Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sinnliches Erwachen

Sinnliches Erwachen

Titel: Sinnliches Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gena Showalter
Vom Netzwerk:
war.
    „Den Anblick hätte ich echt nicht gebraucht“, ertönte hinter ihm eine Männerstimme.
    Immer noch nackt, wirbelte Koldo herum und erblickte Thane, den Vizebefehlshaber von Zacharels Armee. Thane bedeutete Lehnsherr, freier Mann. Und der Krieger schien sich auch redlich zu bemühen, alles zu erfüllen, was sein Name verhieß. Die fleischlichen Gelüste des Mannes waren weithin bekannt. Jeden Tag begab er sich auf die Pirsch nach einer neuen Liebhaberin, und die, mit denen er fertig war, ließ er fallen wie ein benutztes Taschentuch.
    Und obwohl sie es wussten, fielen die Frauen ihm immer noch reihenweise in die Arme, als wäre er der einzige Mann der Schöpfungsgeschichte, der blonde Locken und blaue Augen besaß.
    „Was für einen Auftrag hat Zacharel diesmal für mich?“, wollte Koldo wissen und griff in eine Luftfalte neben sich, um ein neues Gewand hervorzuholen. Ungeduldig zog er sich das Kleidungsstück über den Kopf, während er versuchte, nicht auf Thanes Flügel zu starren. In majestätischen Bögen ragten sie über die Schultern des Kriegers und reichten bis auf den Boden. Reinstes Weiß durchbrochen von blendendem Gold. Versuch gescheitert.
    „Das kann ich dir besser zeigen als erklären“, meinte Thane mit einem seltsamen Unterton in der Stimme.
    Das verhieß nichts Gutes. „Also gut. Führ mich hin.“

5. KAPITEL
    Die nächste Woche rauschte an Nicola vorbei wie im Nebel. Jeden Morgen wachte sie in aller Herrgottsfrühe auf, fuhr zur Arbeit, besuchte in der Mittagspause ihre Schwester, hastete zurück ins Büro, schleppte sich zu ihrem zweiten Job und schuftete bis mitten in der Nacht, bevor sie sich schließlich auf den Heimweg machte, noch etwas fernsah, um runterzukommen, und dann für vier magere Stunden schlief – bis der Kreislauf von vorn losging.
    Jetzt saß sie an ihrem Schreibtisch bei Estellä Industries und starrte auf die Uhr. Komm schon, Mittag. Mach mal ein bisschen hin. Das Einzige, was sich an ihrem Leben geändert hatte, war ihre Denkweise. Sie bekam Koldo einfach nicht aus dem Kopf. Wer war er? Was war er?
    Nach seinem Verschwinden hatte sie die Bedienung in dem Café gefragt, ob sie sich wirklich mit einem Berg von einem Mann mit kahlem Kopf und perlengeschmücktem Bart unterhalten hatte. Die Antwort hatte sie nicht überrascht.
    „Wollen Sie mich verarschen? Ich bin doch nicht blind. Aber, äh, sind Sie mit dem zusammen, oder ist er, na ja, noch zu haben? Ich hab nämlich schon mal meine Nummer auf eine Serviette geschrieben, falls Sie ihm die, na ja, geben würden.“
    Falls sie also nicht zufällig dieselbe Halluzination gehabt hatten, war Koldo real und Nicola nicht verrückt. Oder sie war es trotzdem. Die Serviette mit der Nummer hatte sie mitgenommen – sie war gespannt, wie Koldo darauf reagieren würde.
    Aber … was ist er? fragte sie sich erneut. Was sollte sillach bedeuten, oder was auch immer er da zuletzt zu ihr gesagt hatte? Sie hatte keine Ahnung, wie man das schrieb, deshalb hatte sie es nicht im Internet gefunden. Und wie hatte er von jetzt auf gleich verschwinden können? War er irgendeine Art Geist, der für mehr als einen Menschen sichtbar war?
    So viele Nahtod- und Für-ein-oder-zwei-Minuten-wirklich-tot-Erfahrungen, wie sie gehabt hatte, wusste sie, dass es ein Leben nach dem Tod gab. Schon mehrmals war sie hineingeglitten. Einmal hatte sie sogar mit einem geheimnisvollen Wesen gesprochen.
    Ist das nicht schön? hatte er gefragt. Sein Haar war hell gewesen, seine Augen so klar wie die Südsee – und er hatte wundervolle weiße Flügel gehabt. Mit einem Aussehen wie ein Hollywoodstar, in ein langes Gewand gekleidet, hatte er versucht, sie zu überzeugen, einen langen Tunnel hinunterzugehen. Ist es nicht friedvoll? Lass dein altes Leben einfach los, dann gehört dir das hier für immer.
    Für sie hatte er ausgesehen wie ein Engel aus dem Bilderbuch, aber da war etwas in seinem Tonfall gewesen … etwas in diesen Augen … Sie hatte sich gegen ihn gewehrt, hatte zu Laila zurückkehren wollen, und für eine Sekunde, nur eine einzige Sekunde, war seine gefällige Maske verrutscht. Und Nicola hatte einen Blick auf glühend rote Augen, verwachsene Knochen und scharfe Reißzähne erhascht.
    Ein Monster. Ein Monster wie jene, die sie als Kind immer gesehen hatte, bevor die Therapie und die Medikamente sie eines Besseren belehrt hatten. Jetzt war sie sich nicht sicher, was sie über Koldo und diese Monster denken sollte, und hatte keine Ahnung, wie sie

Weitere Kostenlose Bücher