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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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Manifest gelesen. Die Schlachta begoß jedes königliche Wort mit Tränen und schwur beim Kreuze, dem Rate des Königs zu folgen. Und um ihre Bereitwilligkeit zu beweisen, solange noch die Begeisterung in ihren Herzen brannte und die Tränen in ihren Augen nicht getrocknet waren, stiegen alle zu Pferde und stürzten sich auf die Schweden. So tat man in Litauen, Smudien, Masovien, Groß- und Klein-Polen. Oft, wenn die Schlachta zu irgend welchen Festlichkeiten versammelt war, überfiel sie zum Schlusse die nächste schwedische Abteilung, die sie dann vernichtete. Auch die Bauern schlossen sich solchen Unternehmungen an und meldeten die Standorte der schwedischen Abteilungen. Gern verkleideten sich die Polen zu diesem Zwecke als Tataren, denn allein das Wort Tatar genügte, um die Herzen der Schweden mit Schrecken zu erfüllen. Von der unerschütterlichen Tapferkeit und der Grausamkeit dieser Söhne der Krymer Steppen, mit denen die Skandinavier noch nie in Berührung gekommen waren, kursierten merkwürdige Märchen unter den Schweden. Ihre Kommandanten und Obersten waren aufrichtig überzeugt, daß das Gerücht von einer hunderttausendköpfigen Armee des Krymer Chans, die Jan-Kasimir zu Hilfe eile, sich bewahrheitete. Und in Furcht zogen sie sich in die größeren Festungen und Lager zurück, überall den blinden Lärm verbreitend. Am schlimmsten jedoch war für die Schweden der Aufstand der Bauern, der sogleich mit dem ersten Tage der Belagerung von Czenstochau seinen Anfang genommen hatte. Die scharfsichtigen schwedischen Generale sahen auf diese schwarzen, heranziehenden Wolken mit der größten Unruhe.
    Karl-Gustav versuchte noch durch Gnaden und Schmeicheleien die polnischen Banner, die ihm nach Preußen gefolgt waren, an sich zu ketten. Nichts war ihm zuviel für den Pan Fahnenträger Koniecpolski, den berühmten Helden von Zbaraz.
    Je mehr die Briefe des schwedischen Königs an die Hetmans und Magnaten von Liebenswürdigkeiten und Versprechungen strotzten, desto strikter gab der König seinen Generalen den Befehl, durch Schrecken und Furcht die drohende Gefahr im Keime zu ersticken. Mit Feuer und Schwert sollten sie jeden Widerstand unterdrücken und besonders danach trachten, die Bauernbanden zu vernichten. Ein eisernes Soldatenregiment führten die Schweden ein, sie warfen ihre Maske ietzt vollständig ab. Dörfer, Gasthäuser, Kirchen, alles wurde dem Erdboden gleich gemacht. Gefangene Schlachtschitzen wurden den Henkern ausgeliefert, den Bauern schnitt man den rechten Arm ab und ließ sie dann laufen.
    Besonders stark wütete der Aufruhr in Groß-Polen, das sich zuerst unterworfen, aber auch zuerst gegen die fremde Macht aufgelehnt hatte. Der Kommandant Stein befahl einmal, dreihundert gefangenen Bauern den rechten Arm abzuhauen. Jeden Tag wurden Galgen aufgestellt, an denen täglich neue Opfer hingen. – Ebenso wirtschaftete Magnus de la Gardie in Litauen und Smudien, wo zuerst einzelne Dörfer, dann aber die ganze Bevölkerung zu den Waffen griff. –
    Aber das Feuer, das mit Blut gelöscht werden sollte, loderte mit immer größerer Kraft wieder auf. Es begann ein Kampf, in dem es sich nicht mehr um einen Sieg oder um die Einnahme einer Stadt oder Provinz handelte, sondern allein um Leben und Tod. Das war nicht mehr ein Krieg, sondern ein unbarmherziges Schlachten. – –

2. Kapitel.
    Nach langer, mühseliger Reise langte Kmicic mit den drei Kiemlicz' in Glogau an. Es war schon dunkle Nacht, als sie in die Stadt hineinritten, die von Truppen, Pans, königlichen Dienern und Magnaten ganz überfüllt war. Die Gasthäuser waren alle so besetzt, daß es dem alten Kiemlicz nur mit großer Mühe gelang, für Kmicic außerhalb der Stadt bei einem Seiler Quartier zu bekommen. Den ganzen folgenden Tag lang lag Kmicic in hohem Fieber, er fürchtete schon, einer schweren Krankheit entgegenzugehen. Seine eiserne Natur jedoch gewann die Oberhand. Am nächsten Morgen bereits fühlte er sich besser; er kleidete sich an und begab sich in die Kathedrale. Noch durchdrang das schwache Tageslicht kaum die Dunkelheit der nebeligen und schneeigen Nacht. Alle in der Stadt lagen in tiefem Schlafe. In der Kirche, in der man die Messe las, waren nur sehr wenige. Dicht am Fuße des Altars sah Pan Andreas eine Gestalt, die mit dem Gesichte nach unten, ausgestreckt auf einem Teppiche lag. Hinter dieser Gestalt knieten zwei hübsche Jünglinge. Der Mann lag unbeweglich, und nur an den konvulsiven Bewegungen der Schultern sah man,

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