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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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der Tataren nach, die beiden Flügel standen fest. Jetzt begann eine schreckliche Metzelei. Es verteidigten sich hochgewachsene, in Eisen geschmiedete Männer gegen eine graue Wolke Tataren, die mit unheimlicher Schnelligkeit auf sie einhieben. Diese rasch die Luft durchsausenden Säbel von Kmicic' Tataren blendeten einfach die Schweden. Vergebens erhoben die schwedischen Hünen ihre Schwerter; noch bevor sie ausholen konnten, fühlten sie schon den kalten Stahl des Feindes in ihren Körper eindringen, und das Schwert entsank ihren Händen. Und wie ein Schwarm Stechfliegen trotz aller Abwehr einen Menschen umschwärmt und wie sie ihn mit ihren Stacheln stechen, so stachen die wütenden, in so vielen Kämpfen geübten Tataren Kmicic' auf den Feind los, und sie brachten Tod und Verderben in die Reihen der Schweden.
    Die in Eisen gepanzerten Reiter fielen zu Dutzenden, und Kmicic drang immer weiter vorwärts. Plötzlich bemerkte er, daß den geschlagenen Schweden eine Abteilung roter Dragoner zu Hilfe eilte.
    »Tut nichts«, dachte er, »bald kommt uns Wolodyjowski zu Hilfe.«
    Plötzlich erscholl eine Kanonensalve, die Musketen begannen zu sprechen. Das ganze Feld wurde in Pulverdampf eingehüllt.
    Es schien, als wenn die Schweden Kmicic und seine Tataren absichtlich den Fluß überschreiten ließen, um sie desto leichter bis auf den letzten Mann vernichten zu können.
    Und Hilfe kam von jenseits des Flusses noch immer nicht! Pan Korsaks Leute versuchten es, den Tataren nachzukommen, aber sie gerieten in Unordnung und mußten sich zurückziehen. Woinillowicz' Banner erreichte fast die Mitte des Flusses, sah sich dann aber auch zur Umkehr gezwungen; denn die Schweden beschossen unaufhörlich die einzige Stelle, die eine Überschreitung zuließ.
    Schließlich mußte der Hetman sich selbst überzeugen, daß es nicht möglich sei, über den Fluß zu gehen.
    Und doch hing von Kmicic der ganze Ausgang des Kampfes ab. Die Brauen des Hetman zogen sich finster zusammen. Er rief seiner Ordonnanz zu:
    »Reite zu Hassan-Bey, er soll den Fluß so schnell als möglich schwimmend überschreiten und versuchen, ins Lager einzudringen. Alles, was er dort erbeutet, soll ihm gehören! Geschütze sind an der Stelle nicht aufgestellt; der Fluß ist das einzige Hindernis. – Was denken Sie?« wandte er sich an Wolodyjowski, »werden die Tataren herüberkommen?«
    »Das werden sie schon, aber Babinicz kommt um«, antwortete dumpf Wolodyjowski.
    »Mein Gott!« rief der Hetman. »Wenn dieser Babinicz nur einen Kopf auf seinen Schultern hätte, so könnte er die ganze Schlacht gewinnen helfen!«
    Pan Gosiewski nahm wieder sein Fernrohr und richtete es auf den Fluß. Schließlich hielt es Wolodyjowski nicht mehr aus. Er nahm seinen ganzen Wagemut zusammen, räusperte sich und sagte:
    »Pan Hetman, wenn Sie es erlauben, würde ich es versuchen, den Fluß zu durchwaten!«
    »Sie gehen nicht vom Platze!« erwiderte der Hetman scharf. »Es genügt, daß jene umkommen.«
    »Sie kommen ja alle um!« antwortete der kleine Ritter.
    Und wirklich, der Lärm auf der anderen Seite wurde immer größer, augenscheinlich trat Kmicic den Rückzug an.
    »Gott sei Dank! Darauf habe ich nur gewartet!« rief der Hetman aus, und er sauste wie der Wind zu Woinillowicz' Banner.
    Kmicic zog sich zurück. Seine Leute hatten sich im Kampfe mit den Dragonern gänzlich erschöpft, und allein die Hoffnung auf Verstärkung hatte sie solange standhalten lassen.
    Als aber noch eine halbe Stunde verging, die keine Hilfe gebracht hatte, wurde die Verteidigung immer aussichtsloser. Besonders, da die Dragoner durch ein schweres Reiterregiment Boguslaws unterstützt wurden.
    »Der Tod naht!« dachte Kmicic. Aber keine Minute lang wurde ihm bange zumute. Soviele Male war er schon in solcher Lage, und niemals hatte er die Hoffnung auf einen Sieg und auf seine eigene Rettung ausgegeben. Plötzlich durchschoß ein neuer Gedanke seinen Kopf: »Den Fluß können die unsrigen nicht durchwaten, – so werd' ich ihnen dazu verhelfen.«
    Boguslaws Regiment war nur hundert Schritt von ihm und seinen Leuten entfernt. Pan Andreas nahm seine Rohrpfeife an die Lippen und pfiff so durchdringend, daß die zunächst stehenden Dragonerpferde sich hoch aufbäumten. Andere Rohrpfeifen der Tataren wiederholten das Signal; eine Sekunde, und die Tataren warfen ihre Pferde herum.
    Die roten Dragoner und das Boguslawsche Regiment setzten ihnen nach.
    Auf der weiten Wiese flogen wie auf Flügeln des Windes

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