Sinnliches Erwachen
er barsch.
Sie stieß laut den Atem aus. „Unter der Woche musst du mich jeden Morgen zu meiner Arbeit bei Estellä bringen und jeden Abend wieder abholen.“
Und noch ein Schlag, auf den er nicht vorbereitet war. „Du wirst nicht kündigen?“
„Nein. Irgendwie muss ich schließlich Geld verdienen.“
War das alles? „Dann bezahle ich dich dafür, dass du bei mir wohnst.“
Wieder fiel ihr die Kinnlade herunter. „Nein, wirst du nicht.“
„Deine Rechnungen bezahle ich doch auch. Das ist ein und dasselbe.“
„Nein, ist es nicht. Ich werde mich nicht für meine gesamte Zukunft von dir abhängig machen.“
Endlich keimte Verstehen in ihm auf, und es erblühte nicht gerade zu einem Rosengarten. Vielmehr war es knorrig und verwachsen und tropfte vor Blut. Sie ließ es geschehen, dass Koldo ihre Vergangenheit aufräumte, aber sie hatte Angst, er würde ihre Zukunft überschatten – die Zukunft, die sie mit einem anderen Mann teilen wollte.
„Wie du willst“, sagte er steif. „Ich nehme deine Bedingungen an.“ Und er würde mehr tun, als bloß die Harpyie zu nehmen. Er würde mit noch weiteren schlafen. Vielen weiteren! So vielen, wie nötig waren, um eine zu finden, die in ihm dieselben Gefühle weckte wie Nicola. Wie Nicola sie geweckt hatte . Im Augenblick wollte er von ihr nichts als Abstand. Und, na gut, eine Entschuldigung.
„Jetzt weiß ich, dass du mit diesem Kerl aus dem Park verwandt bist“, erklärte sie schnippisch. „Du siehst genauso aus wie er, wenn du so finster dreinschaust.“
Kerl aus dem Park? Er hörte auf, sein Verschwinden zu planen. „Was für ein Kerl?“
„Tja, die Dämonen waren in Begleitung einiger ziemlich gruseliger Leute. Leute von deiner Größe, mit kahlen Köpfen, selbst die Frau, mit Reißzähnen und einem entsetzlichen schwarzen Nebel, der von ihrer Haut aufgestiegen ist. Und der Erste, den ich gesehen habe, sah aus wie eine ältere Ausgabe von dir.“
Im ersten Moment war er zu verblüfft, um zu reagieren. Doch mit jedem Atemzug ordneten sich seine Gedanken mehr, und der Schock wich purem Grauen.
Sein Vater hatte die Granaten überlebt.
Sein Vater war hier in Kansas.
Mein Vater, dachte er benebelt – der bösartigste Mann, der mir je begegnet ist.
„Hat dich einer von ihnen angefasst?“, fragte er eindringlich.
„Nein. Sie haben mich bloß angeguckt und verdammt fies gegrinst.“
Das hätte ihn erleichtern sollen, doch seine Emotionen waren im Moment einfach unberechenbar. Sein Vater hatte sich Nicola genähert. Auf grausamste Weise hätte er ihr schaden können. Hätte sich mit ihr aus dem Staub machen können, und Koldo hätte erst erfahren, was mit ihr geschehen war, wenn es zu spät gewesen wäre. Doch nichts davon hatte Nox getan. Er hatte gewollt, dass Koldo von seiner Rückkehr erfuhr.
Das sah ihm ähnlich, vor der Schlacht erst einmal Furcht zu säen. Und dass es eine Schlacht geben würde, stand außer Frage. Nox war hier, um Rache zu üben. Immerhin hatte Koldo das gesamte Lager des Mannes ausgelöscht. Seinen Harem von Geliebten, sowohl Sklavinnen als auch freie Frauen. Die besten seiner Krieger. Einen Großteil seiner Verbündeten. Jetzt wollte er Koldo da treffen, wo es am meisten schmerzte. Wollte die erste Frau vernichten, die Koldo je unter seine Fittiche genommen hatte.
Tja, das werde ich nicht zulassen. Koldo würde einen Weg finden müssen, ihm zuvorzukommen. Das zu beenden. Jetzt. Für immer.
Er zog Nicola auf die Füße. „Hol deine Schwester. Ich will, dass ihr noch innerhalb der nächsten Stunde in meinem Haus seid.“
Koldo teleportierte Nicola und Laila ins Wohnzimmer seiner Ranch. „Seht euch um“, schlug er vor und tat sein Bestes, seine wachsende Anspannung zu verbergen. Und versagte vermutlich. „Ihr könnt alles ändern, was ihr wollt. Esst, wonach euch der Sinn steht. Ich komme wieder.“
Es ging ihm gegen den Strich, sie so abrupt zu verlassen, ohne sie anständig willkommen zu heißen, doch seine nächste Aufgabe konnte nicht warten.
Während Nicola noch protestierend nach Worten suchte, beamte er sich zu der Höhle, in der er seine Mutter untergebracht hatte. Diesmal hielt er sich nicht vor demEingang auf, sondern marschierte hinein. Mit einem einzigen Blick hatte er die Details erfasst. Cornelia war noch dreckiger geworden, das Gewand befleckt mit Schlamm und Blut, der Saum ausgefranst. Ihr kurzes Haar war an den Seiten verfilzt. Sie saß in einer Ecke des Käfigs, und auf ihrer Hand saß eine Ratte
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