Sinnlicher Maskenball in Venedig
nach einem Brötchen. „Wir sollten das vielleicht noch etwas ausnutzen. Bald müssen wir uns schließlich um ein Neugeborenes kümmern. Soweit ich weiß, halten sie einen die ganze Nacht auf Trab.“
Seine Worte verblüfften sie. „Du scheinst dich ja schon gut eingelesen zu haben.“
Doch das war es gar nicht, was sie erstaunte. Es war die Andeutung, dass sie beide sich um ein Neugeborenes kümmern müssten. Hieß das, er würde ebenfalls mitten in der Nacht aufstehen, um das Baby zu füttern?
Schnell verbannte sie das Bild aus ihrem Kopf. Sie würde sich nicht von seinem Gerede einlullen lassen.
Als das Handy ein drittes Mal klingelte und er es ignorierte, hielt sie es nicht mehr aus.
„Warum gehst du nicht dran?“, fragte sie ungeduldig.
Fast bereute sie ihre Worte, als sie den Ausdruck in seinen Augen sah.
„Weil es nichts bringt“, erklärte Nico. „Manche Frauen wollen einfach nicht verstehen.“
Tina verspannte sich. Sie hatte also richtig getippt.
„Es ist leider so, dass jeder Mann eine Frau in seinem Leben hat, die er nicht abschütteln kann“, fügte er hinzu.
Die Insel war größer, als Tina am Vortag gedacht hatte. Am anderen Ende der Festung befand sich ein großer Garten mit einer komplett von Wein bewachsenen Laube, kleinen gepflasterten Wegen und leuchtend bunten Blumen und Kräutern. Es gab auch einen kleinen Felsenteich mit ganz klarem Wasser, der aussah, als stammte er aus der Antike.
Seit dem Frühstück waren einige Stunden vergangen. Sie hatte ein wenig Zeit damit verbracht, die Festung zu erkunden. Und als sie entdeckte, dass es einen Garten gab, hatte sie ihre Sandaletten gegen feste Schuhe getauscht und war wieder hinaus in die Sonne gegangen.
Nun schlenderte sie über den Rasen auf die weinberankte Laube zu. Diese sah so friedlich und einladend aus, und sie konnte etwas Ruhe gebrauchen.
Sie hatte Nico seit dem Frühstück nicht mehr gesehen. Aber sie hatte die ganze Zeit an ihr Gespräch denken müssen. Es ist leider so, dass jeder Mann eine Frau in seinem Leben hat, die er nicht abschütteln kann.
Wie zum Beispiel eine Frau, die von ihm schwanger war? Je mehr Tina darüber nachdachte, desto unwohler fühlte sie sich. Er duldete sie nur wegen des Babys in seinem Leben. Wäre ihr irgendwann so zumute wie der Frau, die versucht hatte, ihn anzurufen?
Vor der Laube blieb sie stehen und ließ die Finger durch ein hohes Ziergras gleiten. Die flauschigen Spitzen kitzelten an ihren Händen. Er würde so oder so von ihr genervt sein, ob sie nun heirateten oder nicht. Schließlich würden sie zusammen ein Kind haben. Dadurch wären sie automatisch ständig miteinander in Kontakt.
Sie würde in seinem Leben sein und er in ihrem – für immer. Was für eine seltsame Vorstellung! Irgendwie fand Tina es sogar aufregend.
Doch dann musste sie daran denken, wie sehr sich ihr Leben in wenigen Monaten verändern würde. Ein Baby änderte einfach alles. Es bedeutete eine enorme Verantwortung. Für einen Moment musste Tina sich an einem der Laubenpfosten festhalten. Tränen traten ihr in die Augen. Was hatte sie sich da bloß eingebrockt?
Wie sollte sie damit fertigwerden? Es war alles zu viel. Viel zu viel …
Sie musste an Faith und Renzo denken. Und das Baby, das die beiden so liebten. Jedes Mal, wenn sie sie traf, sah sie den Stolz in ihren Blicken. Das Kind bedeutete ihnen alles. Und sie würden alles dafür tun, es zu beschützen.
Tina trat unter das Dach der Laube und musste unter Tränen lächeln, als sie die hübsche Rattangarnitur entdeckte. Die Couch mit den vielen bunten Kissen wirkte sehr einladend. Es war der perfekte Platz, um sich zusammenzurollen und ein Buch zu lesen. Oder um in Ruhe nachzudenken. Genau das, was sie jetzt brauchte.
Seufzend ließ sie sich auf das weiche Polster fallen und lehnte den Kopf in die Kissen. Ihre Gedanken kreisten noch immer um ein und dasselbe Thema. Nico liebte sie nicht. Und sie liebte ihn nicht. Aber sie hatten dieses winzige Leben geschaffen. Dieses kleine Wesen, das so viel Aufmerksamkeit von ihnen fordern würde.
Natürlich könnte sie ein Kindermädchen engagieren. Und sie könnte sich ein eigenes Haus kaufen und dafür sorgen, dass ihr Kind eine Rundumbetreuung erhielt. Sie würde es zweifellos allein schaffen, da war sie sich sicher.
Aber war es dem Kind gegenüber fair, wenn es gezwungen war, ständig zwischen zwei Elternteilen hin- und herzupendeln?
Nachdenklich fuhr Tina sich mit der Hand über den Bauch und
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