Sinnliche Stunden mit dir
wegstecken. Doch als sie anfingen, meiner
Mutter gegenüber brutal zu werden, hab ich es nicht mehr
ausgehalten."
Jackson
presste die Zähne zusammen. Und er hatte immer geglaubt, dass
sie naiv und unschuldig war und er sie vor der bösen Welt
beschützen musste. Dabei hatte sie Dinge erlebt, die er seinem
ärgsten Feind nicht wünschte. Und dennoch liebte sie das
Leben, eine Haltung, für die er sie nur bewundern konnte.
"Sie
haben sie geschlagen", fuhr sie leise fort. "Und ich konnte
sie nicht daran hindern. Ich musste mich doch um Nick kümmern,
wenn meine Mutter das schon nicht getan hat. Ich glaube, sie hat ihn
sogar gehasst." Sie richtete sich auf und sah Jackson empört
an. "Dabei konnte Nick doch nichts dafür, dass Lance,
dieser grässliche Mann, sein Vater ist."
"Nein,
natürlich nicht."
Sie
kuschelte sich wieder an ihn. "Als ich einmal meine Mutter laut
schreien hörte, habe ich heimlich die Polizei angerufen. Die
kamen dann auch ziemlich schnell und haben den Mann mitgenommen."
Jackson
sträubten sich buchstäblich die Nackenhaare. Er ahnte, dass
die Sache damit nicht ausgestanden war. "Und dann?"
"Meine
Mutter war mir dankbar dafür. Sie meinte, dieser Mann sei auch
besonders brutal gewesen. Er wurde verurteilt und eingesperrt. Das
war gut so."
"Und?"
"Nach
ein paar Monaten wurde er wieder entlassen, und eines Tages verfolgte
er mich auf dem Nachhauseweg von der Schule. Das habe ich aber erst
gemerkt, als er mich in dem kleinen Park abfing, den ich durchqueren
musste. Er kam hinter einem Baum hervor und zog mich in die Büsche.
Dann presste er mir die Hand auf den Mund, so dass ich nicht schreien
konnte und kaum noch Luft bekam." Sie zitterte, und Jackson
drückte sie fest an sich. Er spürte, dass sie lautlos
weinte, und er konnte nichts anderes tun, als sie in den Armen zu
halten. Kein Wunder, dass sie vor jeder sexuellen Berührung
zurückschreckte. All das war ihr in einem Alter widerfahren, wo
man seine Sexualität gerade erst entdeckte.
"Mit
einer Hand drückte er mir fast die Kehle zu, mit der anderen
hielt er meine Hände fest, so dass ich mich nicht wehren konnte.
Dann flüsterte er mir ekelhaftes Zeug ins Ohr, was er alles mit
mir tun wolle, und griff nach meinen Brüsten. Ich habe natürlich
sofort versucht, mich von der Hand an meiner Kehle zu befreien."
"Und?
Hat das geklappt?"
"Ja.
Er ließ mich plötzlich los, weil er sich an seiner Hose zu
schaffen machte. Und in dem Augenblick trat ich ihm in den Unterleib
und rannte weg, so schnell ich konnte."
Jackson
atmete auf. Er war froh, dass sie eine solche Kämpfernatur war.
"Lief er hinter dir her?"
"Ja.
Aber damals startete in der Schule gerade so ein
Nachbarschaftsprogramm. Menschen, denen man vertrauen konnte und die
tagsüber zu Hause waren, strichen ihre Briefkästen gelb an,
so dass wir wussten, wo wir Zuflucht finden konnten. Also bin ich in
das erstbeste Haus mit so einem Briefkasten gerannt. Und Mrs. Willis
machte mir auch gleich auf." Andrea lächelte unter Tränen.
Mrs. Willis hatte sie gerettet. "Sie rief sofort die Polizei an.
Und da der Kerl in der Nähe lauerte, weil er hoffte, mich zu
erwischen, wenn ich nach Hause ging, konnte er auch verhaftet
werden."
"Ich
hoffe, sie haben ihn diesmal länger eingesperrt."
"Ja,
sehr viel länger. Auf alle Fälle habe ich ihn nie wieder
gesehen."
"Ist
dir so etwas noch mal passiert?"
"Nein,
aber ich bin den Gedanken einfach nicht losgeworden, dass so jemand
sich eines Tages an Nick rächen könnte. Deshalb haben Nick
und ich immer bei Mrs. Willis geschlafen, wenn unsere Mutter abends
nicht da war."
"Du
hast Mrs. Willis sehr gern, oder?"
"Ja.
Ich hänge sehr an ihr. Sie behandelt mich wie ihre eigene
Tochter."
"Stehst
du mit ihr noch in Kontakt?"
"Ja.
Aber sie ist gesundheitlich nicht gut dran. Und das macht mir Sorgen.
Denn sie wohnt in einer Gegend, die ziemlich heruntergekommen ist.
Aber sie weigert sich, da wegzuziehen."
Jackson
sah sie bewundernd an. Da hatte sie ihm gerade von einem
traumatischen Erlebnis erzählt, das sie für ihr Leben
geprägt hatte, und dann machte sie sich Gedanken um eine alte
Frau. Er musste unbedingt dafür sorgen, dass Mrs. Willis
geholfen wurde. Denn schließlich verdankte er es ihr, dass
seine Andrea vor Schlimmerem bewahrt wurde.
"Andrea?"
Sie
blickte zu ihm hoch. "Ja?"
"Danke,
dass du mir das erzählt hast ."
Ihr
Lächeln wirkte etwas gezwungen. "Du musstest das wissen."
Dann starrte sie vor sich hin. Offenbar wollte sie noch etwas
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