Sinnliche Maskerade
ließ sein Vergrößerungsglas sinken.
»Ihr Dienstherr ist Sir Stephen Douglas, nicht wahr?«
»Ja.«
»Warum zum Teufel will er diese Bibliothek verkaufen? Es wäre eine Ehre für jeden Menschen, sie zu besitzen. Sir Arthur würde sich im Grabe umdrehen.«
Alexandra verbarg ihren Gesichtsausdruck, indem sie sich kurz wegdrehte.
»Das mag wohl so sein, Sir«, antwortete sie dann sanft, »aber für den Verkauf der Bibliothek spielt es keine Rolle. Sir Stephen hat mich beauftragt, sie zu verkaufen. Ich gehorche nur seinen Anweisungen.«
»Hm.« Er strich sich über das Kinn und musterte sie mit gerunzelter Stirn. »Wenn ich mich recht erinnere, gehörte auch ein Chaucer zur Bibliothek. Schönes Stück. Ich nehme an, dass es noch da ist.«
»Nein, Sir. Vor seinem Tode hat Sir Arthur den Chaucer seiner Tochter vermacht. Es ist der einzige Band, der fehlt.«
»Bedauerlich«, murmelte er, »dies Buch war das Saatkorn der ganzen Sammlung.«
»Es gibt viele Saatkörner, Sir.«
Der Mann schwieg, strich sich weiterhin über das Kinn und betrachtete stirnrunzelnd die Bände auf dem Tisch.
»Nun, Ma’am, ich werde über ein Gebot nachdenken und Sie dann wissen lassen, wie ich entschieden habe.«
»Danke, Mr. Murdock.« Sie knickste und führte ihn zur Tür. Er verließ das Zimmer, ohne noch einmal zurückzublicken. Einen Moment lang stand Alex in der Halle und fragte sich, ob sie ihr Blatt überreizt hatte. Kopfschüttelnd verwarf sie schließlich den Gedanken. Die Bibliothek war ihr größter Trumpf, und mit hungrigen Bibliophilen wie Lord Dewforth und Adam Murdock war es praktisch unmöglich, die Sache zu überreizen.
Kapitel 18
Mit einem Glas Bordeaux in der Hand saß Peregrine am Feuer und starrte mürrisch in die Flammen. Er hatte keine Ahnung, was Alexandra in diesem Augenblick wohl tat. Er kannte sie, wenn sie ihrem Dienstherrn gegenüber die verhuschte Mistress Hathaway spielte, und er kannte sie auch, wenn sie ihre Talente als extravagante Mistress Player zum Besten gab. Er kannte sie als leidenschaftliche Geliebte, die eifrig lernte, und er kannte sie als gebildete Gelehrte, als teuflische Schachspielerin sowie als glänzende Fälscherin.
In welche dieser Rollen sie wohl heute Nachmittag schlüpfte, wenn sie einen potenziellen Käufer gegen den anderen ausspielte? Er kam zu dem Schluss, dass es eine Mischung aus mehreren Rollen sein musste. Aber sie würde die Fäden in der Hand halten, dessen war er sich ganz sicher. Er war dabei, seinen Platz am Kamin aufzugeben und nach einer Ablenkung zu suchen, als er hörte, wie eine Kutsche vor dem Haus vorfuhr. Neugierig ging er zum Fenster.
Es war eine gemietete Postkutsche. Der Postillion ließ gerade den Tritt herunter. Peregrine wusste, wer mit dem Wagen fuhr, noch bevor sein Zwillingsbruder auf die Straße trat. Sebastian blieb ein paar Sekunden lang stehen, strich seinen Umhang glatt und ließ den Blick am Haus hinaufwandern, ehe er sich umdrehte und einer jungen Frau mit schwarzem Haar auf die Straße half.
Peregrine freute sich. Sebastian und er hatten kaum jemals eine Zeit ihres Lebens getrennt verbracht, sodass sich die letzten Monate ihrer Trennung zu einer echten Strapaze entwickelt hatten. Er stürmte durch die Halle und riss die Tür auf.
»Seb, ich habe verzweifelt darauf gewartet, von dir zu hören!« Er schlang die Arme um seinen Zwilling, der ihn wortlos an sich drückte. Sie lösten sich erst dann aus ihrer Umarmung, als Perry sich abwandte, um die Begleitung seines Zwillings zu begrüßen, die gelassen an der Seite stand und die Brüder mit verständnisvollem Lächeln begrüßte.
»Serena ...«Er beugte sich über ihre Hand, lachte und küsste sie warmherzig. »Warum habt ihr mich nicht gewarnt? Wir haben nichts vorbereitet.«
»Aber wir brauchen doch gar keine Vorbereitung, Perry«, versicherte ihm Serena. »Solange es ein Schlafzimmer gibt und Bart uns das heiße Wasser hochschleppt ...«
»Und solange es Bordeaux in der Karaffe gibt«, verkündete Sebastian. Er wandte sich an den Postillion und den Kutscher, um die beiden anzuweisen, das Gepäck auf der Kutsche loszubinden. »Nun, Perry, was hast du so getrieben?«
»Oh, ziemlich viel«, erwiderte sein Zwilling lachend, »komm rein, hier ist es recht kalt.« Mit dem Arm auf ihrer Schulter drängte er seine Schwägerin ins Haus. »Ich bin mir sicher, dass Mistress Croft irgendwas für uns zaubern kann.«
»Ich möchte nur den Dreck der Reise loswerden«, sagte Serena, »wir sind
Weitere Kostenlose Bücher