Sinnliches Versprechen auf Sizilien
Matteo Rinaldi musste das Misstrauen, die angespannte Atmosphäre zwischen den Eheleuten spüren. Doch als Marina sich schließlich zu Pietro umdrehte, lehnte er immer noch entspannt an der Wand bei der Tür und sah aus, als hätte er alle Zeit der Welt. Wieder hatte sie ihn falsch eingeschätzt. Erst als sie zur offenen Tür ging, richtete er sich auf und folgte ihr.
„Fertig?“, fragte er so locker, als wollten sie irgendwo nett zu Mittag essen gehen.
„Fertig“, erwiderte sie nur.
Fertig waren sie noch lange nicht miteinander, das spürte Marina genau. Doch sie hatte keine Ahnung, was Pietro mit ihr vorhatte.
Er mochte sich ruhig und gelöst geben, aber sie war überzeugt, dass hinter seiner umgänglichen Art mehr steckte. Er plante etwas.
Aber was?
Anfangs hatte ihre unerwartete Erklärung, dass sie außer ihrer Freiheit nichts von ihm wollte, ihn zweifellos verblüfft und – auch noch vor Zeugen! – auf dem falschen Fuß erwischt. Doch aus Erfahrung wusste Marina, dass niemand Pietro d’Inzeo ungestraft in eine solche Situation brachte.
Er würde versuchen, so schnell wie möglich wieder die Oberhand zu gewinnen.
Und dann …?
5. KAPITEL
Der Regen hatte etwas nachgelassen, als sie zum Hotel kamen, wie Marina das heruntergekommene Gebäude widerstrebend bezeichnete, mit dem sie sich begnügt hatte.
Pietro spähte durch die nasse Windschutzscheibe und wusste nicht recht, ob er über Marinas Dickköpfigkeit den Kopf schütteln oder sich amüsieren sollte, als er sah, wo sie abgestiegen war. Der Bau sah noch schlimmer aus, als er ihn in Erinnerung hatte, wie er sich beim Anblick des abblätternden Putzes und der ausgetretenen Stufen eingestehen musste. Das Hotel mochte im Stadtzentrum von Palermo liegen, aber das war auch schon ungefähr alles, was dafür sprach. Warum hatte Marina sich ausgerechnet diesen baufälligen Schuppen ausgesucht?
Dabei hätte sie sich ein Nobelhotel leisten können, wo sie es sehr viel angenehmer und bequemer gehabt hätte. Selbstverständlich hätte er ihr eine Suite in einem Luxushotel bezahlt, und das wusste sie auch. Aber wie stets hatte sie genau das Gegenteil von dem getan, was er ihr vorschlug!
Womit er wieder bei seinen Vermutungen war, warum Marina sich so seltsam verhielt. Wollte sie wirklich keine Unterhaltszahlungen, keine Abfindung, absolut nichts aus dieser Ehe mitnehmen? Oder spielte sie auf Zeit und wollte ihn herausfordern, weil sie auf etwas anderes aus war?
Falls sie jedoch wirklich nichts von ihm erwartete, wieso hatte sie die Scheidung dann nicht längst eingereicht? Oder hatte sich alles geändert, weil dieser Stuart in ihr Leben getreten war? Pietro umklammerte das Lenkrad so fest, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten.
„Wir sind da.“
Zum ersten Mal, seit sie Matteos Kanzlei verlassen hatten, sprach Marina wieder. Die Schultern gestrafft und die Knie zusammengepresst, saß sie neben ihm auf dem Beifahrersitz und hielt ihre schwarze Ledertasche wie einen Rettungsring fest.
Während der Fahrt hatte sie die ganze Zeit geradeaus durch die Windschutzscheibe geblickt, die grünen Augen unverwandt auf die Straße gerichtet. Das Schweigen zwischen ihnen war wie eine Barriere gewesen, hinter der sie sich gegen ihn abschottete. Aber das war er gewohnt. Marina brauchte keine verriegelten Türen, um ihn auszuschließen.
Ihr elegantes Profil mit der langen, geraden Nase, den hohen, schräg stehenden Wangenknochen hätte aus Alabaster gemeißelt sein können, so unnahbar und steinern wirkte es auf Pietro. Dennoch erregte ihn gerade diese kühle Reinheit, und es war ihm im strömenden Regen schwergefallen, sich aufs Fahren durch die engen, belebten Straßen zu konzentrieren.
Sein immer stärker werdendes Verlangen ließ ihn eine Entscheidung treffen. Er wollte verdammt sein, wenn er zuließ, dass Marina gleich wieder aus seinem Leben verschwand. Eins hatte der Kuss in der Anwaltskanzlei ihm gezeigt. Er war immer noch verrückt nach ihr … und vielleicht waren auch seine Gefühle für sie noch stark. Entsprechend musste er jetzt handeln.
Und er würde ihr sicher beweisen können, dass sie es auch wollte. Ihre Reaktion auf seinen Kuss war unmissverständlich gewesen: Marina empfand immer noch so viel für ihn wie er für sie – obwohl sie eher durch die Hölle gehen würde, als es zuzugeben.
Doch wenn er sie jetzt aussteigen und ins Hotel gehen ließ, konnte er sie kaum davon abhalten, sofort in ihr Zimmer zu verschwinden und sich dort zu
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