Sinnliches Erwachen
die mittlerweile in ihrem Essen herumstocherte, während sie ihre Schwester beobachtete. Bevor Dex geflüchtet war, hatte sie ihre Pasta mit einem Heißhunger betrachtet, den Koldo auf sich gerichtet sehen wollte.
Als Nächstes blickte er zu Laila hinüber, die ihr Essen von sich geschoben hatte, ohne auch nur einen Bissen zu nehmen, und jetzt das Kinn auf die Hände stützte. Während Blaine sein Schweinekotelett hinunterschlang und ihr eine weitere Geschichte über seine ehemalige Geliebte erzählte, tupfte sie sich mitfühlend die tränenfeuchten Augen.
Dex kam zurück zum Tisch, das Jackett über den Arm gehängt. Auf seinem schlichten weißen Hemd prangten ein paar rote Spritzer, und an seinem linken Hosenbein war ein feuchter Fleck zu sehen. Missmutig setzte er sich wieder auf seinen Platz.
„Wir können jederzeit gehen“, bot Nicola an.
„Ist schon gut“, wehrte Dex steif ab. „Meine Eitelkeit hat bloß einen harten Schlag abbekommen, das ist alles.“
„Na ja, dagegen könnte ich vielleicht was unternehmen.“ Nicola biss sich auf die Unterlippe, griff nach ihrem Wasserglas, holte tief Luft und goss sich den halben Inhalt in den Schoß.
Dex fiel die Kinnlade herunter, als sie nach Luft schnappte und dann grinste – und Koldo hasste es, dass ein anderer Mann sie so entspannt sah, so fröhlich, und dass sie so bestrebt war, zu unterhalten, zu gefallen.
„Jetzt sehen wir beide aus, als hätten wir uns in die Hose gemacht“, sagte sie.
Dem Mann entfuhr ein lautes Lachen.
Ein Lachen, das Koldos hätte sein sollen.
„Okay, vielleicht muss ich ihr helfen, wenn sie dir eine Szene macht“, meinte Axel. „Das war gerade ziemlich cool.“
Koldo teleportierte sich vor die Türen des Restaurants, erteilte seinem Gewand mental den Befehl, sich in ein schwarzes Hemd und eine schwarze Hose zu verwandeln, und marschierte wieder hinein – diesmal in der natürlichen Welt, sodass jeder ihn sehen konnte.
Bei seinem Anblick blieb den Tischdamen der Mund offen stehen. Mehrere Grüppchen warteten auf einen Tisch, doch sie alle wichen ihm großräumig aus. Man hörte ungläubiges Japsen. Ein Raunen ging durch das Restaurant. Koldo machte sich nicht die Mühe, mit den Menschen zu sprechen, sondern marschierte schnurstracks zu Nicolas Tisch. Sämtliche Gespräche verstummten. In diesem Moment konnte er sich bildlich vorstellen, wie Axel sich kaputtlachte, doch dankenswerterweise konnte er ihn weder sehen noch hören.
Dann erblickte ihn Dex und erstarrte, die Gabel auf halbem Weg zum Mund. Seine Augen weiteten sich. „Sie!“
Als Blaine ihn entdeckte, setzte er sich ruckartig gerade hin.
„Was …“, setzte Laila an, nur um hochzublicken und aufzustöhnen. „Oh nein.“
Flüchtig sah Nicola auf – und riss erstaunt die Augen auf. „Koldo. Was machst du denn hier?“
„Du kennst ihn?“, fragte Dex erstickt.
Koldo blickte auf die Runde am Tisch hinunter. Ich hätte das Ganze etwas besser durchdenken sollen, wurde ihm klar. Er hatte keine Ahnung, was er sagen sollte. „Nicola“, begann er.
„Ja?“ Sie warf ihre Serviette auf den Tisch und stand auf. Die untere Hälfte ihres Kleids war vollkommen durchnässt, und Wasser tröpfelte ihr über die nackten Beine.
Er überragte sie um mehr als zwei Köpfe, und allein das hätte ihn schon von seinem Plan abbringen müssen. Er könnte sie verletzen, ohne es überhaupt zu merken, und war stark genug, ihr so großen Schaden zuzufügen, dass sie daran starb. Doch dann trafen sich ihre Blicke, und sein Blut erhitzte sich, und er wusste, er könnte keine einzige Nacht mehr überstehen, ohne sie in seinen Armen zu halten.
„Deine Schwester hat ihren Spaß gehabt, ja?“
„Äh, nicht wirklich“, gestand Nicola und sah auf Lailas tränennasses Gesicht hinab. „Wenn überhaupt, ist sie noch trauriger als vorher. Tut mir leid, Blaine, aber es stimmt.“
„Das lässt sich beheben.“ An Axel gerichtet, der für ihn immer noch unsichtbar war, befahl er: „Kümmer dich um die Schwester. Sorg dafür, dass sie zufrieden ist.“ Dann nahm er Nicola bei der Hand und zog sie in Richtung Ausgang.
„Koldo“, japste sie, leistete jedoch keinen Widerstand. „Jetzt mal im Ernst. Was ist hier los? Ist was passiert?“
Im Hintergrund glaubte er jemanden fragen zu hören, ob sie wollte, dass man die Polizei rief.
Er warf einen Blick über die Schulter. „Du gehörst mir. Und ich behalte dich.“
21. KAPITEL
Sobald sie vor der Tür waren und die kühle
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