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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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bricht an; der jüngste Tag naht. Bei Gott, es ist, um den Verstand zu verlieren.«
    Und seine Hände an den Kopf pressend, begann er auf und ab zu gehen, wie ein wildes Tier im Käfig.
    »Sollten wir nicht lieber beten: Barmherziger Gott, rette uns!«
    »Beruhigen Sie sich,« sagte Zagloba, »jetzt ist nicht der rechte Augenblick, um zu verzweifeln.«
    Plötzlich knirschte Stanislaus Skrzetuski mit den Zähnen; ein Wutanfall packte ihn.
    »Daß dich der Erdboden verschlucke,« schrie er, auf Zagloba losstürzend. »Das war dein Gedanke, zu dem Verräter zu gehen. Daß euch beide der Erdboden verschlucke!«
    »Besinne dich,« Stanislaus,« sagte Jan kurz. »Was sich hier ereignete, konnte niemand voraussehen. Dulde still, – du leidest ja nicht allein. – Wisse, daß unser Platz hier ist, gerade hier. – Barmherziger Gott, erbarme dich nicht unser, sondern des unglücklichen Landes!«
    Alle schwiegen. Nur Pan Michail pfiff ruhig, als ob ihm alles gleichgültig wäre.
    »Pfeifen Sie nicht, Pan Michail,« sagte Zagloba.
    »Mir ist alles gleich.«
    »Wieso denn? Will denn keiner von euch überlegen, ob es keinen Weg zur Rettung gibt? Ich dächte, der Mühe wäre es schon wert, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Sollen wir denn in diesem Keller vermodern, während das Vaterland jeden tapferen Arm nötig hat, wo ein ehrlicher Mann auf zehn Verräter kommt?«
    »Sie haben recht!« stimmte Jan Skrzetuski bei.
    »Du allein bist vor Gram nicht dumm geworden. Was, meinst du, wird der Nichtsnutzige mit uns tun? Er wird uns doch nicht hinrichten?«
    Wolodyjowski lachte höhnisch auf.
    »Und warum denn nicht? Das wäre mir wirklich interessant zu erfahren. Ist denn nicht das Recht auf seiner Seite? Ihr scheint Radziwill nicht zu kennen!«
    »Was sagen Sie da? Welches Recht ist auf seiner Seite?«
    »Über mich – das des Hetmans, – über Sie – das der Macht.«
    »Für die er die Verantwortung zu tragen hätte.«
    »Vor wem? Vor dem schwedischen Könige?
    »Sie verstehen es wirklich gut, mich zu trösten; das muß man sagen.«
    »Ich denke auch gar nicht daran, Sie zu trösten.«
    Wieder schwiegen alle. Von draußen vernahmen sie die regelmäßigen Schritte der schottischen Infanteristen, die vor das Gefängnis postiert waren.
    »So bleibt nichts anderes, als eine List anzuwenden,« sagte nach einiger Zeit Zagloba
    Niemand antwortete ihm.
    »Ich glaube nicht, daß er uns zum Tode verurteilen wird. Er muß die öffentliche Meinung wohl beachten und würde der ganzen Schlachta dadurch vor den Kopf stoßen. Wo steht eigentlich Ihr Banner, Pan Michail?«
    »In Upita.«
    »Sagen Sie mir nur eins. Sind Sie davon überzeugt, daß Ihre Leute für Sie eintreten werden?«
    »Wie kann ich das wissen? Sie hängen wohl alle an mir; aber sie wissen auch, daß über mir der Hetman steht.«
    Zagloba sann einen Augenblick nach. »Befehlen Sie Ihrem Banner, daß es mir in allem gehorcht, wenn ich zu ihm komme.«
    »Sie tun so, als wenn Sie schon frei wären!«
    »Es ist für alle Fälle gut. – Ich war schon in schlimmerer Lage und Gott hat mir bisher immer herausgeholfen. Geben Sie jedenfalls mir und den beiden Skrzetuskis den Befehl an Ihr Banner. Und wer von uns zuerst befreit, der macht sich nach Upita auf und holt für die anderen Hilfe.«
    »Was schwatzen Sie da? Jetzt ist doch wirklich keine Zeit zu solchem Unsinn! Wie sollte jemand sich von hier wegschleichen? Und womit übrigens soll ich Ihnen den Befehl ausstellen ohne Feder und Tinte!«
    »Wahrhaftig, es ist zum Verzweifeln!« sagte Zagloba. »So geben Sie mir wenigstens Ihren Ring.«
    »Hier nehmen sie ihn und lassen Sie mich in Ruhe.«
    Zagloba steckte den Ring an seinen kleinen Finger und begann schweigend auf und ab zu gehen.
    Das Nachtlicht erlosch, und im Verließ wurde es ganz dunkel; nur durch das Gitter des hoch gelegenen Fensters sah man einige klare Sterne am Himmel erglänzen.
    Die beiden Skrzetuski und Wolodyjowski legten sich schweigend und tief bedrückt zum Schlafe nieder; nur Zagloba redete noch eine ganze Zeit mit sich selbst. – Es verging eine Stunde, eine andere, endlich begann es zu tagen.
    Als es ganz hell wurde, vernahmen die Gefangenen vom Schlosse her Schritte von Soldaten, Waffengerassel und Hufschläge. Die Ritter sprangen von ihren Plätzen auf.
    Auf dem Hofe wurde es immer lauter. Man hörte zornige und entrüstete Stimmen. Kommandorufe erschollen, dann gleichmäßige Schritte von Truppen und das schwere Dröhnen von Kanonenrädern.
    »Was geht

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