Sinnliche Traeume auf Kyrene
eine Närrin. Nathaniel war ein wunderbarer Mann, und ich liebte ihn wie einen Bruder. Ich erwarte, dass Sie seinen Tod untersuchen. Und ich verspreche Ihnen, wenn Sie es nicht tun, tue ich es.“
Ihre scharfe Erwiderung ließ Thorne seine Taktik noch einmal überdenken. Diana Sheridan hatte einen wachen Verstand, und gegen seinen Willen stieg eine Welle der Bewunderung für sie in ihm auf. Und sie besaß Rückgrat. Er würde sie nicht mit einer erfundenen Geschichte an der Nase herumführen können.
Natürlich wollte er ihre Bedenken zerstreuen. Er musste vorsichtig sein in dem, was er ihr erzählte, musste das Geheimnis der Wächter wahren. Aber vielleicht konnte er ihr einen Teil der Wahrheit anvertrauen ...
Er schenkte ihr ein wehmütiges Lächeln. „Auch ich liebte Nathaniel wie einen Bruder. Und ich wollte Sie nicht beleidigen, indem ich versuchte, seine Geheimnisse zu bewahren. Es war nicht überall bekannt, aber Nathaniel führte hin und wieder Aufträge für das Außenministerium aus.“
Sie starrte ihn an. „Dann ist es also möglich, dass sein Tod kein einfacher Raubüberfall war?“
„Es ist möglich, ja. Vielleicht verstehen Sie jetzt, warum ich nicht mehr darüber sagen kann. Doch wenn Nathaniel im Zusammenhang mit seiner Arbeit irgendeiner dunklen Verschwörung zum Opfer gefallen ist, dann wird ihm Gerechtigkeit zuteil werden. Das verspreche ich Ihnen.“
Sie musterte ihn eine ganze Weile mit besorgtem Blick. „Ich vermute, damit muss ich mich zufriedengeben.“
„Ich fürchte, ja.“ Dann meinte er, um sie abzulenken: „Ich hoffe, Sie haben Ihren Verdacht nicht Amy erzählt?“
„Nein, ich habe ihr noch nicht einmal den Inhalt des Briefes gezeigt“, erwiderte Diana, noch immer mit gerunzelter Stirn.
„Ich hielt es für das Beste, zu warten, bis ich mit Ihnen gesprochen habe.“
„Ich weiß Ihre Diskretion zu schätzen. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden.“ Thorne stand auf und verbeugte sich höflich. „Ich werde einige Nachforschungen anstellen.“
Er ergriff die Flucht und fühlte dabei sehr wohl, dass ihr besorgter Blick ihm die ganze Zeit folgte.
3. KAPITEL
Als er kurze Zeit später durch die Tore von Olwen Castle ritt, versuchte Thorne, Diana aus seinen Gedanken zu verbannen. Er musste sich auf die vor ihm liegende Aufgabe konzentrieren - Nathaniels Mörder ausfindig zu machen und den Verräter zu finden, der den Franzosen die Identität der Wächter verraten wollte.
Thome wusste, dass man ihn bereits im Schloss erwartete, denn nach der Lektüre des erschütternden Briefes hatte er sofort eine Nachricht an Sir Gawain geschickt mit der Bitte um eine Unterredung.
Es war keine Lüge gewesen, als er Diana erzählt hatte, Nathaniel hätte für das Außenministerium gearbeitet. Das sagten die Wächter oft, um unerkannt zu bleiben und ihre geheimen Aktivitäten zu erklären.
Offiziell war Sir Gawain Olwen der Kopf einer kleinen, ausgesuchten Abteilung des Außenministeriums. Nur wenige kannten die Größe der Organisation oder wussten, dass ihre Wächter überall in der englischen und europäischen Gesellschaft saßen, noch kannten sie die bemerkenswerte Geschichte ihrer Gründung.
Die Wächter des Schwertes waren vor mehr als tausend Jahren von einer Handvoll der berühmtesten Krieger Britanniens gegründet worden. Es waren Verfemte, die dort Exil gefunden hatten. Nun wurde der Orden von deren Nachkommen geführt und operierte hauptsächlich in ganz Europa. Sein Hauptsitz war auf Kyrene, weil man von hier aus schnell jeden Teil des Kontinents erreichen konnte, wo in schöner Regelmäßigkeit
Krisen entstanden.
Unter dem Kommando von Sir Gawain besaßen die Wächter gute Beziehungen und waren finanziell bestens ausgestattet. Sie funktionierten wie ein modernes Söldnerheer - doch hatten sie ein höheres Ziel: Die Armen und Schwachen beschützen, die Tyrannei bekämpfen und für das Gute im Menschen arbeiten.
Während der letzten drei Jahrzehnte hatte der Orden sich vorrangig mit den großen Herausforderungen beschäftigt, die durch die Französische Revolution und Napoleons späteren Versuch, ganz Europa zu erobern, entstanden waren. Es galt Aufträge auszuführen, die für das Außenministerium viel zu gefährlich und zu schwierig gewesen wären.
So wuchsen sie zu einer Gruppe von engen Freunden und Abenteurern zusammen, die füreinander und für ihr Ziel zu sterben bereit waren.
Die Wächter waren Thornes Rettung gewesen. Bevor er zu ihnen gestoßen war, hatte
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