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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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Kmicic zu. Dieser aber war ganz außer sich.
    »Jedem, der es wagt, mich einen Lügner zu heißen, mag er selbst der Kronkanzler sein, werde ich zurufen: Es ist leichter, Beschuldigungen zu erheben, als sein Leben zu opfern; es ist leichter, Tinte zu vergießen, als sein Blut!«
    Pan Korycinski war gar nicht beleidigt; er sagte ruhig:
    »Pan Kavalier, ich beschuldige Sie gar nicht der Lüge. Aber wenn Sie die Wahrheit sagen, so muß Ihre Seite verbrannt sein.«
    »So kommen Sie mit mir in ein anderes Zimmer, und ich werde sie Ihnen zeigen,« entgegnete Kmicic scharf.
    »Das ist nicht nötig,« rief der König, »wir glauben Ihnen auch so.«
    »Nein, Majestät,« entgegnete Pan Andreas, »ich bitte selbst um die Gnade, damit mich nachher keiner, er sei noch so hoch gestellt, beleidigen darf. Ich fordere keine Auszeichnung, ich verlange nur, daß man mir glaubt. Schicken Sie jemand mit mir hinaus, es ist für mich unerträglich, unter dem Verdachte eines Lügners zu stehen.«
    »Ich gehe,« sagte Tyzenhauz, ein junger Edelmann am Hofe des Königs. Er führte Pan Andreas in ein Nebenzimmer.
    »Ich glaube Ihnen vollständig und gehe nur mit, weil ich Sie manches fragen möchte,« sagte er unterwegs. »Ich habe Sie sicherlich schon irgendwo in Litauen gesehen. Ich kann mich nur nicht Ihres Namens entsinnen.«
    Kmicic wandte sich ab, um seine Verlegenheit zu verbergen.
    »Vielleicht trafen wir mal auf einem Provinziallandtag zusammen.«
    »Vielleicht, Ihr Gesicht ist mir bekannt. Aber ich meine, daß Sie sich damals anders nannten!«
    »O, Sie verwechseln mich einfach mit irgend jemandem!« antwortete Pan Andreas.
    Nach einigen Minuten erschien Pan Tyzenhauz wieder vor dem Könige.
    »Ich habe es gesehen, Majestät,« sagte er, »die ganze Seite Pan Babinicz' ist in der Tat fürchterlich verbrannt.«
    Als Kmicic wieder das Zimmer betrat, stand der König auf und umarmte ihn.
    »Wir haben nicht einen Augenblick an der Wahrheit Ihrer Worte gezweifelt, und Ihre Verdienste werden nicht unbelohnt bleiben!«
    Die Königin reichte Pan Andreas ihre Hand, die er knieend ehrfurchtsvoll küßte.
    »Und dem Kanzler dürfen Sie seine Worte nicht übelnehmen,« begann Jan-Kasimir wieder. »Es kommen in der Tat genug Maulhelden und Verräter hierher, und es war seine Pflicht, die Wahrheit herauszufinden.«
    »Was bedeutet der Zorn eines so unbedeutenden Mannes, wie ich es bin, für einen so hohen Würdenträger?« entgegnete Pan Andreas. »Auch ich bekenne mich schuldig, daß ich zu einem ehrwürdigen Senator so gesprochen, der schon durch seine Ergebenheit dem Vaterlande ein Beispiel gibt.«
    Der Kanzler lächelte gutherzig und reichte Pan Andreas die Hand.
    »Also ist der Friede wieder hergestellt. Und was Sie vorher bezüglich der Tinte gesagt haben, Kavalier, so wissen Sie, daß die Korycinskis schon oft anderes als Tinte für das Vaterland vergossen haben.«
    Der König war mit dem ganzen Vorgang sehr zufrieden.
    »Pan Kavalier,« wandte er sich an Kmicic, »Sie stehen jetzt unserem Herzen so nahe, wie nur wenige. Ich lasse Sie nicht mehr von mir, und so Gott es will, werden wir zusammen in unsere Heimat zurückkehren!«
    »O, erhabener König!« rief Kmicic begeistert aus, »obwohl ich in der Festung eingeschlossen war, so weiß ich von der Schlachta und von den Truppen, sogar von denen, die unter Zbrozek und Kalinski Czenstochau belagern, daß alle die Tage und Stunden zählen, wo Du zurückkehren wirst. Zeige Dich dem Volke, und in dem gleichen Augenblicke werden Litauen und ganz Polen sich wie ein Mann erheben! Die Schlachta wird ins Feld ziehen, die Bauern! Überschreite heute die Grenze, und in einem Monate wird in ganz Polen kein einziger Schwede mehr sein!«
    Kmicic' Enthusiasmus begeisterte auch die Königin, die schon längst Versuche gemacht hatte, den König zur Rückkehr zu bewegen.
    »Durch den Mund dieses Schlachtschitzen spricht dein ganzes Volk zu dir!« sagte sie zum König.
    »Wir waren immer bereit, unser Leben und unsere Kräfte zu opfern,« entgegnete der König, »wir warten nur auf die Besserung unserer Untertanen.«
    »Diese Besserung hat schon begonnen,« sprach Marie-Luise.
    »Und Koniecpolski?« fragte der König. »Und alle die anderen, die auf seiten des Usurpators stehen und ihn ihrer Treue versicherten?«
    Niemand antwortete ein Wort. – Die Augen des Königs erloschen, sein Gesicht verfinsterte sich wieder.
    »Gott sieht unser Herz; er allein weiß, daß wir bereit wären, schon heute aufzubrechen.

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