Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
Vom Netzwerk:
erfüllen werde. Da aber Ihre Soldaten augenscheinlich Ihre Ansichten so schlecht verstanden haben, sie erlaubten sich sogar, mein Leben zu bedrohen, so würde ich Ihnen zweifellos einen Dienst erwiesen haben, wenn ich sie alle hätte aufknüpfen lassen. Daß ich das nicht getan habe, darum bitte ich Sie um Verzeihung. – Übrigens habe ich sie alle der Reihe nach durchprügeln lassen, und wenn Sie, erlauchtigster Starost, diese Strafe für zu gering halten, so können Sie sie ja nach Ihrem eigenen Ermessen erhöhen. Indem ich die Hoffnung ausspreche, daß meine Handlungsweise Ihren gnädigen Beifall finden werde, habe ich die Ehre zu verbleiben Ihr treuer Diener
    Babinicz.«
     
    Die Dragoner schleppten sich mühselig nach Zamoscie zurück und kamen in später Nacht dort an. Sie wagten es nicht, Pan Zamoyski unter die Augen zu treten, und dieser hörte erst von dem Vorgefallenen am folgenden Morgen durch den Brief Kmicic', den ihm ein Kosak aus Krasni-Staw überbrachte.
    Der Obermundschenk schloß sich drei Tage lang in sein Zimmer ein und ließ keinen zu sich. Man hörte ihn auf französisch schimpfen, was bei ihm nur in dem Augenblicke des höchsten Zornes vorkam. Allmählich aber beruhigte er sich. Am vierten und fünften Tage war er zwar noch sehr wortkarg, brummte in den Bart und zog unwillig an seinem Schnurrbart, aber er war immerhin doch zu sehen. Erst nachdem er am Sonntag einen Becher Met zu sich genommen hatte, wurde er heiter und sagte zu seiner Schwester:
    »Weißt du, ich muß mich meines Scharfsinnes wegen loben. Vor einigen Tagen unterwarf ich jenen Ritter, der Anna Borzobohata zu Sapieha geleiten wollte, einer Prüfung. – Jetzt kann ich dafür garantieren, daß er sie unversehrt abliefern wird.«
    Nach einem Monat schon war die Aufmerksamkeit des Starosten nach einer anderen Richtung abgelenkt. Und noch etwas später glaubte er selbst, daß alles, was vorgefallen, nach seinem eigenen Willen geschehen war.

15. Kapitel.
    Pan Sapieha hatte sein Quartier interimistisch in Biala aufgeschlagen. Seine Kräfte bestanden aus Zehntausend Mann regulärer Truppen, Reiterei und Fußvolk. Das waren zum Teil die Reste des litauischen Heeres, die durch Rekruten ergänzt worden waren.
    Als Kmicic mit seinen Tataren nach Biala kam, fürchtete er, von den früheren Radziwillschen Offizieren und der Litauer Schlachta erkannt zu werden und bösen Anfeindungen und Mißtrauen ausgesetzt zu sein. Freilich hatte sein Äußeres sich seit der Zeit sehr verändert, aber er beschloß doch, mit Sapieha darüber zu sprechen.
    Der Wojewod empfing ihn freundlich; wie sollte er den nicht freundlich aufnehmen, von dem der König selbst schrieb:
    »Ich schicke Ihnen unseren treuesten Diener, genannt der Czenstochauer Hektor, weil er die heilige Stätte verteidigt hat, einen Ritter, der mehrere Male für mich und unsere Sache das Leben einsetzte. Ich empfehle ihn Ihrer besonderen Aufmerksamkeit, damit er seitens Ihrer Offiziere keinerlei Kränkungen ausgesetzt ist. Sein Name ist ein angenommener, aber mir ist der richtige bekannt und auch die Gründe, die ihn zwingen, zu einem falschen Zuflucht zu nehmen.«
    »Und warum tragen Sie einen falschen Namen?« fragte der Wojewod.
    »Ich bin ein Flüchtling; ich kann dem Könige nicht unter meinem Namen dienen. Aber ich will Ihnen alles gestehen. Mein Name ist Kmicic.«
    Der Wojewod trat mehrere Schritte zurück.
    »Jener, der den König entführen und ihn lebend oder tot dem Fürsten Boguslaw ausliefern wollte?«
    Und nun erzählte Kmicic mit der ihm eigenen Energie seine ganze Vergangenheit.
    Der Wojewod durfte nicht zweifeln, – bürgte doch für diesen Mann der König selbst. Außerdem war Sapieha in diesem Augenblicke so gut gestimmt, daß er selbst seinen größten Feind umarmt haben würde. Denn der König hatte ihm geschrieben, daß er ihm, vorausgesetzt, daß der Reichstag seine Wahl bestätige, den durch den Tod Radziwills freigewordenen Großhetmansstab verleihe.
    »Da der König mich zum Großhetman ernannt hat,« sagte Pan Sapieha zu Kmicic, »so bin ich von nun an Ihr Höchstvorgesetzter, und Sie haben nichts zu befürchten. Ich werde außerdem das meinige tun, um Sie in den Augen meiner Offiziere von Boguslaws Verleumdung reinzuwaschen.«
    Die Nachricht von der Ernennung Sapiehas verbreitete sich schnell im ganzen Lager. Die Offiziere versammelten sich unter den Fenstern des Hetmans und riefen ihn mit Hochrufen heraus. Überall wurden Freudenfeuer angezündet, die

Weitere Kostenlose Bücher