Sintflut
Bundes, der Kurfürst von Brandenburg ist mein Onkel, der Prinz von Oranien – sein Schwager, das französische Königspaar und seine Minister sind meine Freunde. – Wo wollten Sie sich also verbergen?«
»Es ist doch sonderbar, daß eine so hohe Persönlichkeit, wie Euer Durchlaucht, sich über meine Zukunft so beunruhigen kann, während gegenwärtig ein Schuß aus meiner Pistole genügt, um – – –«
»Das vergesse ich auch gar nicht. – Ich weiß sehr wohl, daß es in der Welt schon vorgekommen ist, daß bedeutende Männer durch die Hand eines einfachen Mörders gefallen sind. Aber trotzdem frage ich Sie: »Was nun weiter?«
»Ei, was kümmere ich mich darum? Ich habe mich mein Lebtag noch nicht um den nächsten Tag gesorgt. Sollte ich es mit allen Radziwills zu tun kriegen, so ist es noch lange nicht ausgemacht, wer von uns den meisten Verdruß erleiden wird. – Über meinem Haupte hängt schon längst das Schwert. Und dann, genügt mir ein Radziwill nicht, so werde ich mir einen zweiten, dritten langen.«
»Wahrhaftig, Kavalier, Sie gefallen mir sehr! Ich wiederhole: Nur Sie allein in ganz Europa konnten so etwas wagen! Wo verbrachten Sie Ihre Jugend, Ritter? Von woher stammen Sie?«
»Ich bin der Fahnenträger von Orsza!«
»Pan Fahnenträger, es tut mir leid, daß die Radziwills solch einen Mann wie Sie verlieren. – Wenn Sie mich sofort frei lassen, so, das verspreche ich Ihnen, werde ich mich nicht rächen! Sie werden mir nur das Wort geben, daß Sie niemandem von dem, was vorgefallen ist, etwas erzählen. Und auch Ihren Leuten müssen Sie befehlen zu schweigen.«
»Das kann nicht sein,« entgegnete Kmicic.
»Wollen Sie Lösegeld haben?«
»Ich will keins.«
»Wozu denn, zum Teufel, haben Sie mich entführt! Ich begreife Sie einfach nicht!«
»Es würde zu lange dauern, wenn ich Ihnen das jetzt erkläre. – Später werden Sie schon alles erfahren.«
»Zwar sind Sie, Pan Fahnenträger von Orsza, nicht sehr gesprächig, doch möchte ich Sie bitten, mir doch wenigstens eine Frage zu beantworten. Sind Sie nach Podlachien gekommen, mit der Absicht, auf meine Person einen Anschlag zu üben, oder ist Ihnen dieser Gedanke erst später gekommen, erst im letzten Augenblicke?«
»Es drängt mich selbst, Ihnen zu sagen, warum ich Ihre Sache verlassen habe und nie wieder zu Ihnen zurückkehren werde. – Der Fürst-Hetman hat mich betrogen. Ich glaubte an den Fürsten-Hetman mehr als ich an den eigenen Vater glaubte. Mit Schmerzen gedenke ich des Banketts, wo er zum ersten Male verkündete, daß er sich mit den Schweden verbündet hätte. Gott allein weiß, was ich damals gelitten habe! Andere ehrliche Männer warfen ihm ihre Kommandostäbe vor die Füße, und ich stand wie unter einem Banne stumm da. Stand mit Schmach und Schande und Verachtung bedeckt, weil man mich ins Gesicht hinein einen »Verräter« nannte. – Aber ihr, ihr seid die Verräter! Ihr seid käufliche Seelen, die mich soweit gebracht haben!«
»Fahren Sie nur fort, Pan Kmicic, das alles interessiert mich sehr!«
Kmicic ließ die Zügel des fürstlichen Pferdes los und nahm seine Mütze vom Kopfe, der ihm wie Feuer brannte.
»Ich ging zu dem Fürsten-Hetman. Ich wollte den Dienst verlassen, meinen Schwur brechen, ihn mit diesen Händen erwürgen, Kiejdane in die Luft sprengen, mochte kommen, was da wollte! – Er wußte auch, daß ich zu allem fähig klar. O, er wußte das sehr gut! Ich sah es wohl, daß er die Hand auf ein Etui mit Pistolen gelegt hatte. Doch ich fürchtete mich nicht; was lag mir daran, noch weiter zu leben. – Aber er begann auf mich einzureden, mir Dummkopf solche großartige Absichten zu eröffnen, sich in einem solchen Lichte zu zeigen, – daß – nun, Sie wissen ja selbst, womit es endete.«
»Er hat also den Knaben überzeugt!« sagte Boguslaw.
»Ihm zu Füßen habe ich gelegen,« schrie Kmicic, »in ihm habe ich die einzige Rettung des Vaterlandes gesehen, ihm habe ich mich ergeben mit Leib und Seele! Mein Banner habe ich zum Gehorsam gezwungen! Die meuterischen Banner habe ich niedergemetzelt, zertrümmert. Ich habe meine Hände mit Bruderblut besudelt; alles, weil ich glaubte, es wäre zum Wohle des Vaterlandes. Wie schnitt es mir ins Herz, wenn ich sah, wie der Fürst wackere Soldaten erschießen ließ. Aber ich dachte: Ich bin unerfahren, er weiß, es wird wohl nötig sein! Jetzt aber, als ich aus seinen Briefen hörte, daß er ganze Truppen vergiften wollte, da erstarrte das Mark in meinen
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