aus dem Kopf. Ich träume von dir. Bei der Arbeit bin ich zu nichts zu gebrauchen. Meine Kollegen drohen, dass sie mich teeren und federn werden oder sogar lynchen, weil man mit mir einfach nicht mehr auskommen kann."
Er biss die Zähne zusammen. "Das hat nichts mit dem Fall zu tun, an dem ich gearbeitet habe", erklärte er nach einer Pause. "Ich will, dass wir vergessen, warum wir uns kennen gelernt haben, und nur daran denken, wie gern wir zusammen waren. Es ist nicht gerade meine Gewohnheit, meine Gefühle so zu erklären." Er schnitt eine Grimasse. "Tatsächlich habe ich so was nie zuvor getan, und ich werde es wahrscheinlich auch nie wieder tun. Aber ich wollte, dass du es weißt."
Carina zitterte. Ihr Herz schlug wie wild. Damit hatte sie wirklich nicht gerechnet.
"Ich bitte dich um gar nichts, außer dass du darüber nachdenkst, was ich gesagt habe", fuhr John fort. "Wenn du glaubst, wir könnten eventuell eine richtige Beziehung haben, dann lass es mich wissen."
Das Essen kam, und Carina starrte auf das riesige Sandwich vor ihr. Sie konnte keinen Bissen essen. Jetzt nicht mehr.
John hatte seinen Appetit
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