Sinnliche Versuchung in Italien
ich operiert werde, möchte ich, dass du hierbleibst und mich pflegst. Ich brauche dich mehr als Mel. Das wird er bestimmt einsehen. Und ich bezahle meine Krankenschwester natürlich gut. Du musst mir nur verraten, was du dir vorstellst.“
Annabelle sah ihn mit großen Augen an. Irgendwie traurig kam ihm ihr Blick vor. Hatte er etwas falsch gemacht? Und was sollte er ihr vorschlagen, wenn der Arzt ihm von einem Eingriff abriet?
„Darüber sprechen wir ein anderes Mal. Jetzt legst du dich auf die Schaukel und gönnst deinem Bein Ruhe, während ich abräume und die Küche in Ordnung bringe.“
„Dabei helfe ich dir.“
„Nein, nein. Es gibt eine Regel: Wer kocht, muss anschließend auch das Chaos beseitigen.“
Annabelle begriff sofort, warum der Badeort Vietri als Perle der Küste bezeichnet wurde. Malerisch lag er am Fuß eines Berges. Die aus dem 17. Jahrhundert stammende Kirche San Giovanni Batista und ihr besonders schöner, mit Majoliken geschmückter Glockenturm überragten die Altstadt und bildeten den idealen Hintergrund für Fotos.
An diesem letzten Tag war auch Guilio zum Shooting gekommen und hatte als Requisite eine große Vase mitgebracht. Annabelle gefiel sie allein schon aufgrund der verschiedenen Grün-, Orange- und Brauntöne. Als sie dann noch erfuhr, dass Vietri für seine Keramiken berühmt war, schätzte sie dieses Stück auf Tausende von Dollar.
Vorsichtig legte Guilio die Vase auf den mit hellbraunem Leder bezogenen Beifahrersitz des dunkelgrünen Sportwagens. Annabelle musste zugeben, dass die Farbkombination einfach hinreißend war.
Sie selbst fühlte sich wie eine etruskische Prinzessin. Ihren Augen hatte die Maskenbildnerin mit dunklen Lidstrichen einen fast dramatischen Ausdruck verliehen und auch Annabelles Mund mit einem bronzefarbenen Lippenstift betont. Am aufwendigsten aber war ihre Frisur. Sie bestand aus lauter Zöpfen, die im Nacken mit einer goldenen Spange zusammengehalten wurden. Sie passte zu Annabelles breiten Armreifen. Zu einem hautengen, ärmellosen Kleid trug sie einen ebenso langen Umhang mit etruskischem Muster, dazu braune hochhackige Sandaletten mit Fesselriemchen.
„Sie sehen bezaubernd aus“, stellte Guilio begeistert fest. „Der Glanz Ihres Haares übertrifft den des Goldes. Sie stellen meine kühnsten Erwartungen in den Schatten.“
Annabella war gerührt. „Hören Sie auf, Guilio, sonst fange ich an zu weinen und ruiniere das Make-up.“
„Nur das nicht!“ Er hob die Hände. „Heute befinden Sie sich übrigens auf einer Einkaufstour. Dabei haben Sie diese Vase erstanden.“
„Zwingen Sie mich nicht, sie anzufassen. Wenn ich sie fallen lasse, werde ich mir das nie verzeihen.“
Er lachte. „Darüber machen Sie sich bitte keine Sorgen. Tun Sie einfach so, als gehörte sie Ihnen.“
„Na gut.“
Das Shooting begann. Giovanni nahm sie von allen möglichen Seiten auf, und Marcella musste auf seine Anordnung hin immer wieder den Umhang neu drapieren. Irgendwann kamen auch schaulustige Touristen hinzu und applaudierten, sobald Giovanni ein Motiv fotografiert hatte. Manche baten Annabelle sogar um ein Autogramm, doch Guilio winkte freundlich ab und drängte die Menge zurück.
Als sie schließlich fertig waren, eilte Annabelle zum Bus, um sich abzuschminken und umzuziehen. Dann sah sie nach, ob Lucca inzwischen angerufen hatte. Doch sie fand keine Nachricht von ihm vor. Wahrscheinlich sprach er mit den Handwerkern, die an diesem Tag erscheinen wollten.
Niedergeschlagen, weil die gemeinsamen Tage mit Lucca gezählt waren, verließ sie den Wagen und traf draußen auf Guilio. Er hatte auf sie gewartet.
„Ich möchte mit Ihnen noch einiges besprechen, Annabelle. Lassen Sie uns essen gehen. Dort drüben in dem kleinen Restaurant sind die Meeresfrüchte vorzüglich.“
Sie verabschiedeten sich von den anderen, und wenige Minuten später saßen sie in der Trattoria. Guilio bestellte als Vorspeise Muscheln und als Hauptgericht Scampis. „Haben Sie bemerkt, wie begeistert die Leute waren?“, fragte er dann. „Ich rechne mit einer großen Nachfrage bezüglich des Sportwagens. Wir werden mit der Lieferung möglicherweise kaum nachkommen.“
„Ich würde es Ihnen wünschen.“
„Danke.“ Er goss ihnen beiden Mineralwasser ein. „Lassen Sie uns über Samstag sprechen. Die Präsentation des Cabriolets wird zu Ehren von Lucca und zur Feier seiner Heimkehr im kleinen Kreis von ausgesuchten Amalfi – Händlern, der Familie und Freunden
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