Sintflut
dem Gedanken eines Rückzuges vertraut zu machen.«
»Gelobt sei die Herrscherin der Welt!« sagte der König. Er nahm den Hut ab, und ohne in die Kirche tiefer hineinzutreten, ließ er sich noch einmal auf die Knie nieder. Während Freudentränen seine Augen füllten, betete er lange und inbrünstig.
Nach dem Gebet erhob er sich gefaßt und begann Kmicic auszufragen.
»Wie heißen Sie, Kavalier? Babinicz? Pan Lugowski mag Sie in unser Quartier führen.«
Eine Viertelstunde später stand Kmicic im Gemache des Königs. Eine Reihe hoher Würdenträger war dort versammelt, und der König wartete nur auf die Königin, um das Frühstück einzunehmen. Sobald Marie-Luise erschienen war, rief Jan-Kasimir:
»Czenstochau hält sich! Die Schweden treten den Rückzug an! Hier ist Pan Babinicz, er kommt von dort und bringt uns diese Nachrichten!«
Die schwarzen, prüfenden Augen der Königin blieben einen Augenblick auf dem Gesichte des jungen Ritters haften, und er sah ihr mutig und aufrichtig in die Augen.
»Sie nehmen eine schwere Last von unseren Herzen,« sagte sie; »gebe Gott, daß diese Botschaft ein Vorzeichen einer besseren Zukunft sein möge! – Sie kommen also von Czenstochau?«
»Ja, direkt aus Czenstochau, direkt aus dem Kloster. Er ist einer seiner Verteidiger! – Teuerer Gast, erzählen Sie, wie Ihr Euch verteidigt habt, und wie Euch Gottes Hand geschützt hat!«
Die Großwürdenträger betrachteten Kmicic mit neugierigen Augen; aber Pan Andreas wurde nicht im geringsten verlegen und begann seinen Bericht.
Er sprach klar und kurz, wie ein Soldat, der alles gesehen und mit erlebt hatte. Er sprach vom Pater Kordecki wie von einem, heiligen Propheten, hob Pan Zamoyski und Pan Czarniecki in den Himmel; aber von sich redete er nicht.
Alle hörten ihm mit Staunen zu. Der Erzbischof weinte; Pater Wydzga übersetzte die Erzählung dem päpstlichen Nuntius.
Als Kmicic von den letzten Stürmen und der schweren Artillerie erzählt hatte, die Müller sich aus Krakau hatte kommen lassen, hielt er plötzlich an. Sein Gesicht überflog eine hohe Röte, seine Brauen zogen sich zusammen, er hob stolz den Kopf und fuhr fort:
»Und jetzt muß ich von mir erzählen, obwohl ich es vorzöge zu schweigen; denn was ich sage, könnte leicht wie Selbstüberhebung klingen, und wie ein Streben nach Belobigung und Auszeichnung. Die höchste Auszeichnung für mich ist die, für den König mein Blut zu vergießen.«
»Sprechen Sie mutig weiter; wir glauben Ihnen,« sagte der König.
»Unter den neu angekommenen Kanonen,« fuhr Kmicic fort, »war eine, der keine Festung auf die Dauer widerstehen konnte, und –«
»Nun, was ist's mit dieser Kanone?« fragte Jan-Kasimir.
»Diese Kanone, – – ich ging nachts aus der Festung und sprengte sie mit Pulver in die Luft!«
»Heiliger Gott!« rief der König. Die anderen konnten kein Wort vorbringen. Sie blickten unverwandt auf den Ritter, der mit funkelnden Augen und flammender Röte im Gesicht vor ihnen stand. In seiner ganzen Erscheinung lag so viel toller Wagemut, daß ihm alle unwillkürlich glaubten.
»Wie aber haben Sie das ausgeführt?« fragte endlich Jan-Kasimir.
Kmicic erzählte, wie sich alles zugetragen hatte.
»Ich traue meinen Ohren nicht,« sagte der Kanzler Pan Korycinski.
»Meine Herren,« unterbrach ihn feierlich der König. »Wir wußten bisher nicht, wen wir vor uns haben. Die Republik ist noch nicht verloren, die solche Ritter und Bürger gebärt!«
»Aber das klingt ja alles völlig unwahrscheinlich,« begann wieder der Kanzler. »Sagen Sie, Pan Kavalier, wie haben Sie Ihr Leben retten und sich durch die schwedischen Reiter hindurchschlagen können?«
Kmicic erzählte, wie man ihn gefunden, vor ein Kriegsgericht gestellt und dann Kuklinowski ausgeliefert hatte. Er erzählte alle Einzelheiten von seiner Errettung und den drei Kiemlicz'.
Als er geendet, stand der Kanzler, der vorher mit dem Erzbischof von Gnesen geflüstert hatte, auf und sagte:
»Hierher kommen viele solcher Leute, die aus Prahlerei oder einer Belohnung wegen das Blaue vom Himmel schwatzen. Zuweilen sind das einfach feindliche Spione.«
Kmicic wurde dunkelrot.
»Pan, ich weiß nicht, welche Stellung Sie hier einnehmen,« rief er erregt, »aber ich denke, Sie bekleiden eine hohe Würde. – Aber wissen Sie, es gibt keine Würde, die gestatten könnte, einen Schlachtschitzen ohne jeden Beweis der Lüge zu zeihen!«
»Mensch! Sie sprechen zum Kronkanzler!« flüsterte Pan Lugowski
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