Sinnliches Erwachen
massierte sich den Nacken. „Ich bin nicht in der richtigen Stimmung.“
„Ich auch nicht, aber wir könnten beide ein bisschen Bewegung gebrauchen.“ Bevor ihre Schwester noch einmal ablehnen konnte, schickte sie hinterher: „Ich bin dann im Fitnessraum. Komm nach, okay?“
Eine Pause, ein Seufzen. Dann: „Okay. Vielleicht.“
„Definitiv.“ Nicola lief in ihr Zimmer und zog sich um – ein Sportbustier, hautenge Hotpants und Laufschuhe. Ihr erstes Paar. Na ja, das erste Paar, das sie auch tatsächlich benutzen würde.
Sie ging in den Fitnessraum und sah sich um. Ein Haufen Geräte starrte ihr entgegen. Alle riesig. Alle einschüchternd. Das Einzige, was sie zuordnen konnte, war das Laufband.
Das würde reichen müssen.
Nicola stellte ein langsames Tempo ein – zu Beginn. Doch der Schweiß begann zu rollen, ihr Herz begann zu pochen, ihre Muskeln zu brennen, und es gefiel ihr, also erhöhte sie die Steigung und schraubte die Geschwindigkeit nach oben. Bald joggte sie. Und joggte und joggte und joggte! Schock breitete sich in ihr aus, aber die Bewegung fühlte sich so gut an, zu gut, um aufzuhören, und sie hatte das Gefühl, sie könnte noch ewig so weiterlaufen, und wäre sie draußen gewesen, sie hätte um die ganze Welt rennen können. Ihr Gehirn war so voller Sauerstoff, dass ihre Gedanken nur so sprühten, ihr Blut brodelte und knisterte, und ihr Pferdeschwanz schwang wild hin und her, wischte ihr durchs Gesicht, und oh, selbst das fühlte sich gut an, denn sie war frei, und sie war gesund, und nichts konnte sie aufhalten, und …
„Ich bin erfreut.“
Hastig sah sie nach links. Im Türrahmen stand Koldo mit zufriedenem Gesichtsausdruck, die Fäuste in die Hüften gestemmt. Die Bewegung brachte sie aus dem Takt, und ihr nächster Schritt ging daneben. Das Laufband kannte keine Gnade, und sie stolperte, flog nach hinten und krachte …
Gegen Koldo.
Sein Leib war groß und hart, und der Aufprall raubte ihr den Atem – einen Atem, der schon vorher dünn und rau geworden war. Plötzlich benebelt, krümmte sie sich zusammen. Oder versuchte es. Koldos Arme schlossen sie ein, hielten sie aufrecht.
„Entschuldige“, sagte er. „Ich wollte dich nicht erschrecken.“
„Mach dir keinen Kopf“, brachte sie pfeifend hervor. Und okay, wow, das Laufen hatte sie doch mehr beansprucht, als ihr klar gewesen war. „Lass mich lieber los. Ich bin ganz verschwitzt.“
Seine Pupillen erweiterten sich, verschlangen das Gold seiner Iris. „Mir gefällst du so.“
Dieser heisere Klang in seiner Stimme … „Flirtest du etwa mit mir?“
Überrascht blinzelte er. „Ich glaube, schon.“
Die Welt begann sich zu drehen – aber nicht, weil sie eine Ohnmacht nahen spürte. Koldo hatte ihr die Hände auf die Hüften gelegt und drehte sie zu ihm um. Sie kippte nach vorn und musste die Hände auf seine Brust legen, um sich abzustützen. Sein Herz schlug genauso schnell und hart wie ihres.
„Funktioniert’s?“
„Oh ja.“
„Beweis es.“
Er hob sie hoch. Wie von allein schlangen sich ihre Beine um seine Hüften, als er den Kopf senkte. Ihre Münder trafen aufeinander, und es war ein explosiver Kuss, ohne irgendwelches Vorgeplänkel, pure Leidenschaft.
Und plötzlich war sie in Bewegung, ihre Hände an seinem Gesicht, nein, an seinem Hals, nein, sie knetete ihm die Schultern, grub die Nägel in seine Haut. Es war ein so herrlicher Augenblick, so aufgeladen, wie zwei Puzzleteile, die zusammenfanden.
Brennende Lust strömte durch sie hindurch, und Begierde, so viel Begierde. Verlangen, so viel Verlangen. Als hätte sie nicht letzte Nacht ihre Befriedigung gefunden. Untrennbar waren diese Bedürfnisse miteinander verwoben, so greifbar wie Koldos Körper.
„Ich muss dich haben“, grollte er. „Ganz und gar. Wenn es dir gut genug geht, um auf dem Laufband zu trainieren, geht es dir auch gut genug, um mit mir zu schlafen.“
„Ja.“
„Hier. Jetzt.“
„Ja!“ Es geschah tatsächlich. Endlich. Sie würden miteinander schlafen, und sie würden zusammengehören, und sie würden aufhören, sich zu sorgen, was alles schiefgehen könnte – auch wenn sie sich eigentlich um gar nichts sorgen sollten.
„Äh, es gibt da nur ein kleines Problem“, ertönte eine andere Männerstimme.
Knurrend wandte Koldo den Kopf zur Tür. Nicola tat es ihm gleich. Ein grinsender Axel stand neben einem anderen Mann von derselben Statur. Letzterer hatte schwarzes Haar und flammende grüne Augen, die einen krassen
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