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Sintflut (German Edition)

Sintflut (German Edition)

Titel: Sintflut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Schulze
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habe immer gedacht, er hätte in dieser Nacht nur Augen für mich gehabt. »Ist okay«, sage ich nur.
    »Meinst du das ernst?«
    Dann erzähle ich ihr alles. Von Max, der seit Tagen nicht mit mir geredet hat, von Gültschen, die auch gerade Urlaub macht.
    »So ein Schwein. Du warst so glücklich und jahrelang sah es aus, als wäre alles gut, auch für ihn. Ich fand es besser, dir nichts zu sagen. Doch vielleicht hätte ich dich vor ihm warnen sollen.«
    Paula legt den Arm um mich und eine Weile sitzen wir einfach nur da. Dann schaltet sie noch einmal die Taschenlampe an, diesmal richtet sie den Strahl in das Dunkel hinter uns. Aber das Licht ist schon schwach, man kann kaum einen Meter weit sehen. Kurze Zeit später merke ich, wie Paula in meinem Rucksack herumkramt.
    »Da ist ein Seil drin«, flüstert sie, als ob es hier was zu flüstern gäbe. »Und die Uhr, die wir vorhin gefunden haben. Ich binde sie fest und lasse sie ab, dann wissen wir, wie tief es hinter uns nach unten geht.«
    Eine Weile höre ich die Uhr gegen die Mauer klacken, auf der wir sitzen. Dann höre ich nichts mehr, sie scheint unten angekommen zu sein. Wir ziehen das Seil wieder hoch, messen an meinem Unterarm, wie weit es nach unten geht. Gut zwanzig Ellen, das sind etwa zehn Meter. Ich krame in meiner Jacke nach dem Taschenmesser, das Max mir am Flughafen zugesteckt hat.
    Die Mauer, auf der wir sitzen, besteht aus relativ großen Natursteinen, die mit Mörtel zusammengehalten sind. Er hält dem Messer nicht lange stand und nach einer Weile habe ich eine etwa drei Zentimeter tiefe Fuge herausgebrochen, das ist genug, um das Seil um den Stein zu legen und zu verknoten. Ich trete mit dem Fuß dagegen und verlagere vorsichtig einen Teil meines Gewichtes auf das Seil. Der Stein scheint noch fest genug mit der Mauer verbunden. Paula wirft ein paar der Mörtelbrocken hinab. In welche Richtung sie auch wirft, wir hören immer nach etwa der gleichen Zeit den Aufprall. Dort unten gibt es einen ausreichend großen Landeplatz, soviel ist klar.
     

2
    Eine Wand an einem Seil nach unten zu klettern ist leichter, als es aussieht. Man hängt mit dem Rücken zum Abgrund, während die Augen an der Felswand Halt finden und dem Körper vorgaukeln, er sei ganz normal unterwegs. Deshalb mache ich mir keine Sorgen, als Paula langsam in der Dunkelheit verschwindet. Selbst mit einem verletzten Knie kann man abklettern. Viel schwieriger wird es werden, sich wieder nach oben zu kämpfen.
    Nach einer kleinen Ewigkeit meldet Paula, dass sie unten angekommen ist und ich mache mich an den Abstieg. Die Wand ist rau, meine Füße finden Halt, die Handschuhe schützen meine Finger vor dem Seil. Schließlich stehe ich neben Paula am Fuß der zweiten Mauer. Im Schein der Taschenlampe sehen wir als Erstes eine gusseiserne Tür. Sie hat dem Erdbeben besser standgehalten hat und sitzt noch fest in den Angeln. Wer immer dies alles gebaut hat, wollte eine sehr große Höhle in zwei Räume und einen Korridor unterteilen.
    »Das gibt’s doch nicht!«, ruft Paula, als sie den Strahl der Taschenlampe weiter wandern lässt. Auch in dieser Kammer sind Wandnischen, der Unterschied ist nur: In diesen Nischen steht überall was drin.
    Ringsum sind Fackeln angebracht. Wenn ich mich recht erinnere, waren auch in der ersten Kammer Fackeln, aber in all der Aufregung über die gestohlenen Figuren hat sie wohl niemand wahrgenommen. Schon hat Paula eine in der Hand. Ich hole mein Feuerzeug aus der Jackentasche. Die Fackel brennt sofort, und ich frage mich, warum es überhaupt welche hier gibt.
    »Vor dem Erdbeben wurde für jedes neue Mitglied im Ältestenrat eine Zeremonie abgehalten. Der Neuling sollte den Schatz sehen. Die Fackeln wurden entzündet, es gab zu essen und zu trinken, alle waren stolz auf ihr Geheimnis. Akan hat es mir eines Nachts erzählt.« Paula beleuchtet eine Gruppe aus je vier Frauen und Männern, die zu Paaren zusammenstehen und einander über Kreuz die Hände reichen. Ich fahre mit dem Finger über die Staubschicht und schon schimmert es golden.
    »Diese vier Paare habe ich noch nie gesehen.« Paula ist fasziniert. »Niemand hat das. Sie sind absolut einmalig.«
    In der Nische mit den vier Paaren liegen vier Tontafeln, jede etwa so groß wie der Deckel eines Schuhkartons. Paula gibt mir die Fackel und nimmt eine Tafel vorsichtig in die Hand. Sie pustet den Staub ab und dreht die Tafel im Schein der Fackel, um die Zeichen darauf besser sehen zu können. »Ägyptische

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